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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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Einsatz als solchen bewundert, lässt sich unter anderem daraus ableiten, dass er keinen einzigen sich persönlich einsetzenden Menschen erwähnte, der nicht über große Prominenz und Einfluss verfügte. Dabei war er sowohl bei den Anonymen Alkoholikern als auch in der religiösen Glaubensgemeinschaft,der er sich im Gefängnis anschloss, von in ihrer Sache sehr engagierten Menschen umgeben. Diese fielen ihm aber offensichtlich nicht weiter auf – sie waren eben weder einflussreich noch berühmt.
    Was für andere gut oder schlecht ist, ist Garavito egal. Deshalb brachte er sein Leben lang erstaunliche kriminelle Energie auf, um schnell und einfach an große Geldsummen zu kommen. Als Geistlicher verkleidet zog er durch die Dörfer und tat so, als würde er Spenden für die Kirche sammeln. In einem extrem katholischen Land wie Kolumbien erwies sich dies als gewinnbringende Strategie. Es gelang ihm so, bis zu vierhunderttausend Pesos (umgerechnet einhundertzwanzig Euro) am Tag zu ergaunern. Das entspricht dem Vielfachen eines normalen Monatslohns auf dem Land. Sogar die Guerillas führte er hinters Licht, indem er ihnen erzählte, er sei ein Geistlicher und brauche dringend eine lebensnotwendige Operation. Die Guerillas zwangen daraufhin Dorfbewohner, ihm das angeblich nötige Geld zu »spenden«.
    Besonders auffällig ist, dass Garavito immer wieder versucht, sich trotz seiner grauenvollen Taten in ein möglichst gutes Licht zu rücken. So betont er, dass er zwar schreckliche Dinge tat, jedoch bei der Beschaffung seiner Opfer niemals Gewalt einsetzte, sondern die Kinder immer freiwillig mit ihm mitgingen. »Ich musste mit den Kindern eine Weile sprechen, bevor ich die Morde beging, na klar. Durch das Gespräch mit ihnen gelang es mir, die Jungen mitzunehmen. Meist habe ich ihnen Geld angeboten. Wenn man zu diesen Kindern, die an öffentlichen Plätzen herumlungern, nett ist, kann man mit ihnen machen, was man will. Die Kinder verstehen recht schnell, wofür sie das Geld bekommen sollen (hier meint er sexuelle Handlungen, Anm. L.B.). Niemals habe ich Gewalt eingesetzt.« An seinen Übersetzer gewendet fügte er hinzu: »Sage ihm, dass ich wirklich niemals Gewalt gebraucht habe, um die Jungen mitzunehmen.« Dass sehr armen Kindern Geld für sexuelle Dienste anzubieten alles andere als ein entschuldigender Umstand seiner Taten ist, fällt Garavito gar nicht auf.
    Ein weiterer eher ungeschickter Versuch von ihm, sich besserdarzustellen, war seine Behauptung, dass ihm Gespräche mit Priestern zu der Entscheidung gebracht hätten, sein Geständnis abzulegen. Im selben Gespräch erzählte er auch davon, dass die Polizei ihn ohnehin mit mindestens einem Mord klar in Zusammenhang brachte, während er im Gefängnis saß: »Die Geistlichen, die mich zu dieser Zeit besuchen kamen«, sagte Garavito, »fingen an, mit mir über Gott zu sprechen. Dabei ging wirklich ein Licht in meinem Geiste auf und ich begann nach einiger Zeit, von allen Morden zu erzählen, die ich begangen habe. Das bereitete mir extrem große Schmerzen. Denn eigentlich wollte ich schon lange gestehen, wusste aber nicht wie. Ich wollte ja auch niemandem damit wehtun. Aber ich habe angefangen, Vertrauen aufzubauen in diesen sechs Monaten im Gefängnis. Während ich dort wegen Betruges einsaß, haben sie meine Fingerabdrücke überprüft und herausgefunden, dass ich bei meiner Verhaftung einen falschen Namen angegeben hatte. Ich habe 1996 einen Mord begangen, in Tunga. An dem Ort, wo der Kleine verschwunden ist, war ich auch in einem Hotel, wo ich meinen eigenen Namen hinterlassen habe, und daher war ich verdächtig. Das Verschwinden des Jungen lasteten sie mir an, weil ich der einzige Hotelgast war und mir die verdächtigen Handtücher, die ich im Hotel gelassen hatte, gehörten.
    In Tunga gab es sehr viel Aufruhr wegen des Mordes, weil dieser Junge enthauptet und mit den Genitalien im Mund vorgefunden wurde. Ich erinnere mich nicht mehr, wie ich es gemacht habe, und auch nicht an die Uhrzeit. Ich las in einer Zeitung, dass mich die Fiscalia (staatsanwaltschaftliche Ermittler, M.B.) bereits für diesen Mord suchte. Die Fingerabdrücke konnten sie wie gesagt dem Namen Garavito zuordnen und fanden so heraus, dass ich zu dem Zeitpunkt unter falschem Namen im Gefängnis saß. Als die Situation sich zuspitzte, habe ich mich entschlossen auszusagen. An dem Tag, an dem ich gestand, habe ich mich übergeben. Danach habe ich einige Tage lang geweint. Aber ich erholte mich

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