Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
neue Aussage als zulässiges Beweismittel anerkennt. Es ist eine »neue« Ablehnungsbegründung, auf die der neue Anwalt nur noch mit einer Verfassungsbeschwerde antworten konnte. Sie zeugt von absoluter Ignoranz im Umgang mit einem traumatischen Erlebnis.
Meiner Ansicht nach würde jeder Traumaforscher bestätigen, dass Verhaltensweisen nach einem traumatischen Erlebnis sich nicht logisch-rationalen Erwägungen erschließen, sondern dass die komplexe Situation des traumatischen Erlebnisses selbst und die Persönlichkeitsmerkmale des Betroffenen berücksichtigt werden müssen, wozu beispielsweise auch Autoritätsglauben gehören kann – hier: das Vertrauen darauf, dass die Personen, die man für Autoritäten hält, also auch ein Anwalt, schon das Richtige tun werden.
Schlussfolgerungen
Die Aufklärung des Verbrechens muss nachgeholt werden
Das Verbrechen ist entgegen der Behauptung des Gerichts nicht aufgeklärt. Es trifft hier zu, was Sie, sehr geehrter Herr Dr. Benecke, in Ihren Büchern und Vorträgen oft betont haben: Das Gericht ist von falschen Grundvoraussetzungen ausgegangen, indem es Herrn M. nicht als Zeuge, sondern als Beschuldigten vernommen hat, und indem es die DNA-Spur ausschließlich als Spur des Mörders an seinem Opfer gewertet hat.
Die neue Aussage von Herrn M. gibt eine andere und viel plausiblere Erklärung: Er hat die DNA-Spur als derjenige, der die Leiche gefunden hat und im Schock erstarrt war, bei ihm hinterlassen. Daraus ergibt sich, dass Herr M. erneut als Zeuge vernommen werden muss, damit er mit seinem fotografisch genauen Erinnerungsvermögen bei der eigentlichen Aufklärung des Mordes Hilfe leistet.Sicherlich wäre es dabei sinnvoll, alle Tatortfotos zusammen mit Herrn M. erneut zu sichten und mit ihm zusammen auszuwerten.
Schon jetzt aber können folgende Aussagen und Vermutungen getroffen werden:
Nach den Aussagen von Herrn M. handelt es sich bei dem Verbrechen eindeutig um einen Raubmord. Herr M. weiß, dass Herr Sch. sehr viel Bargeld im Haus gehabt hatte und außerdem den gesamten wertvollen Schmuck seiner verstorbenen Schwester. Sowohl das Geld als auch der Schmuck einschließlich einer Blechbüchse, deren Aussehen Herr M. genau beschreiben kann, sind spurlos verschwunden.
Herr M. hat die Leiche und den Tatort anders vorgefunden als später die Polizei, von deren Auffindesituation er durch die Tatortfotos Kenntnis bekommen hat. Als Herr M. am Tatort war, sah er seinen toten Schwager in Seitenlage mit dem Rücken zur Wand und dem Gesicht in den Raum hinein auf dem Sofa liegen. Kopf und Oberkörper waren mit einem großen Kopfkissen abgedeckt.
Die Stehlampe am Kopfende war noch an. Einige der Möbel standen da, wo sie sonst nie gestanden hatten: Der Tisch, sonst exakt parallel zum Sofa ausgerichtet, stand schräg nach außen im 45-Grad-Winkel. Ein Sessel stand am Fenster, der andere schräg im Raum. Der dritte Sessel stand wie immer. Die Türen des Wohnzimmerschrankes waren aufgerissen und alle Schubladen herausgezogen, auf dem Fußboden lagen Gegenstände herum: mehrere Geldbörsen und Wäschestücke.
Als etwa vierzig Minuten später die Polizei am Tatort eintraf, fand sie den toten Herrn Sch. in Bauchlage liegen. Alle Möbel standen gerade, und die Kopfkissen auf dem Sofa waren in einer Linie aufgestellt. Nur zwei Schubladen aus dem Schrank waren herausgerissen und dreihundert D-Mark lagen herum.
Daraus kann geschlossen werden, dass Personen, die direkt oder indirekt etwas mit dem Verbrechen zu tun gehabt haben, sich genau zu dem Zeitpunkt in einem der Hinterzimmer des Hauses von Herrn Sch. aufgehalten haben, als Herr M. die Leiche aufgefundenhatte und nur noch unter Schock reagieren konnte. Diese Personen müssen während der Zeit, in der Herr M. sich in der Scheune aufhielt und langsam wieder zu Bewusstsein kam, den Tatort und die Lage der Leiche verändert haben. Nicht auszuschließen ist auch, dass ihnen bekannt war, dass Herr M. regelmäßig Herrn Sch. die Zeitung brachte, und deshalb bewusst Herrn M.’s Kommen abgepasst haben.
Hoffen auf Gerechtigkeit
Ich danke Ihnen, sehr geehrter Herr Dr. Benecke, dass Sie mir die Gelegenheit gegeben haben, Herrn M.’s Fall in Ihrem Buch darzustellen. Es bleibt zu hoffen, dass er endlich Gerechtigkeit erfährt und zu seiner Familie zurückkehren kann. Schließlich geht es auch um unseren Rechtsstaat als solchen. Das Vertrauen in diesen ist durch den Fall M. bei vielen Menschen schwer erschüttert worden. Es geht dabei nicht
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