Aus Eifersucht kann Liebe werden: Die Heilung eines ungeliebten Gefühls
sagen.
Dies wurde mir besonders deutlich, als mir eine Architektin sagte: »Ich bin selbst ein wenig Schuld, ich habe meinen Partner vor einem halben Jahr regelrecht zusammengefaltet. Das hat schon meine Mutter so gemacht, es galt immer das Motto: was raus muss, muss raus. Also habe ich ihm gesagt, was mich schon in den letzten zehn Jahren gestört hat. Mein Partner war sehr unselbständig, ich fühlte mich zunehmend wie seine Betreuerin, die Ordnung in sein Leben bringt. Es lagen überall Rechnungen von ihm rum, es war ein unbeschreibliches Chaos. Und dann wollte er noch bei mir einziehen. Da reichte es mir, ich brüllte ihn an und machte ihm deutlich, dass er ein Versager ist.«
Er zog sich daraufhin zurück und ging fremd. Obgleich sie sehr gekränkt war, warb sie um ihn. Es tat ihr alles sehr leid, sie sprachen wieder miteinander, näherten sich an. Und er begann, sich wieder stärker um das eigene Leben zu kümmern. Die Architektin war erleichtert, sie hatte begriffen, dass sie viel zu spät reagiert hatte. »Ich hätte wahrscheinlich früher etwas sagen sollen. Mir fehlt die notwendige Konsequenz. Freundinnen sagten mir immer: trenne dich. Aber ich liebe diesen Kerl, ich mag ihn wirklich. Wir müssen nur schauen, dass er selbstständiger wird und ich muss lernen, dass ich mich dafür nicht verantwortlich fühle.«
Die Verständigungsarbeit
Es berührt mich immer wieder, wenn eine solche Verständigungsarbeit gelingt, wenn beide begreifen, wie sie die Krise überwinden können. Doch leicht ist dies nicht. Zunächst müssensich ja beide erarbeiten, warum der Faden der Nähe abgerissen ist. Meist ist dies ein schleichender Prozess, man streitet sich, zieht sich zurück, ist zunehmend genervt vom anderen, bis schließlich eine so starke Entfremdung besteht, dass ein Partner fremdgeht. Der Seitensprung ist also meist das Symptom einer Partnerschaftskrise. Beide Partner dürfen sich deshalb nicht nur damit beschäftigen, über den Seitensprung zu reden. Sie müssen vielmehr überlegen: Wann haben wir uns auseinandergelebt? Meist gibt es bestimmte Momente, bei denen die innere Trennung begann. Die Aussage eines Ehemanns soll dies verdeutlichen: »Du wurdest immer zurückhaltender. Wenn ich mit dir reden wollte, hast du noch gelesen, wenn ich dich berührte, warst du müde, wenn ich dir geholfen habe, hast du das nicht mehr zur Kenntnis genommen. Ich zog mich dann immer mehr zurück und ging in die innere Emigration«, sagte ein 50-jähriger Bauleiter. Er legte immer mehr Distanz ein, weil er die Partnerschaftskrise nicht lösen konnte. Seine Frau beklagte, er würde häufig zu spät nach Hause kommen, sich zu wenig um die Kinder und den Haushalt kümmern. Doch diese Klagen führten eher dazu, dass er noch mehr arbeitete. Er ließ sich nicht gern drängen und zog sich zurück. Seine Frau versuchte schließlich noch mit ihm zu reden, sie wollte seinen Rückzug aufhalten, war sich allerdings kaum darüber im Klaren, dass sie dazu selbst mehr Näheangebote machen musste. So begann eine Partnerschaftskrise, bei der beide davon überzeugt waren, dass sie im Recht waren. Und nachdem der Ehemann fremdging, hatte die Ehefrau die moralische Überlegenheit.
Es ist sehr schwierig, eine solche Krise zu überwinden. Man muss ja nicht nur Ursachenforschung betreiben und die Gründe dafür aufarbeiten. Denn dies gelingt anfänglich kaum. Jeder bringt seine Argumente vor, geht kaum auf den anderen ein, so dass sich beide blockieren. Zunächst muss also eine Bereitschaft zum Zuhören, zum Aufeinander-Zugehen entstehen. Jeder muss wieder stärker auf den anderen eingehen undseine Vorbehalte ein wenig zurückstellen. Es ist zwar wichtig, dass man über das Geschehene redet, aber noch wichtiger ist es, dass man den anderen begreift. Wir müssen mit viel Interesse lernen, ergebnisoffen zu reden. Schnelle Erfolge bringt dies nicht, aber es führt dazu, dass man sich füreinander interessiert.
Der Bauleiter machte also seiner Frau deutlich: »Du warst so bedrängend – ohne wirklich liebevoll zu sein, du hast mir keine Luft mehr gelassen, ich habe schon gespürt, dass du etwas wolltest … aber ich konnte nicht. Wenn du freundlich gewesen wärst und ein wenig Abstand hergestellt hättest, ich wäre gekommen. Aber so konnte ich nicht. Das ging mir schon als Kind so, wenn meine Mutter drängelte. Ich brachte dann bewusst den Mülleimer nicht runter. Als wäre ich trotzig, aber ich wollte nicht, dass ich nur ein Spielball von ihr
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