Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
mehr als vierzig Jahre nach Hitlers Tod geboren wurde. Hier folgt die Selbstvorstellung des unerwarteten Informanten:
»Mein Name ist Robert Biebermann. Ich bin neunzehn Jahre alt, wohne in Jüterbog und lege demnächst mein Abitur ab. Sie werden sich sicherlich wundern wegen meines Alters, aber mein Interesse für die Geschichte fing bereits sehr früh an.
Als ich auf dem Dachboden meiner Großeltern im Alter von elf Jahren das Eiserne Kreuz meines Urgroßvaters fand, begann mein Interesse. Wenn Sie auf das Sterbedatum von Herrn Günsche achten, fällt Ihnen sicher auf, dass ich erst dreizehn Jahre war, als ich mit ihm sprach, wobei ich ohne meine Oma und Eltern nicht mit ihm hätte sprechen können. Sie haben mich in meinem Interesse immer unterstützt. Mit Herrn Misch habe ich auch erstmals mit dreizehn gesprochen und danach noch mehrmals, das letzte Mal 2010. Beim ersten Treffen hatte er auf Herrn Günsche verwiesen, was mir bei wichtigen Fragestellungen sehr half. Ich hatte damals mit ihm noch relativ guten Kontakt, bedingt durch Familie Palmer, die meine Oma gut kannte, wobei er mittlerweile abgerissen ist, bedingt durch das große Interesse anseiner Person. Mit Herrn Schwägermann sprach ich im Jahr 2007.
Ich habe alle Gespräche mit diesen Zeitzeugen mit einem Diktiergerät beziehungsweise später mit einer Kamera aufgezeichnet, sodass für mich die Gespräche bis in die Gegenwart nachzuvollziehen sind.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Biebermann
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War Hitler ein sadistischer Serienmörder und warum empfinden ihn so viele als bösesten Menschen der Welt?
Der Name Adolf Hitler erweckt bei Menschen auf der ganzen Welt Gedanken an das pure Böse. Das liegt hauptsächlich daran, dass Hitler sowohl für den umfangreichsten Massenmord an Menschen in so kurzer Zeit als auch für den gewaltigsten Krieg, den Menschen jemals durchgeführt haben, mitverantwortlich war. Kein Wunder also, dass er als Urtyp aller Finsterlinge gilt. Oder nicht? Gehen wir doch einmal aus psychologischer Sicht die Merkmale anderer Täter durch und vergleichen sie mit dem Diktator.
Größenwahnsinniger Tyrann ja, sadistischer Serienmörder nein.
Hitler war offensichtlich größenwahnsinnig und hatte ein ziemliches Selbstwertproblem, doch im Gegensatz zu den meisten in diesem Buch beschriebenen Serienmördern (vgl. 2. Kapitel) hatte er – soweit wir wissen – keine sadistische sexuelle Neigung. Allerdings morden nur etwa fünf Prozent aller Serienmörder, weil sie dies sexuell erregend finden, wie der Spezialist für Serientäter Stephan Harbort feststellt. Hitler wurde auch ein persönlicher Hass gegen Juden unterstellt. Dies sollte eine zwar völlig kranke, aber zumindest noch irgendwie nachvollziehbare Erklärung für die Ermordung so unvorstellbar vieler Menschen sein. Bei genauerem Hinsehen erscheint aber auch dies unwahrscheinlich. Zwarhaben verschiedene Menschen versucht herauszufinden, ob Hitler jemals etwas erlebt hat, das seinen Hass auf Juden erklären könnte. Doch einen sicheren Hinweis darauf, dass Hitler Juden persönlich hasste und das aufgrund eines Erlebnisses aus seinem Leben erklärbar wäre, gibt es nicht. Somit ist er auch kein Serienmörder aus Hass, wie beispielsweise David Berkowitz (siehe »David Berkowitz«, S. 101). Berkowitz fühlte sich von »den Frauen« persönlich enttäuscht und verletzt und wollte sich ebenso persönlich an ihnen rächen. Deshalb richtete er sie mit seiner Pistole regelrecht hin.
Viel banaler als kranke sexuelle Fantasien oder persönlicher Hass ist jedoch der Grund, aus dem die meisten Serienmörder töten: Sie sind schlicht antisoziale Menschen (siehe S. 128), die andere aus dem Weg räumen, weil sie sich von ihnen gestört fühlen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die störende Person beispielsweise eine bettlägerige Mutter ist oder ein Raubopfer, das den Täter beschreiben könnte und deshalb getötet wird. Diesen beängstigend banalen Umstand beschreibt Harbort sehr eindrücklich in seinen Hörbüchern Der Mittagsmörder und Blaubeer-Mariechen . Gemeinsam ist allen Serienmördern eines: Sie fühlen sich stets selbst als Opfer bestimmter Umstände und übernehmen daher keine oder höchstens nur teilweise Verantwortung für ihre Taten. Hitler hatte aus psychologischer Sicht mit den Serienmördern gemeinsam, dass er bereit war, Menschenleben für seine persönlichen Ziele zu opfern, und sich dies schönredete, indem er beispielsweise behauptete – und vermutlich auch
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