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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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und ballte die Fäuste. »Das hast du.«
    Lady Aphra kam einen Schritt auf uns zu. »Ich bin froh, dass dich mein Brief erreicht hat.«
    Sein Gesicht verdüsterte sich. »Ich bin so schnell gekommen, wie ich nur konnte.«
    »Das glaube ich dir«, sagte sie. »Die letzten Nächte hat der Wolf keine Unruhe gestiftet. Wir hoffen, dass er weitergezogen ist.«
    »Das ist zu bezweifeln«, sagte North. »Es handelt sich um einen
Zauberer, der ein Schattenwesen erschaffen hat, da bin ich mir ganz sicher. Diese List hat er früher schon benutzt, meistens allerdings, wenn er daraus Profit schlagen wollte. Er versetzt Familien damit in Angst und Schrecken und greift dann ein, um den Helden zu spielen und gleichzeitig ein paar Münzen dabei herauszuschlagen.«
    »Aber warum würde er hierherkommen?«, fragte Lady Aphra. »Wir haben nicht viel Geld.«
    »Er ist unseretwegen, meinetwegen, hier.« North blickte finster drein. »Als wir von Dellark aus gesprungen sind, hat er unsere Spur verloren. Er konnte mich nur aus meinem Versteck locken, indem er euch bedroht hat. Es ist alles meine Schuld, und das tut mir sehr leid.«
    »Nun«, sagte Lady Aphra und sah mich zum ersten Mal an. »Dann werdet ihr das wieder in Ordnung bringen.«
     

     
    Lady Aphra wies uns Norths ehemaliges Zimmer in ihrem Cottage zu, und darin schliefen wir auf mit Heu gefüllten Decken. Dass ich immer wieder aufwachte, lag weniger an der Zimmerverteilung oder unseren Lagern als an der kalten Luft, die durch den Boden aufstieg und durch die kleinen Fenster hereinkroch. Die Finger unter meinen Armen eingeklemmt und fest zusammengerollt, driftete ich immer wieder in die Dunkelheit ab.
    Von Dorwan war die ganze Nacht nichts zu entdecken. Stattdessen träumte ich wieder von den bunten Fäden aus Licht. Sie umschlangen mich noch immer, hatten sich aber genug gelockert, sodass ich meine Hände befreien und die Arme anheben konnte. Meine Finger griffen danach, erfassten einige der warmen Stränge und zogen sie aus dem Boden. Die losen Enden flatterten über mir in der Luft, und als sie sich berührten,
sprang ein Funke über. Sie verwoben sich miteinander, als würden sie von unsichtbaren Händen geleitet.
    Mit einem Gefühl von kaltem Schrecken in der Brust setzte ich mich auf. Meine Haut kribbelte noch in Erinnerung an die Wärme aus meinem Traum. Vor meinen Augen tanzten jedoch schwarze Punkte, und ich brauchte mehrere Minuten, bis ich mich an das dämmrige Morgenlicht gewöhnt hatte. Das Gesicht in die Hände gestützt, atmete ich die kühle Morgenluft ein. In der anderen Zimmerecke schnarchte North.
    Die Teile meines Webrahmens lehnten an der Wand. Mit Norths mehrfarbigem Umhang hatte ich noch nicht begonnen. Durch unser vieles Herumreisen hatte sich die Gelegenheit einfach nicht geboten. Nun, in den stillen Stunden, bevor die anderen aufwachen würden, nahm ich die Einzelteile und fügte sie wieder zu einem Ganzen zusammen.
    Zu entscheiden, womit ich beginnen sollte, fiel mir am schwersten. Ich wollte, dass sich die Farben am Rand abwechselten und so die Motive im Inneren einrahmten. Aber würde er es abwegig finden, wenn ich mit Gelbtönen, also mit Sand, begann?
    Seltsamerweise verfiel ich fast augenblicklich wieder in meinen alten Rhythmus. Die Farben gingen fließend ineinander über, und meine Finger arbeiteten rasch. Wie so oft versetzten mich Phantasie und Farben in einen Zustand der Benommenheit. Als ich schließlich bei den in gelb und braun gehaltenen Bergen von Cliffton angekommen war, hatte die andere Welt, die ich erschuf, meine Gedanken völlig gefangen genommen.
    Ein leichter Windstoß brachte die Fensterläden zum Klappern. Die Luft fuhr pfeifend durch eine Spalte in der Wand und durch die Blätter eines Baumes. Alles schien miteinander im Einklang zu sein: mein Atem mit dem Wind, meine Finger
mit den Zweigen. Mr. Monticellis Worte fielen mir wieder ein. Ruhige Hände, nie den Blick vom Kunstwerk abwenden, nie das Herz vom Kunstwerk abwenden.
    Ich machte einen Knoten, nahm einen anderen Gelbton und fing eine neue Reihe an. Ruhig arbeitete ich weiter, bis ich eine Hand auf meiner Schulter spürte und der Bann, in den mich mein Webrahmen gezogen hatte, gebrochen wurde.
    North beugte sich vor, um meine Arbeit zu begutachten, ließ die Hand aber auf meiner Schulter liegen.
    »Warum bist du schon auf?«, fragte er leise.
    »Ich konnte nicht schlafen.«
    »Warum nicht?«, wollte er wissen. »War dein Bett zu unbequem? Ich habe doch gesagt, du sollst

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