Aus Licht gewoben
das Wort an die Zauberer zu richten«, erläuterte Owain. »Es ist ihre erste Amtshandlung nach der Trauerzeit für den König. Die Leute sind gespannt darauf, sie zu sehen.«
Ein fremder Mann nahm North beim Arm. »Solche unwichtigen Sachen lassen wir jetzt beiseite, und du erzählst mir alles ganz genau. Ist das, was Owain uns erzählt hat, wahr? Ein Zauberer hat den König vergiftet?«
»Ja«, bestätigte North. Einige der Umstehenden stöhnten auf und begannen zu tuscheln. »Aber das ändert auch nichts. Ich habe versucht, Oliver und die Königliche Hofzauberin darüber zu informieren, und sie haben mich nur ausgelacht.«
»Warum denn das, in allen sieben Höllen?«, wollte der andere Zauberer wissen.
»Sie haben diesen Krieg von Anfang an gewollt, um der Königin die Macht zu entreißen«, sagte North, die Arme abwehrend vor der Brust verschränkt.
»Ich weiß nicht mehr, wer schlimmer ist«, sagte jemand, »unsere Regierung oder die von Auster.«
»Die Königliche Hofzauberin nutzt die jetzige Lage schamlos aus«, sagte North. »Die der Königin und des gesamten Volkes.«
»Ich habe mich schon gefragt, ob es nur Zufall ist, dass sie ausgerechnet dieses Jahr versuchen wollen, unser Land einzunehmen«, merkte der erste Zauberer an.
»Was meinen Sie damit?«, fragte ich.
»Diejenigen, die Salvala als ihre Göttin anbeten, glauben, dass dies das Jahr ist, in dem sie zu ihnen zurückkehren wird«, erklärte North mir. »Genau wie Hecate habe ich ihre Schriften studiert. Wenn ›alle Stämme zu einem werden, um die Ungläubigen zu vernichten‹, wird ihnen angeblich eine ›mächtige Waffe‹ gegeben, mit der sie die Welt von Astraea zurückerobern werden. Auster verlässt sich in diesem Streit auf die Hilfe seiner Göttin.«
Überrascht und fasziniert drehte ich mich zu ihm um. »Steht das wirklich so geschrieben?«
Warum muss es nur immer so weit kommen? , fragte ich mich. Ein ums andere Mal waren die Meinungsverschiedenheiten der göttlichen Schwestern auf dem Schlachtfeld ausgefochten worden, und meist wäre es vermeidbar gewesen. Hätten die Göttinnen das wirklich so gewollt? Hätten sie ihre Rivalität auch aufrechterhalten, wenn sie gewusst hätten, wie lange die Auswirkungen zu spüren sein würden?
North öffnete den Mund, wurde aber prompt von drei lauten
Schlägen gegen das Tor unterbrochen. Die Scharniere knarrten laut, als es geöffnet wurde. Sofort senkte sich Stille über die Menge. Vor der kunstvoll verzierten weißen Kutsche kamen vier Wachen hereingeritten, und vier folgten ihr. Vor der Treppe blieben sie stehen. Plötzlich waren Oliver und die Königliche Hofzauberin da und überquerten den Hof, um die zurückgekehrte Königin zu begrüßen.
Zwei Diener erschienen und verkündeten: »Ihre Majestät, Königin Eglantine.«
Ich hatte das Gefühl, mein Herz könne mir jeden Augenblick aus der Brust springen, so aufgeregt war ich. Auf Zehenspitzen und nach vorne gelehnt versuchte ich, einen besseren Blick auf die Königin zu bekommen. North hielt mir den Arm hin, damit ich nicht fiel.
Ein steif aussehender Mann kam die Treppe herab, und die Königliche Hofzauberin ging auf ihn zu, um ihn zu begrüßen. Er war hager und nicht mehr ganz jung, mit einem Gesichtsausdruck, der genauso spitz war wie seine Nase.
»Das ist Pompey, einer der menschlichen Berater der Königin«, flüsterte Owain mir zu. »Er ist der Palastvorsteher.«
Oliver öffnete die Kutschentür und bot der Königin seinen Arm an.
Alle Mädchen träumen irgendwann in ihrem Leben davon, eine Prinzessin zu sein, aber nur wenige haben das Selbstvertrauen und die Anmut, die dafür notwendig sind. Königin Eglantine schien nicht im Geringsten vom Gewicht ihres diamantenbesetzten Kleides beeindruckt zu sein. Vielmehr schien es, als berührten ihre Füße kaum den Boden, als sie an der Menge vorbeischritt. Den Kopf hielt sie hoch erhoben, und ihr goldseidenes Haar, so hell, dass es fast schon weiß erschien, fiel ihr in glänzenden Locken den Rücken hinab.
Sie sah kein einziges Mal zu uns herüber. Auch als Oliver
sich zu ihr hinüberbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte, blieb ihr Blick zu Boden gerichtet. Der Zauberer machte einen selbstzufriedenen Eindruck, als er, die Königin an seinem Arm, vorbeiging.
Am Fuße der Treppe drehte sie sich um, als wolle sie das Wort an die vor ihr versammelte Menge richten. Stattdessen nahm die Königliche Hofzauberin sie am anderen Arm. Sie unterhielten sich mit gesenkten Stimmen,
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