Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
sich positive Gefühle als Gesundmacher erweisen können.“
Er musste auf einmal wieder an Janina denken. Eine ganze Woche hatte er nun schon nichts mehr von seiner Verlobten vernommen. Er sehnte sich danach, ihre Stimme zu hören. Ob er sich überwinden und sie einfach anrufen sollte? Damit vergab er sich doch nichts. Nein, in diesem Fall musste er hart bleiben, auch wenn es ihm noch so schwer fiel.
Sie ahnte, welche Gedanken ihrem Sohn gerade durch den Kopf gingen. Als ihr sein Schweigen zu lange dauerte, stand sie auf, um den Tisch abzuräumen. Wehmütig dachte sie daran, dass es ihr vorerst letztes gemeinsames Abendessen war. Sie fürchtete sich vor dem ersten Abend, an dem sie wieder ganz alleine im Haus sein würde.
„Lass mich den Tisch abräumen, Mutti“, bat Simon und sprang auf. „Die Küche kann auch ich machen. In meiner Wohnung muss ich das auch gelegentlich tun, wenn ich mir einmal selbst etwas koche.“
„ Bei mir musst du das nicht, Simon. Ich bin froh, wenn ich mich beschäftigen kann. Darum freue ich mich darauf, die kleine Melanie kennenzulernen. Ich muss wieder unter Menschen, weißt du. Nachdem du mich bald verlässt, denke ich sogar daran, einige Zimmer zu vermieten. Nicht weil ich auf das Geld angewiesen wäre“, sagte sie rasch. „Ich brauche wieder Leben um mich, um die trüben Gedanken zu verscheuchen. Was hältst du davon?“
Das fragte sich auch Simon. Er verstand die Gefühle seiner Mutter, und dennoch machte ihn der Gedanke nicht froh, dass in seinem Elternhaus wildfremde Menschen ein und aus gehen sollten. „Ich finde, du solltest dir den Gedanken noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, Mutti“, sagte er schweren Herzens. „Natürlich sehe ich ein, dass dir das Alleinsein jetzt schwerfällt. Vati hat eine Lücke hinterlassen, an die du dich erst gewöhnen musst. Du kannst dir doch auch Bekannte zu dir nach Hause einladen, die nicht gleich bei dir einziehen wollen. Solange ich noch keinen Nachfolger für die Praxis gefunden habe, solltest du die Wohnung auf jeden Fall noch freihalten. Ein voreilig getroffener Entschluss hat schon manchen gereut.“
Was störte ihren Sohn denn daran, dass sie sich Mieter ins Haus nehmen wollte? Ob er vielleicht doch mit dem Gedanken spielte, die Praxis selbst zu übernehmen? Sie nahm sich vor, in Ruhe abzuwarten. Dass der Junge in einer Zwickmühle steckte, war nicht zu übersehen.
* * *
„Welche Laus ist dir denn wieder über die Leber gelaufen, mein Kind?“, erkundigte sich ihre Mutter, als sich Janina mit einem auffallend missmutigen Gesicht zu ihr an den Frühstückstisch setzte. „Eine glückliche Braut habe ich mir bisher immer ganz anders vorgestellt. Mir fällt auch auf, dass du die letzten beiden Abende zu Hause warst. Ist etwas mit deinem Simon?“, fragte sie lauernd. „Ich habe schon eine Weile nichts mehr von ihm gehört. Zu meinem Geburtstag heute Abend wird er doch kommen?“
Janina rührte in ihrer Kaffeetasse. Sie hatte geahnt, dass ihrer Mutter nichts verborgen blieb. Es war ein Wunder, dass sie nicht schon eher etwas gemerkt hatte. „Simon ist noch in Diebach bei seiner Mutter geblieben“, erklärte sie einsilbig.
„Aber ihr seid doch in einem Auto zur Beerdigung gefahren, Janina. Wie kommt Simon denn wieder nach Stuttgart zurück? Dein Vater hat gesagt, dass sein Dienst morgen wieder beginnt.“
„ Es gibt auch noch die Eisenbahn, Mutti“, erinnerte sie die Tochter unwillig. Dass sich die Eltern über sie unterhalten hatten, passte ihr einfach nicht.
„Darauf wäre ich jetzt nicht gekommen, Janina.“ Die blonde Frau, die ihrer Tochter beinahe zum Verwechseln ähnlich sah, musste hellauf lachen. Um
nichts zu versch ütten, stellte sie ihre Kaffeetasse hastig auf den Unterteller zurück. „Da siehst du es wieder einmal ganz deutlich. Wir kommen schon gar nicht mehr auf die Idee, dass es auch noch etwas anderes gibt, als den eigenen Wagen.“
„ Du vielleicht. Ich fahre auch noch gelegentlich mit der Straßenbahn, Mutti“, antwortete Janina schnippisch.
„Was ist denn mit dir los? Du hast doch etwas? Willst du mir nicht dein Herz ausschütten, Liebling? Ich eigne mich bestimmt ganz gut als Klagemauer.“
Janina fragte sich, warum sich ihre Mutter auf einmal so besorgt gab. Sie hatte sich doch bisher nie darum gekümmert, ob ihre Tochter Kummer hatte.
„Als Klagemauer kann ich mir dich nun wirklich nicht vorstellen“, meinte sie daher
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