Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
können.“
„ Ich bin mir nicht sicher, ob das immer so stimmt, Herr Doktor“, gestand sie unter Tränen. „Manchmal passiert es mir auch, dass ich ein wenig heftiger reagiere, als es nötig wäre, wenn Melanie einmal irgendetwas absolut nicht begreifen will. Es tut mir gleich wieder leid, aber dann ist es schon zu spät. Die Kleine merkt genau, wenn ich mich einmal überfordert fühle. Sie strengt sich dann umso mehr an, damit ich mich nicht aufrege. Damit macht sie oft alles nur noch schlimmer.“
„ Beruf, Kind und ein kranker Vater sind zuviel für Sie, Susanne. Sie müssten eine Hilfe haben. Jemand, der sich um Melanie kümmert, während Sie nicht da sind. Das wäre auch für Ihren Vater sehr wichtig. Er muss die Möglichkeit haben, sich öfter hinzulegen.“
„ Das weiß ich doch alles, aber wie soll ich das ändern?“, fragte sie verbittert. „Ich bin auf mein Gehalt angewiesen, das mir die Gemeinde zahlt. Von meinem geschiedenen Mann bekomme ich nämlich leider keinen Pfennig. Er gilt als unauffindbar. Ich bin mir sicher, dass er sich ins Ausland abgesetzt hat. Selbst wenn ich für die Betreuung meiner Tochter jemanden finden würde, ich hätte gar nicht das Geld, um die Frau zu bezahlen.“
„ Ich will Ihnen nichts versprechen, was ich nicht halten kann, Susanne, aber ich werde mir Ihr Problem auf jeden Fall durch den Kopf gehen lassen. Für ein paar Stunden am Tag müsste doch jemand bereit sein, Sie ein wenig zu unterstützen, ohne dafür gleich ein großes Gehalt zu erwarten.“
„ Sie werden kein Glück haben, das kann ich Ihnen schon jetzt sagen, Herr Doktor. Außerdem haben Sie gar keine Zeit mehr, nach einer Hilfe zu suchen. Oder stimmt es vielleicht gar nicht, dass Sie morgen schon nach Stuttgart zurück müssen?“, erkundigte sie sich hoffnungsvoll.
„Ich habe meine Fahrkarte bereits in der Tasche“, sagte er bedauernd. „Mein Zug geht aber erst gegen Mittag. Bis dahin bleibt mir noch genügend Zeit, mich ein wenig umzuhören. So kann es doch nicht weitergehen, Susanne. Ich muss jemanden finden, der Ihnen hilft.“
Ihm fiel auf, wie müde und unglücklich sie war. Plötzlich tat es ihm unendlich leid, dass er schon so bald wieder weg müsste. „Ich möchte Ihr Freund sein, Susanne“, sagte er spontan. „Wir könnten doch in Verbindung bleiben, auch wenn ich nicht mehr hier bin.“
„ Und warum wollen Sie das, Herr Doktor?“, fragte sie irritiert. „Sie haben mich doch eben erst kennengelernt.“
Recht hatte sie. Simon schalt sich, dass er zu impulsiv war. Vermutete sie jetzt etwa, dass er das Gefühl hatte, irgendetwas gutmachen zu müssen? Das war doch absurd. Sie mussten beide damit fertig werden, dass sie durch diesen schrecklichen Unglücksfall einen geliebten Menschen verloren hatten.
„Muss man denn immer einen triftigen Grund dafür nennen können, um jemanden seine Freundschaft anbieten zu dürfen? Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, wenigstens einen guten Freund zu haben. Außerdem müssen Sie zugeben, dass ich schon sehr viel über Sie weiß, Susanne. Warum
sollten wir also nicht Freunde sein? F ür mich wäre es einfach eine Beruhigung zu wissen, dass Sie sich an mich wenden, wenn Sie einmal nicht weiter wissen. Von Ihrem Vater sollten Sie alle Probleme vorerst besser fernhalten, damit er sich wieder erholen kann.“
Er konnte ihren Blick nicht deuten. Sein Vorschlag war doch nur gut gemeint. Simon tat es schon wieder leid, dass er so impulsiv war, als sie ihn plötzlich anstrahlte. Es war dasselbe Lächeln, das er zuvor bei Melanie gesehen hatte.
„Ich würde mich freuen, Sie zum Freund zu haben“, sagte sie weich. „Es gibt mir das Gefühl, dass irgendwo noch jemand ist, der an meinem Leben Anteil nimmt. Aber was hätten Sie davon, Herr Doktor? Unsere Freundschaft wäre ja dann nur für mich von Nutzen.“
„ Zuerst einmal solltest du dich daran gewöhnen, dass wir uns duzen, Susanne. Ich heiße Simon“, meinte er schmunzelnd. Er freute sich unbändig darüber, dass sie einverstanden war. „Du hast schon eine seltsame Vorstellung von Freundschaft“, stellte er dann fest. „Niemand kann sagen, wann er den anderen einmal braucht. Aber darum geht es doch eigentlich gar nicht. Ich möchte für dich da sein, mich um dich kümmern dürfen, wenn du mich brauchst.“
Er sprang plötzlich auf, weil er merkte, dass ihm die Argumente ausgingen. Simon fragte sich entsetzt, warum er das Gefühl
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