Aus Licht gewoben
nicht verdient. Es handelte sich eher um einen Raum voller geschäftiger Frauen, die wuschen, färbten und nähten. Er war überfüllt und feucht, und jede der Arbeiterinnen war rot im Gesicht und schwitzte. An der Tür begrüßte uns eine Frau mit schweren dunklen Haaren und einem strengen Gesicht. Ihre Schürze und Hände waren mit der Landesfarbe, Purpur, befleckt.
»Eine neue Arbeiterin?«
»Nur eine Besucherin«, erklärte Pompey. »Sie werden sich doch benehmen, oder? Ich komme später wieder, um Sie zu Ihrem Zimmer zu bringen.«
Die Hände in die Hüften gestemmt, betrachtete mich die Frau. »Nicht viele würden auf einer Schlossbesichtigung die Waschräume sehen wollen.«
»Eigentlich wollte ich die Webstube sehen«, sagte ich und sah mich um.
Sofort nahm ihr Gesicht einen freundlicheren Ausdruck an. »Früher haben wir viel an den großen Webrahmen gearbeitet, aber dann hat der König angefangen, Wandbehänge und Stoffe aus dem Ausland zu importieren.«
»Das ist ja schrecklich«, sagte ich.
»Sind Sie Weberin, Miss?«
»Sydelle«, sagte ich. »Und ja, schon seit ich ein kleines Mädchen war.«
»Ich heiße Serena«, stellte sie sich vor. »Wenn Sie versprechen, es für sich zu behalten, zeige ich Ihnen, wo wir einige der Webrahmen versteckt haben. Es wäre eine Schande gewesen, sie einfach auf den Müll zu werfen.«
In einer Ecke des Raumes gab es einen Wandschrank, in dem sich, übereinandergestapelt, zwei Webrahmen befanden. Sie waren meinem alten Webrahmen sehr ähnlich, aber viel größer und vor allem schöner.
»Dürfte ich einen davon ausleihen?«, fragte ich. »Ich lasse ihn hier unten und verspreche, es niemandem zu erzählen. Ich muss unbedingt etwas fertig weben.«
Serena sah verwirrt aus, half mir aber, den Umhang auf den Rahmen zu spannen und alles richtig einzustellen.
Als wir fertig waren, betrachtete sie ihn und rief auch die anderen Frauen dazu.
»Das ist eine ausgezeichnete Arbeit. Als du mir erzählt hast, wie oft du ihn schon vom Webrahmen genommen hast, habe ich gedacht, er wäre in schlechterem Zustand.« Serena sah sich die Schuppen des Drachens genauer an. »Ist er für jemand Bestimmten gedacht?«
»Ja«, antwortete ich. »Und er hätte schon längst fertig sein sollen.«
»Er muss dir viel bedeuten, wenn du etwas so Schönes für ihn webst.« Sie sah mich wissend an.
»Nun ja«, sagte ich und versuchte, die Röte davon abzuhalten, mein Gesicht zu erreichen. »Er hat es verdient.«
Dann gingen sie wieder an die Arbeit und ließen mich allein. Ich arbeitete eine Stunde an dem Umhang und fügte die Hügel von Arcadia in die Landschaft ein, an der ich arbeitete. Es war beruhigend zu weben, aber ich hatte auch Zeit, über alles nachzudenken, was am Tag zuvor passiert war, und mich zu fragen, was die Königliche Hofzauberin wohl mit uns vorhatte. North war so wütend gewesen, sogar gewalttätig, und das machte mir ganz besondere Sorgen. Mein Problem mit Henry war nichts, verglichen mit den anderen Problemen, mit denen wir konfrontiert waren. Ich würde mich später auf die Suche nach ihm machen, doch zuerst musste ich North finden.
Ohne Pompeys Rückkehr abzuwarten, verabschiedete ich mich von den Frauen und versprach, am nächsten Tag wiederzukommen. Dann warf ich noch einen letzten Blick auf den Umhang und trat in die angenehm kühle, feuchte Luft der Palastflure hinaus. In der abendlichen Dunkelheit sah jeder Flur und jede Treppe für mich gleich aus, und obwohl es länger dauerte als gehofft, schaffte ich es tatsächlich irgendwann in den Ostflügel des Schlosses, wo Norths Zimmer lag.
Als ich mich gerade auf der letzten ausgetretenen Treppe befand, drangen erhobene Stimmen zu mir herab.
»… unverantwortlich!« Oliver, die Königliche Hofzauberin und North standen ein Stück weiter den Gang hinab. Ich blieb, wo ich war, und lauschte.
»Schluss damit, Wayland! Augenblicklich!«, sagte Oliver warnend. »Das grenzt ja an Hochverrat!«
»Wir gehen besser hinein«, sagte Hecate. »Diese Unterhaltung ist nun wirklich nicht für die vielen Ohren des Palastes bestimmt.«
»Als ob das …« Mit einem Quietschen wurde die Tür zu Norths Zimmer geöffnet und wieder zugezogen. Die Stimmen verstummten. Ich folgte ihnen den Gang entlang und versuchte angestrengt, irgendetwas zu hören.
Das Ohr an die dicke Holztür gepresst, stand ich da und lauschte.
»… wollt ihr tun, wenn die Stadt zerstört ist?« Das war North.
»Wenn wir Auster im Serpentinenkanal
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