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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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essen, aber nur, um am nächsten Tag stark genug zu sein, um weiterzugehen. Wir hatten schließlich ein ganzes Land zu durchqueren.
    Ich sah kurz nach, ob North mich auch nicht beobachtete, schob mir eine Gabel voll Gemüse in den Mund und hörte nicht mehr auf zu essen, bis mein Teller vollkommen leer war. Und selbst dann war ich noch nicht satt.
     

     
    Nach vier Krügen Bier oder zumindest nach den vieren, die ich gesehen hatte, fiel North vornüber auf den Tisch.
    »Syyyyd«, jammerte er. Ich drehte angewidert den Kopf
zur Seite und mir war, als läge ein schwerer Stein in meinem Magen. Einige Zeit später war der Mann mit dem ausgeblichenen Mantel immer noch da. Ungeduldig rutschte ich auf meinem Stuhl herum und versuchte seinen Blicken auszuweichen.
    Auch einige Stunden später war das Gasthaus noch voller Leben und Lieder, die eher laut als schön vorgetragen wurden. Das machte meine Kopfschmerzen nicht unbedingt besser. Und North? Der war mitten im Gedränge und sang am lautesten von allen. Seine tiefe melodische Stimme klang heiser, als er sich wieder auf seinen Stuhl fallen ließ. Jemand hatte ihm einen Krug Bier bestellt, den ich ihm unverzüglich vor die Füße kippte.
    Es war wie eine Verwandlung vom Mann zum Tier. Auf Norths unrasiertem Gesicht, das mit seinem schiefen Lächeln normalerweise eine ungezwungene Leichtigkeit ausstrahlte, lag jetzt ein verkniffener Ausdruck. Die dunklen Augen, die sonst immer einen gütigen und intelligenten Eindruck auf mich gemacht hatten, waren glasig und rot unterlaufen. Das Lachen, das seine Wangen hatte rot werden lassen, kam mir laut und unnatürlich vor.
    »Syd, Syd, Syd«, sagte er und schüttelte den Kopf.
    »Was?«, fragte ich schwach. »Können wir jetzt endlich in unsere Zimmer gehen?«
    »Unsere Zimmer!« Er lachte. »Wie kommst du auf die Idee, ich hätte mehr als eins gemietet? Ich habe schließlich keinen Goldesel im Keller.«
    Entsetzt schnappte ich nach Luft. »Aber das ist vollkommen unmöglich. Es… Das… Das gehört sich einfach nicht, aber von solchen Dingen hast du anscheinend keine Ahnung. Du würdest Moral nicht einmal erkennen, wenn sie dir ins Gesicht springt.«

    North lehnte sich zurück und flüsterte dem Mann hinter ihm verschwörerisch etwas zu. »Es gehört sich nicht, sagt sie. Nach allem, was wir zusammen durchgemacht haben.«
    Der fremde Mann schüttelte den Kopf, als wüsste er über unsere Geschichte genauestens Bescheid. »Da hast du dir ja einen ziemlich kalten Fisch geangelt, mein Freund«, bemerkte er, und die anderen Männer und Frauen an seinem Tisch lachten.
    North lehnte sich wieder zu mir herüber, wobei sein Stuhl fast auf meinem Fuß gelandet wäre. Er beugte sich, fiel schon fast, über den Tisch und griff nach meinen Händen. Schleunigst zog ich sie zurück. Die Röte stieg mir ins Gesicht, ganz egal wie oft ich tief durchatmete. In meinem Kopf konnte ich die Stimme meines Vaters hören, die mich an ein altes Sprichwort erinnerte. Vergebung ist die schwerste Tugend. Nur durch sie können wir uns von dem zerstörerischen Zorn befreien, der unsere Seele ins Unglück stürzt.
    Es war die schwerste Tugend. Zu schwer für mich.
    »Gib mir den Schlüssel«, verlangte ich. »Ich gehe allein nach oben.« Ich wollte mich einfach nur an den Webrahmen setzen und seine beruhigende Wirkung genießen. North durchsuchte seine Taschen nach dem Schlüssel und machte ein großes Trara, bevor er ihn mir feierlich überreichte. Ich umschloss ihn mit den Fingern und fragte mich, ob ich ihn wohl aussperren konnte.
    »Wenn du möchtest, teilen wir uns …« North hörte mitten im Satz auf.
    Ich stieß meinen Stuhl zur Seite und drängte mich durch die Menge auf die Treppe zu.
    »Syd!«, rief er mir nach, und um uns wurde es ruhig. »Syd, ich hätte dir auch das Bett überlassen!«
    Die Frau rechts von mir musste so sehr lachen, dass ihr fast
die Tränen in den Bierkrug liefen. Ich stieß gegen einen Mann und hätte ihn beinahe zu Boden geworfen. Da konnte ich mich nicht mehr beherrschen.
    »Hoffentlich erstickst du an deiner eigenen Zunge, du jämmerlicher Abklatsch von einem Mann!«
    »Zauberer«, verbesserte er mich schwach. »Ich… bin… ein Zauberer.«
    »Ein schöner Zauberer bist du!« Ich funkelte ihn böse an. »Wie wäre es, wenn du etwas von deiner Magie dazu benutzt, um wieder nüchtern zu werden? Und hör auf, mich Syd zu nennen!«
    Wütend stürmte ich die Treppe hinauf. Ich wollte nur noch die Tür hinter mir zuschlagen und

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