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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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ganz vorsichtig«, murmelte er und zog ein dunkelrotes Taschentuch aus seinem Beutel. Es war mit seinen Initialen und dem Wappen Palmartas bestickt. Er presste es auf die Wunde und ließ erst wieder los, als sie aufgehört hatte zu bluten.
    »Ich werde es waschen«, versprach ich, doch er steckte es wieder in die Tasche, bevor ich es an mich nehmen konnte.
    »Das ist nicht nötig«, sagte er und senkte den Blick.
    »Ich weiß, es ist kaum zu glauben, aber früher musste ich auch selbst waschen.«
    Wir gingen die ganze Reihe von Cottages entlang. An jeder Türschwelle hielten wir an, gruben ein Loch und legten ein Stück Papier hinein. Als wir beim vierten Haus angekommen waren, fiel mir auf, dass North kaum hörbar vor sich hinmurmelte. Es klang fast wie ein Gebet. Ich sprach mein eigenes und rieb mit den Fingern dabei über das kalte Metall meiner Kette.
    Nachdem wir alle zehn Häuser besucht hatten, ließen North und ich uns auf halbem Wege zurück zu Lady Aphra am Hang des Hügels nieder.
    »Ich wusste nicht einmal, dass es dieses Dorf überhaupt gibt«, sagte ich. North saß rücklings auf seine Ellbogen gestützt und hatte die Augen geschlossen.

    »Das überrascht mich nicht«, sagte er. »Lady Aphra gehört das gesamte Tal. Sie hat das Land noch persönlich vom König gekauft.«
    »Wie hast du sie kennengelernt?«, fragte ich. »Sie ist eine ungewöhnliche Wahl, als Dienstherrin.«
    »Warum, weil sie nicht reich ist?«, fragte North mit einem spöttischen Lächeln.
    »Nein, ich dachte nur … ich hätte sie mir jünger vorgestellt. Und schöner«, sagte ich.
    North musste lachen. »Ich helfe also nur schönen Menschen? Da schmeichelst du dir aber selbst.«
    »Du hilfst mir doch gar nicht«, gab ich zurück. »Ich helfe wohl eher dir.«
    »Ja, aber natürlich«, sagte North.
    »Gut«, sagte ich zufrieden. »Und jetzt beantworte meine Frage!«
    »Ganz schön neugierig«, stichelte er, während er mit einer meiner Locken spielte. »Meister Pascal und Lady Aphra sind schon sehr lange … befreundet . Er hat Oliver und mich oft hierhergebracht, um beim Bauen der Häuser zu helfen. Nachdem ich meinen Meister verlassen hatte, bin ich geblieben und habe Lady Aphra meine Dienste angeboten.«
    »Ich dachte immer, Zauberer bräuchten einen Dienstherrn, um Geld zu verdienen«, sagte ich. »Hattest du mehr als einen? «
    »Nein«, sagte er. »Ein paar von uns nehmen hier und da Aufträge an, um über die Runden zu kommen. Entweder man sucht sich seinen Dienstherrn aus, weil man ihn mag oder weil man auf Geld aus ist. Ich habe mich für Ersteres entschieden. «
    In diesem Augenblick kam eine kleine Gestalt aus dem Schulgebäude und läutete viermal eine große Glocke. Der
Klang wurde von den Bergwänden zurückgeworfen und war im ganzen Tal zu hören. North und ich sahen zu, wie sich eine Tür nach der anderen öffnete und Scharen von Kindern herauskamen, jede von einem Erwachsenen gefolgt. Ich zählte insgesamt vierunddreißig. Ordentlich stellten sie sich in einer Reihe vor dem Schulgebäude auf.
    »Guten Morgen«, sagte hinter uns eine Stimme. Wir drehten uns um und sahen Lady Aphra, die den Pfad zu uns herunterkam. Trotz ihres abgetragenen blauen Kleides schien sie zu strahlen. Eine schöne Spange hielt ihre Haare zusammen, ein paar Strähnen hatten sich jedoch schon gelöst. Ihre ganze Art stimmte mit dem Bild überein, das North von ihr gezeichnet hatte. Als sie die Schule erreicht hatte, waren die Kinder nicht mehr zu halten und umschwärmten die alte Dame.
    »Sie ist eine ausgezeichnete Lehrerin«, sagte North. Er lag auf dem Rücken und war im hohen Gras fast nicht mehr zu sehen. Seine Augen waren geschlossen, und die Hände mit den gewohnten Handschuhen lagen ruhig auf seiner Brust. Das Lächeln auf seinem Gesicht war mindestens so zufrieden wie meins. So hatte ich ihn noch nie gesehen, und der Anblick war so wohltuend, dass ich die Kälte kaum noch bemerkte.
    Ich legte mich neben ihn ins feuchte Gras und genoss den Tau und die wärmende Sonne. Ein leichter Wind strich mir über Haare und Wangen. Trotz der Gefahr, die von Dorwan ausging, und meiner von der langen Reise müden Füße konnte ich nicht anders: Ich war glücklich.
     

     
    Als ich einige Stunden später gerade mit dem ersten Viertel von Norths Umhang fertig war, kam ein kleiner Junge mit zwei Briefen den Berg hinauf. North war in der Schule, um ein paar der älteren Kinder nach dem Wolf zu fragen, deshalb
gab der Junge mir die Briefe. Man hatte sie

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