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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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Erlebte bricht sich auf irgendeine Weise Bahn. Auch bei Herrn M., wie folgendes Erlebnis zeigt.
Das alte Ehepaar
    Es war etwa vier Wochen nach dem Mord. Herr M. ist mit seiner Frau vor dem Supermarkt des Dorfes dabei, die Einkäufe einzupacken. Dann fällt den beiden ein, dass sie noch Eier brauchen. Die wollen sie sich nicht im Supermarkt kaufen, sie haben eine bessere Quelle: das alte Ehepaar N., das in der Nachbarschaft wohnt und eigene Hühner hat. Es sind wirklich gute Freunde und herzensgute Menschen. So trennen sich Herr M. und seine Frau. Er geht Eier holen, während sie weiter einkauft. Einkaufen auf dem Dorf: das bedeutet auch: sich über das Neueste austauschen, ein bisschen mitmachen beim Dorfklatsch. Und das mit dem Mord ist ja noch ziemlich frisch. Klar geht es auch darum, als Herr M. mit dem Ehepaar N. zusammen ist. Was das wohl für Menschen sind, die so etwas Furchtbares tun! Und das in unserem Dorf! Freilich: Der Herbert, der hatte seine Macken. Aber das?
    Die Eier sind abgezählt, das Ehepaar N. lässt sich weiter über den Mord aus. Da sagt Herr M. plötzlich: »Ich muss euch etwas erzählen. Aber versprecht mir: Ihr müsst es für euch behalten. Auch C. gegenüber bitte kein Wort! Stellt euch vor: Ich habe Herbert gefunden.« Frau N., inzwischen Witwe, kann sich noch fast fünf Jahre danach genau an die Szene erinnern:
    »Es war vielleicht … ein paar Wochen vorher. Helmut hat wortwörtlich erzählt, wie er Herberten gefunden hat. Drüb’n hat er gesessen und hat uns des erzählt. Und da sagt Erwin, wie des nachher rauskam: Helmut soll’s gewesen sin. – Wie kann der’s gewesen sin, der Mann hat uns doch wortwörtlich erzählt, wie er Herberten gefunden hat, dass er kein Blutstropfen mehr in sich gehabt hat, schlohweiß ausgesehen hat und unten alles voll Blut gewesen war. Und da fragt er noch: Wie kann ein Mensch so bestialisch mit einem Menschen umgehen? Des hat er gesagt. Schade, dass mein Mann nicht mehr lebt …« Und dann erinnert sie sich noch an den Ausspruch ihres verstorbenen Mannes Erwin: »Das musste wahrscheinlich mal runter!«
    Ja, Erwin N. hatte recht, jeder Traumatherapeut würde das bestätigen. Ein traumatisches Erlebnis lässt sich nicht auf Dauer verdrängen.Es nagt im Innern weiter, bestimmt den Gefühlshaushalt eines Menschen und sucht sich Bahn nach außen, und wenn es nur darum geht, das Erlebnis mal auszusprechen.
    Vielleicht wäre die Sache damit für Herrn M. wirklich erledigt gewesen. Er hatte seine Gesprächspartner gefunden, mit denen er sein Geheimnis teilen konnte. Doch es kam anders.
Der Anwalt
    Herr M. gerät irgendwann in das Fadenkreuz der Ermittler. Als er wegen der DNA-Spur am Finger der Leiche verhaftet wird, nimmt er sich den Anwalt, den er aus seinem Scheidungsverfahren kennt: einen Zivilverteidiger. Im Laufe des langen Prozesses werden Tochter und Schwiegersohn ihm raten, doch einen anderen Anwalt, wenigstens einen Strafverteidiger zu nehmen. Herr M. ignoriert diese Vorschläge, er vertraut seinem Anwalt.
    Dieser Anwalt rät seinem Mandanten – und das hat er später eidesstattlich bestätigt –, in der Gerichtsverhandlung sein Erlebnis zu verschweigen. Ja, er hindert ihn sogar aktiv daran, das, was Herrn M. so belastet hatte, auszusprechen. Am einprägsamsten ist für Herrn M. die Aufforderung des Anwaltes: »Streichen Sie das Erlebnis aus Ihrem Gedächtnis!« Es ist eine katastrophal verantwortungslose Aufforderung – als ob ein Mensch traumatische Erlebnisse mal eben so vergessen könnte. Diese bleiben doch eine ständige innere Belastung, die oft in Albträumen ihren Ausdruck findet. Und es braucht viel innere Energie, der Umwelt gegenüber das belastende Erlebnis zu verschweigen und damit falsche Tatsachen vorzuspielen. Wenn diese Umwelt das Gericht ist, das über das Lebensschicksal eines Menschen entscheidet, dann ist die innere Anspannung noch größer.
    Herrn M. wird zum Verhängnis, dass er so sehr seinem Anwalt vertraut, dass er nicht einmal im ersten Wiederaufnahmeverfahren sagt, was er wirklich erlebt hat. Es ist ein Verhalten, das für das Oberlandesgericht Naumburg logisch nicht nachvollziehbar ist: Er hätte doch gewusst, dass es um eine lebenslängliche Freiheitsstrafegeht, und daher von dem Leichenfund berichten müssen. So dient das unlogische Aussageverhalten von Herrn M. dem Gericht zur Begründung, den Wiederaufnahmeantrag letztinstanzlich abzulehnen. Und das, »obwohl« es – anders als die erste Instanz – seine

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