Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
bald in seinem künftigen Leben von allen anderen Menschen als sehr mächtig, erfolgreich, klug oder schön eingeschätzt oder einfach grenzenlos geliebt werden wird.
3. Weil er sich für ganz besonders wertvoll hält, meint der Narzisst, nur von den wenigen ebenfalls besonderen – besonders mächtigen, erfolgreichen oder klugen – Menschen verstanden werden zu können. Deshalb strebt er an, sich mit solchen Menschen zu umgeben. Alle anderen sieht er als eigentlich unter seiner Würde stehend an.
4. Er meint, dass andere Menschen ihn grenzenlos bewundern müssen.
5. Deshalb erwartet der Narzisst in allen Lebensbereichen, bevorzugt behandelt zu werden. Die anderen Menschen haben das, was er erwartet, selbstverständlich und sofort umzusetzen.
6. Beziehungen zu anderen Menschen interessieren den Narzisst nur so lange, wie sie ihm einen Vorteil bringen. Ihm sind Bedürfnisse oder Gefühle anderer Menschen völlig egal, außer er kann sie beeinflussen, um dadurch zu bekommen, was er will: Erfolge im Beruf, Bewunderung, Geld, Sex oder irgendeine Unterstützung, die er gerade haben will. So gibt er sich einfühlsam, charmant,liebe- oder verständnisvoll. Nichts an diesem Verhalten ist aber echt, es ist für ihn immer nur ein Mittel zum Zweck.
7. Mit anderen Menschen mitfühlen kann der Narzisst kaum bis gar nicht. Was in anderen vorgeht, ob sie leiden oder glücklich sind, lässt ihn kalt.
8. Neid spielt für den Narzissten eine wichtige Rolle. Er ist oft neidisch auf andere Menschen, wenn er ab und zu erkennen muss, dass er nicht der Beste, Schnellste, Klügste, Wichtigste, Reichste und so weiter ist. Umgekehrt gefällt es ihm besonders gut, wenn er meint, dass andere Menschen ihn beneiden.
9. Insgesamt verhält sich der Narzisst oft arrogant, besserwisserisch und angeberisch und äußert dementsprechende Meinungen.
Laut dem deutschen Psychologen Rainer Sachse, Experte für Persönlichkeitsstörungen, machen Narzissten in ihrer Kindheit die Erfahrung, dass ihre Eltern oder andere wichtige Bezugspersonen sie abwerten (ob bewusst oder unbewusst) und ihnen zu verstehen geben, dass sie nur, wenn sie etwas leisten, Zuwendung erhalten. Deshalb entwickeln sie als Kinder ein unzufriedenes Bild von sich selbst und denken, sie wären Versager, die nichts gut können und die niemand um ihrer selbst willen mag und lieb hat. Deshalb lernen solche Kinder, durch Leistung (z. B. Klassenbester sein, Wettbewerbe gewinnen) wenigstens für kurze Zeit die Zuwendung und Anerkennung zu bekommen, die sie sich wünschen. Besonders schlimm wird es, wenn solche Kinder keine Fähigkeiten entwickeln, mit denen sie positiv auffallen können. Sie bekommen im echten Leben nichts für sie Zufriedenstellendes hin, stürzen sich in Fantasievorstellungen, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun haben, und begehen im schlimmsten Fall Verbrechen, weil sie nur noch unzufrieden und von Neid und Hass getrieben sind (vgl. Box: Erfolglose Narzissten, S. 111 ff.). Die meisten Narzissten holen sichallerdings in irgendeinem Lebensbereich Anerkennung, indem sie sehr hart arbeiten, sich dabei aber auch äußerst rücksichtslos verhalten. Durch die Leistung, die sie erbringen, bauen sie sich allmählich ein erfolgreiches Bild von sich selbst auf. Das schießt allerdings über ihr ursprüngliches Ziel, einfach um ihrer selbst willen anerkannt, geliebt und unterstützt zu werden, deutlich hinaus. In seinem positiven Selbstbild hält sich der Narzisst für großartig, klug, leistungsfähig und zeigt all die übertriebenen Einstellungen und Verhaltensweisen, die ich zu Beginn des Kapitels beschrieben habe. Das fühlt sich natürlich viel besser an, als sich selbst für einen Versager zu halten. Leider ist das schlechte Selbstbild des Narzissten durch seine Erfolge nicht verschwunden, sondern wird immer nur vorübergehend übertüncht. Wenn ihm dann irgendetwas nicht so gelingt, wie er es sich vorstellt, oder wenn er kritisiert wird, fühlt er sich sofort wieder als Versager, und da er das nur schlecht aushält, lässt er seine schlechte Laune und seinen Frust an jedem aus, der ihm in die Quere kommt. Um diesem Zustand so schnell wie möglich zu entfliehen, muss er sich schleunigst ein nächstes Erfolgserlebnis holen, zum Beispiel Geld, berufliche Anerkennung oder Sex. Der Narzisst ist also wie ein Fass ohne Boden, in das er Erfolg nach Erfolg hineinschüttet, ohne jemals wirklich längere Zeit zufrieden mit sich zu sein. Sollten Sie also einen narzisstischen
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