Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
am Hausfundament lag ein großer, dunkler Haufen. Jetzt von den Platten zu steigen, um sich das genauer anzusehen, würde meinen nassen Hausschuhen den Rest geben. Ich schob mich an den Rand der Gehwegplatte und kniff die Augen noch fester zusammen, aber der dunkle formlose Haufen blieb ein dunkler formloser Haufen. Meine Hausschuhe mussten wohl dran glauben.
Vorsichtig, Schirm und Zeitung fest umklammernd, wagte ich den ersten Schritt ins nasse, durchgeweichte Gras.
Sekunden später ließ ich Schirm und Zeitung fallen.
Bei dem dunklen, formlosen Haufen auf meinem Rasen handelte es sich um Shelby Youngblood. Er trug einen dunklen Regenmantel mit Kapuze und lag ohnmächtig auf der Seite. Ich zog ihm die Kapuze vom Kopf und musste feststellen, dass sie voller Blut war. Jemand hatte ihm anscheinend einen Schlag auf den Hinterkopf versetzt.
Aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen verschwendete ich Zeit mit dem Versuch, den Schirm so aufzustellen, dass kein Regen auf die Wunde fiel. Gott sei Dank wurde mir schnell klar, wie bescheuert ich mich aufführte. Ich flog förmlich ins Haus, um vom Arbeitszimmer aus den Notruf zu tätigen. Nachdem ich der ruhigen Stimme am anderen Ende der Leitung erklärt hatte, was mein Problem war und von wo aus ich anrief, legte ich auf und tippte mit zitternden Fingern Angels Nummer ein. Aus irgendeinem Grund fürchtete ich, auch sie könnte verletzt sein. Aber sie antwortete ganz normal mit der verschlafenen Stimme eines Menschen, der um viertel vor fünf vom Klingeln des Telefons geweckt wird.
„Komm nach draußen, schnell!“, platzte ich heraus. „Shelby ist verletzt. Den Krankenwagen habe ich schon gerufen.“ Angel knallte den Hörer so laut auf die Gabel, dass mein Trommelfell vibrierte. Ich rannte nach draußen, Herz und Lungen im Wettstreit darum, wer schneller arbeiten konnte. Diesmal hatte ich mir aus Martins Schreibtisch eine Taschenlampe besorgt.
Draußen hatte sich der Regen natürlich ausgerechnet jetzt entschlossen, wieder mit voller Stärke loszulegen. Ich hockte mich neben Shelby. Niemand sah gut aus, wenn er im Dunkeln von einer Taschenlampe angestrahlt wurde, aber Shelbys Haut schien mir eine besonders kränkliche Farbe angenommen zu haben. Ich hielt den Regenschirm über ihn, wobei ich mich verzweifelt fragte, ob ich nicht irgendetwas für ihn tun könnte.
Na ja, ich konnte ja wenigstens nachsehen, ob er überhaupt noch lebte!
Shelby trug kein Hemd, stellte ich fest, als ich die Hand unter den Regenmantel schob auf seine Brust legte. Die bewegte sich auf und ab, Shelby atmete also noch. Wie tief, konnte ich nicht beurteilen, aber er atmete immerhin. Mehr interessierte mich im Moment auch nicht.
Ich hatte mich so sehr auf Shelby konzentriert, dass ich Angel nicht hatte kommen hören. Plötzlich kauerte sie barfuß und im Nachthemd, über das sie eines von Shelbys Hemden gezogen hatte, neben ihrem Mann. Die Haare hingen ihr in lockerem Durcheinander um das schmale Gesicht.
„Atmet er?“ Ihr Ton klang scharf.
„Ja.“
„Du hast den Notruf verständigt?“
„Ja.“
„Wann?“
„Vor fünf Minuten.“ Das war geraten, stimmte aber wahrscheinlich trotzdem. „Das Krankenhaus liegt auf dieser Seite der Stadt, sie dürften bald hier sein.“
Da tauchten auch schon weiter unten auf der Straße, die zur Stadt führte, die roten Lichter auf. Ich versuchte zu beten, aber der Regen drückte mir meine Haare an den Schädel und rann mir den Nacken hinab, und Shelby schien so kurz davor, uns zu verlassen – da schaffte ich es lediglich, den Krankenwagen im Geist zur Eile anzutreiben. Ich hoffte, in dieser kalten Frühlingsnacht würde das beste Rettungsteam Dienst tun, das Lawrenceton zu bieten hatte.
Als die zwei Sanitäter Shelby schließlich hinten in ihren Krankenwagen luden, hatte ich einen Geistesblitz. Ich stürmte ins Haus, riss die Schranktür auf und zerrte Martins gefütterten Regenmantel heraus. Angel wollte gerade in den Krankenwagen steigen, als ich damit die Verandatreppe hinunter geschossen kam. Ich rief ihr zu, sie solle noch eine Sekunde warten. Das passte ihr nicht, ich konnte den Ärger auf ihrem Gesicht deutlich sehen, aber letztendlich war ihr schon klar, dass sie viel zu kalt angezogen war. Also wartete sie, bis ich ihr hastig den Mantel über die nassen Arme und das Nachthemd gestreift hatte.
Der Krankenwagen verschwand mit heulenden Sirenen. Endlich durfte ich wieder ins Haus gehen. Ich war bis auf die Knochen durchgeweicht und fror
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