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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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Chef haben – viele von ihnen erkämpfen sich Führungspositionen –, nehmen Sie sein Verhalten nicht persönlich und denken Sie mild lächelnd an das Kind, das er mal war und das einfach nicht die Liebe erfahren hat, die es gebraucht hätte.
Narzissmus bei Garavito
    Während der Gespräche, die Mark mit Garavito im Gefängnis führte, kleidete und verhielt sich der Täter anfangs eher wie ein Gefängnisdirektor als wie ein verurteilter Schwerverbrecher. Er schaffte es sogar, im Gefängnis vorteilhaft behandelt zu werden.
    So gelang es ihm, den großen Krankenbehandlungsraum für die Gespräche, die er mit Mark führen wollte, zur Verfügung gestelltzu bekommen und dabei mit zahlreichen Stiften, Batterien, Unterlagen, Kaffeetassen und anderen Utensilien vom Gefängnis ausgestattet zu werden. Diesen opulenten Empfang, der sicher eines Gefängnisdirektors und seines Ehrenbesuchs würdig gewesen wäre, organisierte Garavito mithilfe seines Charmes und seiner Beharrlichkeit lange im Voraus.
    Dass er Kontakte hauptsächlich nutzt, um seine Ziele zu erreichen, zeigt sich beispielsweise daran, dass er bei den Besuchen von Mark immer wieder Sachgegenstände und schließlich horrende Summen zu fordern versuchte. Das ist ein für narzisstische Täter typisches Vorgehen. Wenn sie die Möglichkeit dazu haben, weil ihr Fall großes Aufsehen erregt hat, versuchen sie selbst im Gefängnis noch, Kapital aus ihren Verbrechen zu schlagen, indem sie sich fürstlich für Exklusivinterviews bezahlen lassen wollen. Ein Vorschlag einer entsprechenden Entlohnung für Gespräche mit Garavito war die lebenslange Zahlung von täglich geliefertem, gutem Essen für ihn, da er das Gefängnisessen als fettig und für sich nicht schmackhaft empfand.
    Ein solch arrogantes und hochmütiges Verhalten ist typisch für Narzissten. Garavito zeigt sich neidisch auf Menschen, die aus seiner Sicht bessere Chancen im Leben gehabt hatten als er, und gibt gleichzeitig beispielsweise in Fernsehinterviews an, er bereite sich auf sein Leben in Freiheit und eine Karriere in der Politik vor. Offensichtlich sind seine Fantasien von Erfolgen in seinem zukünftigen Leben fernab der Realität, denn wer würde einen dreihundertfachen Kindermörder als einflussreichen Politiker wählen? Dass dies völlig unvorstellbar ist, leuchtet Garavito in seinem Größenwahn überhaupt nicht ein. Aus seiner Sicht waren ja Dämonen, seine Eltern und der Alkohol schuld an den Morden. Da er sich die Dämonen von einer christlichen Freikirche im Gefängnis angeblich hat austreiben lassen, sieht er keinen Grund, warum er jetzt nicht ein beliebter und erfolgreicher Politiker werden sollte.
    Nur ein Mensch, dem Mitgefühl und Einfühlungsvermögen wirklich grundlegend fehlen, kann so völlig blind für seine Wirkung auf andere Menschen sein. Kein Wunder, denn er erfährtdurch seine aufgesetzt charmante und freundliche Art durchaus positive Reaktionen, die seine unrealistisch positive Selbsteinschätzung verstärken.
    Seine Unfähigkeit, sich in andere einzufühlen, zeigte sich auch in seinen ständigen Fragen, ob Mark Mörder kenne, die mehr Menschen getötet haben, und ob bei bekannten Flugzeugabstürzen mehr oder weniger Menschen starben als durch seine Hand. Hier zeigte er, dass seine hohe Opferzahl für ihn eine besondere »Leistung« ist, auf die er im Kern stolz ist, auch wenn er gelernt hat, das nicht so direkt zu sagen.
    Er versuchte auch, sich Mark gegenüber als besonders intellektuell interessiert darzustellen, und verlangte unter anderem Literatur, mit der er sich angeblich selbst während des Gefängnisaufenthalts weiterbilden wollte. Als ihm entsprechende Literatur aber mitgebracht wurde, zeigte er keinerlei Interesse an ihr und blätterte sie nur gelangweilt und oberflächlich durch. Auf die Frage, für welche Bildungsbereiche er sich denn interessiere, konnte er nichts antworten. Offensichtlich ging es ihm bei seiner Bitte um Bildungsliteratur ausschließlich darum, sich als intelligenter darzustellen, als er tatsächlich ist.
    Garavitos Glaube daran, ganz besonders und einzigartig zu sein und von normalen Menschen einfach nicht verstanden werden zu können, von Gott allerdings schon, spiegelt sich treffend in der Widmung wieder, die er Mark in eine Bibel schrieb, welche er ihm als Andenken mitgab. Es ist eine Passage aus der Bibel, die lautet:
    »Ach HERR, wie sind meiner Feinde so viel und setzen sich so viele wider mich! Viele sagen von meiner Seele: Sie hat keine

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