Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
haben schon einige Kämpfe ausgefochten und gerade diesen gedenke ich, nicht zu verlieren.«
Entschieden schloss sie die Tür, drehte den Schlüssel im Schloss und zog Alexander die Decke vom heißen Körper. Mit zwei Schritten war sie am Fenster und öffnete es schwungvoll. Angenehm kühle Nachtluft strömte herein.
»So, mein Junge, jetzt machen wir es dir mal richtig schön ungemütlich.« Anna schob das Wärme spendende Kohlebecken in die hinterste Ecke des Zimmers. »Und wenn du es warm haben möchtest, musst du schon darum bitten.«
Das wäre ja gelacht. Er würde sich nicht einfach so davonstehlen und Kyra gewinnen lassen. Kam gar nicht infrage. Entschlossen trat sie an sein Bett, schob ihre Arme unter seine Schultern und richtete ihn mit Mühe auf. Das leichte Stechen unter dem Verband ihrer rechten Hand ignorierend, schob sie ihm sein Kissen in den Rücken und krempelte sich die Ärmel hoch.
»Dann wollen wir mal, Alexander.«
Anna öffnete die Knöpfe seines verschwitzten Hemds und zog es ihm über den Kopf. Alexander runzelte im Schlaf die Stirn und Anna stellte zufrieden fest, wie sich auf seinen Armen eine feine Gänsehaut bildete.
»Gut so, genug geschwitzt.«
Alexander zitterte, sein Kopf drehte sich von links nach rechts, doch er wachte nicht auf. Als seine Zähne aufeinanderschlugen, griff Anna nach der Gitarre. Wie oft hatte sie Alexander beobachtet, wenn er dem Instrument virtuos wunderschöne Töne entlockte. Wider Willen musste sie schmunzeln, sie beherrschte diese Kunst nicht. Umso besser, die Gitarre würde auch so ihren Zweck erfüllen, gerade deshalb. Sie hängte sich den Riemen um die Schulter, legte ihre linke Hand um das Griffbrett und sah Alexander herausfordernd an.
»Und jetzt ist Schluss mit Schlafen.«
Sie hob die rechte Hand und ließ sie mit Schwung über die Saiten schnellen. Laut und schräg. Sogar ihre unmusikalischen Ohren schmerzten. Erfreut beobachtete sie, wie Alexander zusammenzuckte. Noch mal! Wieder schlug ihre rechte Hand hart gegen die Saiten. Sie ignorierte ihren eigenen Schmerz und ließ sie ein weiteres Mal auf die Gitarre niederfahren. Es quälte sie, dieses wundervolle Instrument derart zu missbrauchen. Egal. Und noch einmal! Blechern und verzerrt schepperten die Saiten.
»Schluss! Aufhören!«
Blitzschnell war Alexanders Hand vorgeschnellt und versuchte, nach der Gitarre zu greifen. Mit einem Satz war Anna zurückgesprungen und ein neuer blecherner Schall ertönte. Nicht schön, aber wirkungsvoll.
»Anna! Verflucht … noch … mal!«
Alexanders Augen funkelten. Seine Zähne schlugen derart heftig aufeinander, dass er die Worte nur mit Mühe hervorpressen konnte. Er schlang die Arme um seinen Oberkörper und zitterte erbärmlich. Anna legte die Gitarre auf den Tisch, griff nach dem Krug und füllte einen Becher mit Saft. Wortlos setzte sie Alexander den Becher an die Lippen und sah, wie er gierig trank. Na also.
»Kalt … Willst du … mich umbringen?«
Anna stellte den leeren Becher zurück auf den Tisch und schloss das Fenster. »Ich nicht, mein Guter. Ich nicht.«
Behutsam deckte sie ihn zu und stellte das Kohlebecken neben sein Bett. »Und jetzt gib dir ein bisschen mehr Mühe, verdammt noch mal. Ich bin müde.«
Kapitel 12
Stärker
D er Phönix saß im dichten Geäst einer prächtigen Eiche. Er hatte seinen Kopf unter die kräftigen Flügel gesteckt und schien zu schlafen. Still und unbeweglich ließ er den Wind mit seinem scharlachroten Gefieder spielen. Er wusste, er war stärker, viel stärker, als sie auch nur annähernd verstehen konnte. Er wusste auch, dass sie es versuchen würde, sah den Pfeil emporsteigen, das Seil, das am Schaft festgebunden war. Er bewegte sich nicht, als sich das Seil um seine Beine und Krallen schlang. Es wäre ein Leichtes gewesen, sich zu befreien, doch dann würde sie gewinnen, die Närrin.
Kapitel 13
Verbündete
A nna hatte ihm keine Ruhe gegönnt. Wieder und wieder hatte sie Alexander den kraftspendenden Saft der Violabeeren eingeflößt. Erst, als ihr die Kraft auszugehen drohte, hatte sie Noah hereingebeten. Irgendwann sank das Fieber, der Schüttelfrost ließ nach und Alexander begann zu schwitzen. Sie hatte es geschafft, und als die Sonne ihre ersten goldgelben Strahlen über den Horizont schob, schlief sie endlich erschöpft ein.
Jemand drückte ihren Arm.
»Geträumt?«
Anna presste ihre Augen fest aufeinander. In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander.
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