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Aus Licht gewoben

Aus Licht gewoben

Titel: Aus Licht gewoben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Bracken
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sollte. Mir war nicht bewusst gewesen, wie sehr ich mich an den harten Boden gewöhnt hatte, bis mein Kopf auf einem Kissen lag.
     

     
    North verschwand den ganzen nächsten Tag über. Er musste Owain suchen, seine Mutter wollte mit ihm sprechen. Er hatte tausend Ausreden, warum ich nicht bei ihm bleiben konnte. Schon beim Frühstück verabschiedete er sich und ließ mich in Gesellschaft des unausstehlichen Pompey zurück, meinem neuen Aufpasser und Fremdenführer. In gewisser Weise war es eine Erleichterung, denn ich war mir nicht sicher, ob ich Henry oder North sehen wollte, solange ich mir nicht über meine Gefühle im Klaren war.
    »Und hier «, erklärte Pompey, während er dramatische Gesten mit den Händen vollführte, »diese Decke stammt aus den letzten Tagen des Goldenen Zeitalters. Wissen Sie, woran man das erkennen kann, Miss Mirabil?«
    »Daran, dass sie aus Gold ist?«, gab ich trocken zurück und spielte am Riemen meiner Tasche. Ich hatte sie mitgenommen, in der Hoffnung, einen Webrahmen zu finden, mit dem ich Norths Umhang fertigstellen konnte, doch Pompey hatte andere Pläne.
    »Ausgezeichnet!«, rief er begeistert. »Möchten Sie sich jetzt gerne die Waffenkammer ansehen?«
    »Nun ja«, antwortete ich. Mir war ein Gedanke gekommen. »Würden Sie mir vielleicht den Saal mit den Wandbehängen zeigen?«
    Pompey warf mir einen skeptischen Blick zu. »Weshalb um alles in der Welt sollte man sich den ansehen?«

    »Tun Sie mir den Gefallen«, bat ich genervt. Wieder sah er mich fragend an. Er hatte den Befehl, mich zu überwachen, nicht mich bei Laune zu halten. Doch die Gelegenheit, noch einen unendlich langweiligen Geschichtsvortrag halten zu können, wollte er sich offensichtlich nicht entgehen lassen. Er nahm meinen Arm, und wir setzten unseren Weg fort, einen weiteren langen Gang entlang. Neben seiner tadellosen Uniform schämte ich mich meines einfachen braunen Kleides fast ein bisschen.
    Die Tür war verschlossen, und Pompey brauchte mehrere Minuten, bis er an seinem enormen Schlüsselbund den richtigen Schlüssel gefunden hatte. Und dann stellte sich das Schloss als widerspenstig heraus, und der rostige Schlüssel ließ sich kaum drehen. Nur gemeinsam bekamen wir die Tür schließlich auf und wurden für unsere Mühen mit einer Staubexplosion belohnt.
    »Der Saal«, hustete Pompey, »ist in den vergangenen Jahren kaum besucht worden.«
    Mir stieg der Geruch von Schimmel in die Nase. Das war, wenn es um Stoffe ging, niemals ein gutes Zeichen, und ich runzelte die Stirn. Der Raum war fast völlig schwarz, sowohl vom Schmutz als auch, weil es kein Licht gab. Pompey tastete sich durch die Dunkelheit und öffnete die Vorhänge an den Fenstern, einen nach dem anderen.
    Jeder neue Lichtstrahl fiel auf die gegenüberliegende Wand und beleuchtete ein neues Motiv, ein neues Ereignis der Geschichte, mit Garn für alle Zeiten festgehalten. Es gab Schlachten und Krönungen, Zauberer und Könige. Der vorderste Wandbehang zeigte Astraea dabei, wie sie den Boden der Landeshauptstadt segnete. Die roten und goldenen Fäden, aus denen ihr Haar bestand, waren mit Staub überzogen. Meine Finger griffen wie von selbst nach meinen eigenen Haaren.

    »Das hätten wir!«, sagte Pompey. »Es müsste nur ein wenig saubergemacht werden.«
    Sanft berührte ich eine verblasste Landschaft. Die Wandbehänge waren viele Jahre vernachlässigt worden, und einige Gesichter waren von Motten und Feuchtigkeit zerfressen. »Gehen Sie vorsichtig mit ihnen um«, warnte ich. »Sie sind sehr alt und können leicht kaputtgehen.«
    Pompey machte eine abschätzige Handbewegung. »Dann geben wir eben neue in Auftrag.«
    Ich fuhr herum. »Aber sie sind ein Teil unserer Geschichte! Sie stammen noch von den Meisterwebern dieses Königreichs! «
    »Nun ja.« Er steckte einen Finger durch eines der Löcher. »Dafür haben sie sich nun wirklich nicht besonders gut gehalten. Und außerdem …«
    Die Nachmittagsglocke erklang und verschluckte den Rest seiner Worte. Er zog seine goldene Taschenuhr hervor.
    »Du meine Güte, es ist schon Teezeit!« Er ging zur Tür.
    »Würden Sie mir noch die Webstube zeigen?«, fragte ich.
    Pompey zögerte. Ich war mir sicher, dass er sehr viel wichtigere Dinge zu erledigen hatte, als sich mit einem lästigen Niemand wie mir herumzuschlagen.
    »Na schön, dann aber schnell.«
    Ich nickte, und er führte mich durch die langsam dunkler werdenden Gänge des Schlosses.
    Die Webstube hatte diesen Namen eigentlich gar

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