Aus Nebel geboren
vormachen, du wärst nicht genau wie alle anderen? Du bringst mich hierher, weil ich dir den Rubin geben soll. Nur, was habe ich davon, Julien? Du machst dir Gedanken um meinen Blick? Das ist lächerlich, Süßer. Seit Jahren ist er leer, genau wie mein Magen und meine Taschen.“
Sie fasste nach dem Handtuch, um es zu lösen. Wollte sehen, ob er auch dann noch so gleichgültig war, wenn er sah, was sie ihm zu bieten hatte, aber Julien kam ihr zuvor. Er zog sie an sich, sodass ihre Hände zwischen ihren Körpern eingeklemmt waren, und das Handtuch nicht rutschen konnte.
„Ich habe dich hierhergebracht, um dich zu schützen, Fay. Und das werde ich tun. Dann wirst du mir den Stein zurückgeben, und ich sorge dafür, dass dir keiner meiner Feinde mehr zu nahe kommt. Aber ich bin nicht an deinen Reizen interessiert!“
Das war so demütigend. Fay fühlte sich mieser, als in der Gewalt des Wanderers. Sie drängte die Tränen zurück.
„Du lügst! Dein Schwanz ist steinhart, also sind dir meine Reize wohl doch nicht egal!“
Sie spürte, wie er zurückwich, aber es sich anders überlegte, als ihr Handtuch zu rutschen begann. Schnell zog er sie wieder an sich.
„Du bist eine sehr schöne Frau, Fay. Ich müsste blind sein, um nicht auf dich zu reagieren, besonders da du so …“
Er sah zwischen ihnen hinab, und die milchweißen Hügel ihrer Brüste pressten sich an seine Haut. Das Handtuch verdeckte kaum noch etwas.
„… so wenig trägst. Aber ich verwehre mir schon sehr viel länger Dinge, die ich sehr viel mehr begehre als den Blick auf eine nackte Frau. Mich zurückzunehmen, liegt in meiner Natur, Fay. Ich denke mit meinem Kopf, nicht mit meinem Schwanz.“
„Und was genau denkt dein Kopf, wenn du mich ansiehst?“, verlangte Fay trotzig zu wissen und riss sich los. Sie trat einen Schritt zurück, und das Handtuch sank zu Boden.
Julien sah ihr aber nur in die Augen.
„Ich denke, dass du keinen weiteren Mann brauchst, der sich an deinem Anblick ergötzt. Du brauchst vielmehr jemanden, der dir zeigt, dass du es wert bist, mit Respekt behandelt zu werden.“
Damit reichte er ihr das Shirt, und diesmal nahm sie es und bedeckte damit ihre Nacktheit.
Lamar pfiff ein altes Soldatenlied durch die Zähne, als er hinunter in die Halle ging. Juliens Reaktion auf seine Späße in Bezug auf die Rothaarige amüsierte ihn.
Sie alle waren seit unzähligen Jahrhunderten Freunde. Sie konnten beinahe gegenseitig ihre Gedanken lesen und wussten jede Regung und jeden Ausdruck in den Gesichtern der anderen zu deuten. Und wenn er gerade eines in Juliens Augen gesehen hatte, dann, dass er scharf auf sie war. Dabei verurteilte Julien doch allzu oft seine Männer, weil sie sich nicht dieselbe Zurückhaltung auferlegten wie er selbst.
Arjen, Cruz und Louis standen über eine alte Landkarte von Paris gebeugt und verglichen diese mit einer aktuellen Karte auf dem Laptop vor sich. Sie wirkten angespannt, hoben aber fragend den Kopf, als sie Lamars gute Laune bemerkten.
„Was ist los?“, fragte Cruz sichtlich überrascht. „Dafür, dass wir einen Bruder verloren haben, bist du ja wirklich gut gelaunt.“
Lamar trat zu ihnen an den Tisch und warf einen kurzen Blick auf die Karte.
„Wir alle haben Gabriel geliebt. Nur werdet ihr nicht erwarten, dass ich meine Trauer mit euch teile, oder?“
„Nein, keine Sorge. Wir kennen dich ja nicht erst seit gestern. Das Eis um dein Herz ist dicker als das der schmelzenden Pole“, stichelte Louis und erntete dafür von Arjen einen bösen Blick.
„Lass ihn! Er geht eben auf seine Art damit um.“
Lamar lachte.
„Gut erkannt!“, stimmte er seinem blonden Freund zu und studierte den Monitor, als wäre damit alles gesagt.
„Was macht ihr da?“
„Wir versuchen, Gabriels letzte Schritte zu rekonstruieren. Die Wahrheit ist noch immer da draußen, und wir sind ihr kein bisschen näher gekommen“, erklärte Louis.
Lamar runzelte erstaunt die Stirn.
„Hat Juls nicht mit euch gesprochen? Er hat die Frau mit den roten Haaren gefunden. Sie wird ihm den Stein zurückgeben.“
„Hast du ihn gesehen?“, fragte Arjen verwirrt.
„Ja, gerade eben. Er ist hier – und die Frau auch. Aber anscheinend gab es Ärger mit dem Wanderer, und es dauert noch, bis Julien wieder an den Rubin kommt. Er bat mich, ein Auge auf die Schwester der Rothaarigen zu haben.“
„Warum hat er uns nichts davon gesagt?“
„Vielleicht, Arjen … und nun sind wir wieder bei meiner guten Laune …
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