Aus der Tiefe: Odyssey 2 (German Edition)
von irgendwas getroffen worden.«
»Das ist nicht möglich«, sagte sie. »Unsere Schirme hätten solche Treffer verhindert.«
»Schon richtig. Trotzdem sind wir von irgendwas getroffen worden«, bekräftigte das Besatzungsmitglied erneut und starrte auf seine Instrumente.
»Dann muss es aus dem Schiff gekommen sein«, wandte Marjir unbeirrt ein. »Kontrollieren Sie den Antriebsstatus.«
»Ithan, wir sind von außen getroffen worden. Da bin ich mir sicher.«
Marjir erhob sich, ging zu seiner Station hinüber und beugte sich über das Besatzungsmitglied. »Unsere Schirme zeigen volle Integrität?«
»Ja.«
»Nun, dann kann uns auch nichts getroffen haben. Es muss von innen gekommen sein.«
»Ithan, es gab keine harmonischen Schwingungen im Schiff. Es war ein schwacher Schlag gegen unsere Hülle.«
Sie verzog das Gesicht. »Schalten Sie die externen Bildrechner ein.«
»Ja, Ithan.«
Diese Bildrechner bildeten bei deaktivierten Bildschirmen die Außenhülle ab, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Einschlags bestand. Man musste die Panzerung des Schleppschiffs auch visuell kontrollieren können, um zu verhindern, dass durch das Aktivieren der Strahlen unvorhergesehene Schäden entstanden. Auf den ersten paar Bildern war nichts Ungewöhnliches zu sehen; die Hülle war intakt, und es gab auch keine Anzeichen für eine Beeinträchtigung der Außenwand. Doch fast auf halber Strecke des Rundum-Scans stieß Marjir ein Zischen aus, als sie plötzlich einen Fremdkörper an der Seite ihres Schiffs erkannte.
»Was zum Teufel ist das?«
Das Besatzungsmitglied wurde blass und gab so schnell ein paar Befehle in den Computer ein, dass sie seinen Bewegungen nicht zu folgen vermochte. Ein paar Sekunden später lieferte der Computer eine Identifizierung, und nun wurde sie so bleich wie ihr Untergebener.
»Drasins«, flüsterte sie. »Aber … wie ist das möglich?«
Sie bekam für ein paar Sekunden – wohl die entscheidenden Sekunden in ihrem Leben – einen Blackout, und als sie schließlich wieder klar zu denken vermochte, war es schon zu spät.
»Er fräst sich durch die Hülle!«, rief das Besatzungsmitglied entsetzt. Er war fast genauso geschockt wie sein Kommandant.
Unter normalen Umständen und auf den meisten Schiffen wären diese paar Sekunden, in denen der Verstand aussetzte, schlimmstenfalls eine kleine Panne gewesen. Doch auf dem kleinen Schleppschiff mündete in der Zeitspanne, die die beiden brauchten, um sich wieder zu fangen, das Zischen ausströmender Luft in einer Katastrophe.
Normalerweise lag bei dem Ausdruck »explosiver Druckabfall« die Betonung eher auf dem zweiten Wort als auf dem ersten. Jedoch hatte in einer so begrenzten Umgebung wie dem Schlepper, der auch nur über schwache Sauerstoffgeneratoren verfügte, das plötzliche Entweichen der Atmosphäre katastrophale Folgen. Marjir wurde durch den Sog von den Beinen gerissen und flog auf das sich ständig vergrößernde Loch in der Seite des Schiffs zu.
Sie hatte gerade noch Zeit, einen Schrei auszustoßen, bevor ein Hieb der Drasin-Klinge sie in zwei Hälften teilte.
Marjirs sterbliche Überreste, die in der Kälte des Alls bereits gefroren, entfernten sich vom Schiff, während der Drasin enterte und seinen Fokus auf die restliche Mannschaft des kleinen Schleppers richtete.
Diese hatte auch noch Zeit zum Schreien, doch bei dem tosenden Wind und den plötzlich überlasteten Sauerstoffgeneratoren verhallten diese Schreie ungehört. Das Besatzungsmitglied, mit dem Marjir diskutiert hatte, stürzte sich blindlings auf seine Konsole und hieb auf den Notfallschalter, wodurch buchstäblich jede Kom munikationsverbindung geöffnet wurde. Es wurde Alarm ausgelöst, und das Schiff versuchte die Probleme automatisch zu beheben; doch ein so kleines Schiff verfügte auch nur über entsprechend eingeschränkte Möglichkeiten.
Der Drasin tobte wie ein Berserker über das Deck und hörte erst auf, als alle tot waren. Als das Primärziel erreicht war, hielt die Soldaten-Drohne kurz inne und analysierte ihre Umgebung. Dann wandte sie sich den Instrumenten zu und leitete die zweite Phase des Plans ein.
Ranqil-System, Cerekus
Kapitän Tianne von der Cerekus empfand den aktuellen Auftrag als mehr als nur ein wenig öde. Bei den leistungsstarken Sensoren, die ihr zur Verfügung standen, war sie sich sicher, dass sich keine Drasin-Schiffe im System aufhielten. Es sei denn, sie hätten sich im Schutz des Zentralgestirns oder eines Gasriesen verborgen. Da sie auf
Weitere Kostenlose Bücher