Aus der Tiefe: Odyssey 2 (German Edition)
dass die neuen Munitionssorten weniger Narben bei überlebenden Soldaten verursachten. Ein Treffer bedeutete in der Regel den sicheren Tod. Und falls man wie durch ein Wunder doch überlebte – nun, dann versiegelten die im Anzug integrierten medizinischen Apparate mit nahem Infrarot und pharmazeutischen Präparaten normalerweise jede Wunde, die keine Amputation erforderlich machte. Im weiteren Verlauf der Behandlung verfügte die moderne Medizin dann auch über die kosmetischen Möglichkeiten, die Narben zu entfernen, die einst wie Ordenszeichen von den härtesten Frontschweinen getragen wurden.
Moderne Soldaten trainierten im Fitnessraum, und der Anzug-Drill hatte die Dreitagesmärsche ersetzt. Ein veritabler 100-Kilometer-Marsch entlockte den Leuten heute eher eine flapsige Bemerkung als ein gequältes Stöhnen. Jedes Mal, wenn Reed so einen Master Sergeant mit Milchbart sah, zuckte er zusammen; und sein erster Gedanke war, dass die Streitkräfte ganz schön auf den Hund gekommen waren, wenn sie jetzt schon Kinder anheuern mussten. Und wenn er dann sah, wie das »Kind« einen armen Rekruten zur Schnecke machte, wollte er verdammt sein, wenn er sich nicht wie ein alter Mann fühlte, der in einer ganz anderen Liga spielte.
Vielleicht war das alles auch der Grund dafür, weshalb er ein solches Faible für Commander Jehan und die Leute entwickelt hatte, die der Mann zur Ausbildung vorgeschlagen hatte. Das waren allesamt harte Männer, die ihr ganzes Leben im Freien verbracht hatten. Im Fall der Priminae lag es daran, dass sie Kolonisten in des Wortes ursprünglichster Bedeutung waren: Sie hatten einen neuen Planeten erschlossen und neue Ressourcen für ihre Leute gewonnen. Gewiss, sie waren keine richtigen Soldaten, und sie hatten nicht einmal ansatzweise das Kaliber der Special Forces, doch Reed hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, selbst schlechtere Leute als diese zu einer einsatzfähigen Kampftruppe zu schmieden.
Nero unterbrach plötzlich Reeds Gedanken: »Ich muss Ihnen etwas zeigen, Colonel.«
Er blickte auf und sah dem Commander in die Augen. »Ach ja?«
Nero nickte und deutete mit einer Hand über die Schulter.
Reed drehte sich um und sah, dass zwei Männer mit Koffern in den Händen auf sie zukamen. Sie wandten sich mit ihrer metallisch grauen Last an den Commander und legten sie auf sein Zeichen auf den Boden.
»Waffen-Prototypen«, sagte Nero, kniete sich auf einem Bein nieder und ließ den Verschluss an einem Koffer aufschnappen. »Wir wollten Sie um Ihre Meinung dazu bitten, Colonel.«
Reed nickte und sah interessiert zu. Er hatte die Priminae-Laser schon im Einsatz gesehen und sich von ihrer Leistung auch gebührend beeindruckt gezeigt. Das einzige Problem an der Sache war – aus seiner Sicht –, dass sie sich im Gefecht als wirkungslos erwiesen hatten.
Und das war zugegebenermaßen ein verdammt großes Problem.
Obwohl dies bei näherer Betrachtung keine Schwachstelle der Waffe an sich war. Die Priminae-Laser waren tödlicher als alle Kleinwaffen aus terrestrischer Produktion, und aus den Berichten von Lieutenant Savoy war auch hervorgegangen, dass sie einen Servoanzug in nur wenigen Sekunden »verbrutzeln« konnten.
Die Waffe, die Commander Jehan nun aus der Hülle zog, war etwas klobiger als die Lasergewehre, die er bisher gesehen hatte, und sie schien auch um einiges schwerer zu sein. Dabei war sie immer noch kompakter und anscheinend auch leichter als das Sturmgewehr M-112 . Das wunderte Reed jedoch nicht. Er hatte das M-112 nie gemocht. In seinen Augen war die Waffe zu unhandlich und zu schwer für einen durchschnittlichen Schützen; zumal die Abgasspur, die die Scramjet-Munition mit ihrem Überschallstaustrahlantrieb hinter sich herzog, auch die genaue Position des Schützen verriet.
Soldaten in einem Servoanzug konnten jedoch einigermaßen damit leben, sagte Reed sich. Sie vermochten sich schnell zu bewegen und fast jedem Beschuss aus kleinkalibrigen Waffen zu widerstehen, sodass das Feuer von Scharfschützen keine große Gefahr für sie darstellte. Dennoch hätte Reed sich beim Betätigen des Abzugs einer Waffe gewünscht, mehr als nur ein paar Sekunden für die Entscheidung zu haben, ob es Zeit für einen Stellungswechsel wurde oder nicht.
»Wir haben noch keine Bezeichnung dafür«, sagte Nero, richtete sich wieder auf und präsentierte Reed die Waffe, »aber sie wird höchstwahrscheinlich in dieser Ausführung an unsere Soldaten ausgegeben.«
Reed nickte und nahm die
Weitere Kostenlose Bücher