Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
Hoffnung, dass er sein Versprechen einhält.“
„ Und der Gedanke bedrückt dich“, stellte sie fest, als sie in sein Gesicht schaute. „Dich trifft doch keine Schuld, wenn etwas passieren sollte. Der Holzer ist doch nicht dumm. Er weiß doch sicher, welches Risiko er eingeht, wenn er deinen ärztlichen Anordnungen nicht folgt.“
„ Selbstverständlich weiß er das. Aber ich kann dem Mann auch keinen Vorwurf machen, wenn er den Arztbesuch hinausschiebt, weil ihm einfach die Zeit dafür fehlt.“
„ Für seine Gesundheit muss man sich eben Zeit nehmen“, sagte die alte Dame überzeugt.
„Normalerweise gebe ich dir ja recht, Mutti. Nur in diesem Fall sieht es leider etwas anders aus. Susanne hat keinen Urlaub mehr, um bei ihrer Tochter bleiben zu können. Melanie litt unter einer schweren Bronchitis, dafür musste sie leider ihre ganzen Ferien opfern. Es wäre also niemand mehr im Haus, der sich um das kleine Mädchen kümmern könnte, während der Mann beim Arzt ist. Du siehst doch ein, dass das ein Risiko wäre?“
„ Das geht natürlich nicht. Aber du willst mir doch nicht einreden, dass die Kleine den ganzen Tag über nur einem alten kranken Mann überlassen ist.“
„ Das will ich dir nicht einreden, es ist leider so, Mutti“, sagte er ernst. „Ich war entsetzt, als ich das hörte. So alt ist Susannes Vater aber eigentlich noch gar nicht. Ich schätze, er ist in deinem Alter. Aber der Mann ist einfach überfordert mit der Aufgabe, den ganzen Tag für seine kleine Enkelin verantwortlich zu sein. Wie mir Susanne heute erzählt hat, sind auch noch einige Tiere da, die versorgt werden müssen. Das bedeutet eine Menge zusätzliche Arbeit, wie du dir denken kannst. Aber wer ist schon freiwillig bereit, sich mit einem Kind wie Melanie abzugeben? Noch dazu für eine geringe Bezahlung. Darauf lässt sich doch niemand mehr ein.“
„ Doch, ich!“, sagte Alma Weigand resolut. „Ich möchte es zumindest einmal versuchen“, schränkte sie sofort ein. „Es könnte ja sein, dass das Kind mich ablehnt. Auf das Geld kann ich gerne verzichten. Vati hat gut für mich vorgesorgt.“
„ Das willst du wirklich tun, Mutti?“, vergewisserte er sich erleichtert, weil sein Plan aufgegangen war. „Du kannst dir nicht vorstellen, wie froh ich darüber bin.“
Das Verhalten ihres Sohnes wurde ihr immer rätselhafter. Die alte Dame begann sich zu fragen, warum er ausgerechnet am Schicksal dieser Familie ein so starkes Interesse an den Tag legte.
„Ein wenig unangenehm ist es mir allerdings schon, dass ich die Leute ohne jede Vorwarnung aufsuchen soll“, meinte sie dann nachdenklich. „Vielleicht sind sie ja gar nicht mit mir einverstanden. Es wäre bedeutend einfacher für mich, wenn du den Holzers meinen Besuch ankündigen könntest. Aber dazu reicht dir die Zeit natürlich nicht mehr.“
„ Das schaffe ich problemlos, Mutti. Mit dem Rad bin ich doch gleich da. Ich habe Susanne versprochen, dass ich noch einmal vorbeikomme, ehe ich abreise. Morgen ist Samstag, da hat sie natürlich dienstfrei. Sie wird Augen machen, wenn ich ihr sage, dass du ihr helfen willst. Natürlich sollst du dich auch nicht übernehmen, Mutti. Susanne wäre ja schon geholfen, wenn du immer wieder einmal eine Stunde oder zwei erübrigen könntest.“
„ Überlass das ruhig mir, mein Junge“, meinte seine Mutter resolut. „Bis jetzt habe ich noch nicht das Gefühl, dass ich mich besonders schonen muss. Das lasse ich mir auch von dir nicht einreden, Simon. Ich weiß genau, was ich mir zumuten darf. Nachdem du nun fest entschlossen bist, mich wieder zu verlassen, brauche ich auch eine Aufgabe. Für mich ist das Gefühl sehr wichtig, dass ich gebraucht werde. Das kleine Mädchen interessiert mich“, gestand sie nachdenklich. „Ich habe erst vor kurzem einen Bericht gelesen, in dem eine junge Mutter über ihre Erfahrungen berichtet, die sie im Umgang mit ihrem mongoloiden Kind gemacht hat. Dieser Bericht ist mir noch lange im Kopf herumgegangen, so beeindruckt hat er mich“, gestand sie.
„Ich bin sogar der Überzeugung, dass es für uns alle wichtig ist, Menschen um uns zu haben, von denen wir auch mit allen unseren Schwächen und Fehlern akzeptiert werden“, meinte Simon nachdenklich. „Bei einem Kranken ist das Bedürfnis sicher noch viel ausgeprägter. Es ist schon wahr, wenn behauptet wird, dass die Seele den Körper krank machen kann. Umgekehrt kann ich mir aber auch vorstellen, dass
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