Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
soll. Im Brief Nr. 655A vom 13. März schreibt Andropow an Leonid Breschnew. »Vor dem Hintergrund möglicher Bau- und anderer Erdarbeiten auf diesem Territorium, die zur Entdeckung der Gräber führen könnten, hielte ich es für zweckmäßig, die Überreste zu beschlagnahmen und sie auf dem Weg der Verbrennung zu vernichten. Die angeordnete Maßnahme wird streng konspirativ von Kräften einer Sondereinsatzgruppe des KGB in der 3. Armee der Gruppe der sowjetischen Streitkräfte in Deutschland durchgeführt und in der nötigen Form dokumentiert.«
Unter dem Schreiben steht »Einverstanden. 16. März«, unterschrieben haben Breschnew, Kossygin, Podgornij.
Wladimir Gumenjuk ist schließlich einer von den drei Männern, die den Befehl vor Ort auszuführen haben. Mit von der Partie sind sein Kollege Major Schirokow und der Chef der Einheit, Oberst Kowalenko. »Für immer und ewig« müsse die Angelegenheit geheim bleiben, habe Kowalenkow seinen Mannen gesagt, erinnerte sich Gumenjuk in der Zeitung Moskowskije Wedomosti .
Es sei schwer gewesen, inmitten der kleinen Garnison zu graben. Deshalb sei ein Zelt über dem Grab aufgestellt worden, angeblich, um darin Gasmasken zu schwefeln. Zum Abtransport stand ein GAZ-69, ein Sowjet-Jeep, bereit. Zur Tarnung ragten unter der Plane Angelruten heraus. Es sollte alles nach einem harmlosen Angelausflug aussehen.
Am Abend des 4. April 1970 beginnen Gumenjuk und Schirokow zu graben. Kowalenko sichert das Unternehmen mit der Waffe in der Hand. Erst graben die Offiziere an der falschen Stelle, dann werden sie in eineinhalb Meter Tiefe fündig. Sie stoßen auf vier Munitionskisten, in denen neben den Skelettresten »auch ein paar goldene Zähne« liegen. Die Knochen werden in Kalaschnikow-Kisten umgelagert.
Im Morgengrauen bringen die drei Männer die Fracht aus dem Militärgelände heraus. Schließlich stapeln sie die Kisten auf einem Scheiterhaufen, gießen zwanzig Liter Benzin darüber und zünden sie an. Eine gute Stunde warten die drei im Wagen bei laufendem Motor, bis Gumenjuk die Asche zusammenkehrt und in einen Sack fegt. An einer Brücke streut er die Asche bei Biederitz in das Flüsschen Ehle.
Akteneintrag: »Die Vernichtung der Überreste wurde auf dem Weg des Verbrennens in einem Lagerfeuer auf unbebautem Terrain in der Gegend der Stadt Schönebeck, elf Kilometer von Magdeburg, durchgeführt.«
Ein Teil der Schädeldecke lagert im Staatsarchiv der Russischen Föderation.
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Eine anatolische Zahnärztin stößt auf Hitlers Zahnarzt
Die Einordnung von Hitlers Zähnen ist nicht nur eine spannende zahnkundliche Geschichte, sondern erlaubt auch einen Blick darauf, wer wann wo und warum im Nazitheater mitgespielt hat. Hitlers Zahnarzt Hugo Blaschke ist dafür ein erstaunliches Beispiel. Am Ende des Krieges war er ein hochrangiger SS-Mann, wollte aber ansonsten mit der Naziideologie nicht viel zu tun gehabt haben. Vor wenigen Jahren grub eine aus Anatolien stammende Zahnärztin für ihre Doktorarbeit Unterlagen hervor, nach denen sich alle Geheimdienste die Finger geleckt hätten. Ganz klar: Ich musste mit ihr sprechen.
Mark Benecke: Frau Dr. Deprem-Hennen, wie sind Sie im Jahr 2007 auf die Idee gekommen, sich um Hitlers Zahnarzt zu kümmern und dabei völlig unbekannte Unterlagen auszugraben?
Menevse Deprem-Hennen: Das ist eine ziemlich lange Geschichte voller unglaublicher Zufälle. Es fing schon viel früher an, nämlich 1999. Um mein zahnmedizinisches Studium in Deutschland anerkannt zu bekommen, habe ich neben diversen Fachprüfungen auch Rechtsbeistand benötigt. Diesen Beistand bekam ich von einem Anwalt Namens Wolfgang Lutze, ein Familienfreund meiner Schwiegereltern. Nach und nach haben wir uns angefreundet. Bei einem Besuch bei seiner Familie erzählte Herr Lutze, dass sein Vater Zahnarzt gewesen ist. Dieser jüdische Zahnarzt, Fedor Bruck, habe den Zweiten Weltkrieg im Untergrund in Deutschland überlebt. Nach dem Krieg habe er die nunmehr verwaiste Praxis Blaschkes übernommen. Bruck habe Unterlagen über den Praxisablauf vorgefunden und an sich genommen. Anhand dieser Dokumente konnte er den Verbleib Hitlers bestätigen, nämlich, dass er tot ist. Die Russen wollten alle Personen, die über Hitlers Verbleib Auskunft hätten geben können, in Arbeitslager bringen. Um diesem Schicksal zu entgehen, floh Bruck in die USA und nahm die Dokumente mit.
Bevor Bruck starb, übergab er die Dokumente seinem Sohn Wolfgang Lutze. Dieser arbeitete in der
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