Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
Kastenwagen, da ein Mädchen die Entführung beobachtet und das Auto beschrieben hatte. Weil er Bauschutt in seinem Auto und somit eine gute Begründung für dessen Benutzung hatte, wurde Wolfgang Priklopil nach der Polizeibefragung nicht weiter überprüft.
Ebenfalls im April 1998 rief ein Polizist, der damals als Diensthundeführer in Wien eingesetzt war, seine Kollegen im Wiener Sicherheitsbüro an. Er machte auf einen seiner Meinung nach verdächtigen Mann aufmerksam. Weil er nicht wollte, dass sein Name in dieser Sache genannt wurde, wurde der Polizist in der offiziellen Akte als anonymer Anrufer aufgeführt. Der Wortlaut seiner Aussage aus der Polizeiakte wurde vom grünen österreichischen Politiker Peter Pilz auf seiner Internetseite veröffentlicht. Er lautet:
»Betreffend der Fahndung nach dem weißen Kastenwagen mit dunklen Scheiben im Bezirk Gänserndorf in Bezug zur Abgängigkeit der KAMPUSCH Natascha gibt es in Straßhof/Nordbahn eine Person,welche mit dem Verschwinden in Zusammenhang stehen könnte und auch in Besitz eines weißen Kastenwagens Marke Mercedes mit abgedunkelten Scheiben ist.
Dieser Mann sei ein sogenannter ›Eigenbrötler‹, welcher mit seiner Umwelt extreme Schwierigkeiten habe und Kontaktprobleme habe. Er soll gemeinsam mit seiner Mutter in Straßhof/Nordbahn, Heinestraße 60 (Einfamilienhaus) wohnen, welches jedoch elektronisch voll abgesichert sei. Auch soll der Mann eventuell Waffen zu Hause haben.
Vor dem Areal Heinestraße 60 würde öfters sein weißer Kastenwagen, Marke Mercedes, Kennzeichen unbekannt, mit seitlich und hinten total abgedunkelten Scheiben stehen. Dieser Mann sei früher bei der Firma Siemens als Nachrichtentechniker beschäftigt gewesen und könnte dies auch jetzt noch sein.
Eventuell lebt der Mann mit seiner betagten Mutter in diesem Haus und soll einen Hang zu ›Kindern‹ in Bezug auf seine Sexualität haben, ob er diesbezüglich bereits vorbestraft ist, ist unbekannt.
Der Namen des Mannes ist dem Anrufer unbekannt, er ist ihm nur aus der Nachbarschaft bekannt. Der Mann soll ca. 35 Jahre alt sein, blondes Haar haben und 175–180 cm groß sein und schlank sein. Nähere Angaben kann der anonyme Anrufer nicht machen.«
Aus bis heute nicht geklärten Gründen ging niemand diesem Hinweis nach.
Priklopil behandelte seine kleine Gefangene in der ersten Zeit noch wie ein Kind. Er las ihr Märchen vor und brachte ihr Bücher mit, die sie selbst lesen sollte. Manchmal spielte er mit ihr Gesellschaftsspiele, ließ sie Videokassetten schauen und gab ihr Lernaufgaben auf. Er ging dann rasch dazu über, sie in seinem Sinne zu lenken, und versuchte, ihre Vergangenheit so gut es ging auszulöschen. So durfte sie nicht von ihrer Familie sprechen und sollte sich nach einiger Zeit einen neuen Namen für sich aussuchen. Sie nannte sich »Bibiana«, was auch der Name einer katholischen Heiligen ist, die wegen ihres christlichen Glaubens gefangen genommen und zu Tode gefoltert wurde. Als Bibiana konnte sie leichterertragen, das zu tun, was Priklopil verlangte. Er forderte sie auf, ihn »Gebieter« oder »Maestro« zu nennen. Wenn sie nicht tat, was er wollte, bestrafte er sie in den ersten Monaten, indem er das Licht löschte, sie nicht mehr fernsehen ließ oder ihr kein Essen brachte.
Nach einigen Monaten durfte sie mit ihm zusammen den Keller verlassen und in seinem Haus duschen. Ab dem Tag, als sie ihre Periode bekam, sah Priklopil sie als Frau an, die ihm nun entsprechend seinen Träumen dienen sollte. Dass sich sein Verhalten ihr gegenüber ab diesem Zeitpunkt änderte und er erst dann begann, sie nach und nach als Beziehungspartnerin zu behandeln, zeigt, dass er zwar keine pädophile Neigung hatte, sich aber an eine selbstbewusste erwachsene Frau als mögliche Partnerin nicht herantraute.
Er holte Natascha immer öfter unter seiner Aufsicht hoch ins Haus, damit sie kochte, die Wohnung säuberte und ihm beim Renovieren half. Sie sollte auch seinen Vorstellungen entsprechend sehr schlank sein, weshalb er ihr nur sehr wenig zu essen gab. Außerdem begann er damit, seine krankhaft sadistische Neigung an ihr auszulassen. Es bereitete ihm Vergnügen, sie körperlich schwer zu misshandeln und zu erniedrigen. Er sagte ihr immer wieder, dass er sie erschaffen habe und sie ihm deshalb gehöre. Die Fantasie, seine Traumfrau als Sklavin zu halten, lebte er voll aus. Gleichzeitig verhielt er sich immer mal wieder nett und fürsorglich. Auch darin war er Josef Fritzl
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