Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
eigenartig, aber wenn ich es mir jetzt überlege, war Pauls Untreue immer ein größeres Problem für mich als die Prügel. Ich glaube, das kam, weil ich nie recht wusste, was da lief; deshalb fühlte ich mich dann verängstigt und unsicher und war zudem natürlich auch noch verletzt.
»Ich kann bei dem Krach nicht schlafen«, beklagte er sich.
»Ach nein?«, fragte ich und stellte den Ventilator noch eine Stufe höher.
Er stapfte aus dem Haus, um in dem Jeepney zu übernachten, den ich meinem Bruder gekauft hatte. Das Ding hieß - nach Michael - »britischer Bub«. Wie ich so dalag, hörte ich Paul draußen vor dem Fenster nach den Moskitos schlagen, die sich alle auf ihn stürzten. Am Morgen war mein Vater schier entsetzt, als er hörte, dass ich meinen Mann zu so etwas gezwungen hatte. Ein Teil von mir sehnte sich danach, meinen Eltern zu erzählen, was eigentlich los war, damit sie sahen, dass Paul nicht der wunderbare Schwiegersohn war, für den sie ihn hielten; aber der andere Teil von mir wollte sie nicht mit meinen Problemen belasten. Sie hatten schon genug Ärger und Sorgen im Leben, sodass ich ihnen nicht noch mehr aufhalsen wollte. Ich machte also weiter, wobei sich der Ärger in mir aufstaute und vieles ungesagt blieb.
Da mir meinen Eltern gegenüber keine Ausrede einfallen wollte, ohne ihnen die ganze Geschichte zu erzählen, und da ich ja auch glauben wollte, dass Paul wirklich ein neues Kapitel aufgeschlagen hatte, flog ich nach Brunei zurück, wie Paul mich gebeten hatte. Aber jetzt hatte ich solche Zwangsvorstellungen, dass ich bei jeder Gelegenheit Streit suchte. Ich sah sein Adressbuch durch und alle seine Papiere und schnüffelte in seinen E-Mails herum. Und überall fand ich Hinweise auf andere Frauen, mit denen er in ganz Südostasien Beziehungen hatte. Wie es schien, konnte er Asiatinnen einfach nicht widerstehen. Als ich auf eine Liste mit Frauen samt ihren Telefonnummern stieß, fing ich an, jede Einzelne anzurufen, um herauszukriegen,
wer sie war, musste dann allerdings bei der Hälfte aufgeben. Als ich ihn auf die Liste ansprach, lachte er nur und sagte, dass er sie für den Fall aufhebe, dass ich ihn verlassen würde.
»Ich würde nicht allein sein wollen«, erklärte er, »dann könnte ich ja eine von ihnen anrufen, damit sie mir Gesellschaft leistet.«
An einem anderen Tag vergaß er sein Handy zu Hause, und als ich dranging, sagte eine Frau, die aus Thailand anrief, sie sei seine Freundin.
Wieder sprach ich ihn darauf an und bat ihn inständig, mir die Wahrheit zu sagen. Wahrscheinlich habe ich ihn mit meinen ständigen Fragen wahnsinnig gemacht - und mit meiner Weigerung, einfach nachzugeben und ihn machen zu lassen, was er wollte. Er bekam einen Wutanfall und warf mich aufs Bett, wobei er mich an der Kehle packte und mit aller Kraft zudrückte, während er mich anschrie. Ich trat mit dem Fuß nach ihm und traf ihn zwischen den Beinen, was ihn zwang, einen Satz nach hinten zu machen und von mir abzulassen. Wir lagen beide da und schnappten nach Luft - in hoffnungslosem Elend.
»Was genau willst du von deinem Ehemann?«, wollte er wissen. »Schau dir dein Leben mal an. Schau doch, was du alles hast. Wer verschafft dir das alles? Ohne mich hättest du nichts. Du weißt, dass ich dich liebe, du bist mein Schatz. Ich will immer für dich da sein.«
Irgendwie verstand er nicht, wie sehr er mich und Michael verletzte. Von dem Augenblick an tat ich nie mehr, was man gemeinhin von einer Ehefrau erwartet; ich machte die Wäsche nicht, bügelte nicht, kochte nicht und putzte nicht. Ich kümmerte mich nur um mich und Michael und ging meist in ein Restaurant zum Essen. Ich hasste Paul
jetzt zutiefst, weil er mich und seinen Sohn so behandelte, aber ich wollte so sehr eine Familie haben und keine alleinerziehende Mutter sein. Die einfachste Möglichkeit, meiner Traurigkeit zu entgehen, war der Alkohol. Häufig trank ich bis zum Zusammenbruch, und Dr. Reynolds musste oft kommen und mir die Wunden verbinden, die ich mir zuzog, wenn ich stürzte. Ich rauchte ohne Unterlass, um mein Zittern zu unterdrücken. Bei jedem Besuch machte der Arzt einen besorgteren Eindruck.
Da ihm klar war, dass hier etwas grundlegend schief lief, lud mich Dr. Reynolds ein, bei ihm zu Hause mit ihm zu plaudern. Er machte bei meiner Ankunft eine Flasche Wein auf, damit unser Gespräch lockerer und weniger förmlich wäre. Er war ein sanfter Riese von einem Mann - noch größer als Paul. Er hatte mir früher schon
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