Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
deutlich ältere Bekannte habe ihn, als er zwölf Jahre alt war, dazu gebracht, mit ihr sexuelle Handlungen durchzuführen. Er konnte dieses Erlebnis nicht richtig einordnen und es war ihm unangenehm. Als er sich schließlich einige Zeit später dazu durchrang, von diesem Vorfall seinen Freunden zu erzählen, wurde er von ihnen als »Glückspilz« dargestellt, er solle sich doch freuen, dass eine Frau ihn so früh entjungfert habe. Dieser Mann erzählte niemandem mehr von dem Erlebnis, da er davon ausging, dass keiner ihn in dieser Sache ernst nehmen würde.
Ein weiterer Grund dafür, dass Frauen deutlich seltener wegen sexuellen Missbrauchs angezeigt werden, ist der, dass viele weibliche Pädophile aus bisher noch nicht geklärten Gründen dazu neigen, deutlich jüngere Kinder zu missbrauchen als die meisten männlichen Pädophilen. Eine größere Gruppe von Missbrauchstäterinnen vergeht sich an Säuglingen und Kleinkindern. Diese Kinder sind zu klein, um vom Missbrauch zu berichten oder sich später wirklich daran zu erinnern. Sollten bruchstückhafte Erinnerungen an einen solchen Missbrauch durch eine Frau – meist aus der Familie – übrig bleiben, so können die Opfer oft nicht glauben, dass dies wirklich passiert ist, sie halten die Erinnerungsfetzen schlicht für Albträume.
Pädophilie bei Garavito
Luis Alfredo Garavito (S. 72 ff.) tötete ausschließlich minderjährige Jungen, die zwischen acht und zwölf Jahre alt waren. Dies ist, wie gesagt, das typische Alter, welches viele Menschen mit pädophiler Neigung anregend finden. Kommen die Kinder in die Pubertät, entwickeln Schamhaare und beginnen wie Jugendliche auszusehen, werden sie für Pädophile sexuell unattraktiv.
Offensichtlich fand Garavito nur Jungen vor der Pubertät – oder in sehr wenigen Einzelfällen solche, die jünger aussahen, als sie waren – sexuell interessant. Dazu passt auch seine Geschichte, dass er bereits in der Schule in einen männlichen Mitschüler verliebt war und es anregend fand, von diesem gekratzt zu werden. Er blieb den Rest seines Lebens sexuell ausgerichtet auf Jungen in dem Alter, in dem er und sein Mitschüler waren, als er zum ersten Mal sexuelle Erregung bei sich wahrnahm.
Obwohl er mit einer erwachsenen Frau zusammenlebte, war Garavito niemals an ihr oder anderen Frauen sexuell interessiert. Er erzählte Mark im Rückblick auf sein Leben, dass alle Frauen, mit denen er jemals näher zu tun hatte, nichtsexuelle Freundinnen oder Bekannte waren. Die einzigen Menschen, von denen er sich jemals erregt fühlte, waren kleine Jungen.
Dass er sich aber trotzdem eine Lebensgefährtin suchte, ist nicht so abwegig, wie es auf den ersten Blick erscheint. Es kommt bei pädophilen Tätern öfter vor, dass sie sich eine alleinerziehende Lebensgefährtin mit einem Kind suchen, welches ihrer sexuellen Ausrichtung entspricht. So haben sie relativ leichten Zugang zu dem Kind und erscheinen nach außen hin als normale Familienväter. Genau das tat Garavito, indem er mit der alleinerziehenden Mutter eines Jungen zusammenzog.
Manchmal haben solche pädophilen Täter auch Sex mit der Frau, mit der sie zusammenleben, ohne sich dadurch aber jemals wirklich so befriedigt zu fühlen wie beim Ausleben ihrer Neigung. Garavito musste sehr wahrscheinlich überhaupt nicht mit seiner Lebensgefährtin schlafen, denn in einem armen Land wie Kolumbien haben es alleinerziehende Mütter nicht leicht und sind froh,wenn ein Mann sich als Ernährer der Familie anbietet. Garavito versorgte die Frau und ihren Sohn jahrelang. Das war Grund genug für die Frau, keine weiteren Fragen zu stellen.
Da Garavito niemals sexuelle Kontakte mit erwachsenen Männern suchte, weil er wirklich ausschließlich auf Jungen vor der Pubertät ausgerichtet ist, lässt er sich als »Kernpädophiler« bezeichnen. In seinem Fall mischte sich die Kernpädophilie mit krankhaftem sexuellem Sadismus. Deswegen folterte und tötete er die Jungen, die er sexuell anziehend fand.
Krankhafte, sexuelle Sadisten foltern und töten grundsätzlich die Menschen, die ihrer sexuellen Ausrichtung entsprechen. Das bedeutet, ein männlicher krankhafter Sadist, der nicht pädophil ist und nur Frauen sexuell anziehend findet, würde auch nur Frauen oder Mädchen ab der Pubertät als Opfer auswählen. Beispiele hierfür sind Ted Bundy (siehe S. 94 ff.) oder Jack Unterweger (siehe S. 120 ff.).
Ein männlicher, nicht pädophiler, krankhafter Sadist, der nur Männer sexuell erregend findet,
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