Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
weil ich immer gewillt war zurückzuhauen, und manchmal zog er dabei sogar den Kürzeren. Aber Michael konnte nichts tun, um sich zu schützen, und hatte vor allem eine derart schlechte Behandlung absolut nicht verdient. Er sah immer total verängstigt und erstaunt drein, wenn sein Vater ihn anbrüllte - als würde er versuchen herauszukriegen, was er denn nur tun müsste, um ihn friedlich zu stimmen.
Eines Tages fing ich an zu zittern und konnte nicht mehr aufhören. Es war, als hätte ich über diesen Teil meines Gehirns die Kontrolle verloren. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr atmen zu können. Als mir dann einfiel, wie ich mich nach der Geburt von Dailyn gefühlt hatte, bekam ich noch mehr Angst und Panik. Einmal hörte ich zufällig, wie Paul und David über mich sprachen.
»Mir tut Gina Leid«, sagte Paul, der gerade ausgeglichen war und sich Sorgen über den Zustand machte, in den ich da offensichtlich langsam hineinrutschte. »Es geht ihr gar nicht gut, und das ist allein meine Schuld.«
»Sie fängt sich schon wieder«, versuchte David ihn zu beruhigen, aber überzeugend klang es nicht.
Auch wenn es mir nicht zusagte, so weit weg von zu Hause zu sein, hatte ich zumindest das Gefühl, dass doch die Chance bestand, dass Paul und ich noch einmal von
vorn anfangen könnten - weit entfernt von allen Verlockungen wie leicht verdientem Geld und Unmengen junger Frauen. Ein Teil von mir war jetzt ein bisschen lockerer, sobald sich Sorgen einstellten, was Paul wohl im Schilde führte, wenn ich nicht bei ihm war. Aber einen Funken Argwohn hatte ich wohl trotzdem im Hinterkopf, denn eines Tages, als er außer Haus war, loggte ich mich in seine E-Mail ein; ich benutzte das Passwort, das ich mir heimlich gemerkt hatte, als ich ihn am PC hatte arbeiten sehen. Ich spionierte ihn aus.
Ich fand einige E-Mails von Brian in Brunei; er schrieb, wie sehr Paul ihm fehle und dass er sich erinnere, was sie alles miteinander mit den Mädchen angestellt hatten. Diese Anspielung auf die Vergangenheit schürte meinen Ärger, und ich mailte - ohne nachzudenken - zurück. Wenn er seinen wertvollen Freund so sehr vermisse, schrieb ich, warum lud er ihn dann nicht ein, nach Brunei zu kommen? Ich schrieb, ich wisse, dass alle Freunde von Paul mich hassten. Brian reagierte nicht.
»Ich will nach Hause«, sagte ich eines Abends zu Paul.
»Du kannst nicht nach Hause fliegen, wann es dir gerade passt«, antwortete er. »Wir leben jetzt hier, du musst dir eben Mühe geben.«
Ich stritt mich nicht herum, denn ich wollte ihn nicht unnötig verärgern.
Nach ein paar Monaten bekam Paul einen Job in Chester bei AMEC, einem riesigen Bau- und Ingenieurunternehmen, und wir beschlossen, nach Guisborough umzuziehen, eine Stadt am äußersten nördlichen Ende der Yorkshire Moores, und David in Frieden zu lassen. Paul versicherte mir, dass es mir bestimmt besser ginge, wenn wir wieder ein eigenes Haus hätten; der Stress käme bestimmt
zum Teil auch daher, dass wir mit jemandem unter einem Dach leben müssten. Ich war mir da nicht so sicher. Ich fürchtete, dass Davids Anwesenheit mit dazu beigetragen hatte, dass sich unsere Beziehung relativ ruhig gestaltet hatte, aber ich hatte nicht mehr die Kraft für Diskussionen. Wir mussten in diese Gegend ziehen, um vor Ort nach einem Haus zu suchen, das wir mieten konnten; wir bezogen also in einem Pub Quartier - es hieß The Fox and Hounds -, während wir uns die Angebote ansahen. Zumindest hatte Paul ein Auto gekauft, und wir konnten jetzt bequemer herumreisen.
Als wir in dem Pub in einem Zimmer wohnten, verschlechterte sich mein psychischer Zustand. Ich bekam immer mehr Angst, dass man mir etwas antun könnte. Ich zitterte und weinte die ganze Zeit und hatte keine Energie, irgendetwas zu tun - nicht einmal Michael in den Kindergarten zu bringen. Überall, sogar in den öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten des Pubs, hörte ich Stimmen und stellt mir vor, die Leute würden auf mich losgehen. Ich wollte nur die ganze Zeit auf dem Zimmer bleiben und mich vor dem Rest der Welt verstecken. Paul brachte das immer mehr auf die Palme, und er schlug und trat mich, wenn er die Beherrschung verlor; er sagte, er wolle nach Thailand, um mehr Ware zu kaufen, die er dann auf den Märkten wieder weiterverkaufen konnte - und um von mir wegzukommen. Doch in ruhigeren Momenten wurde ihm klar, dass etwas nicht stimmte, dass ich nicht nur launisch war. Schließlich bestand er darauf, mich zum Arzt zu bringen, obwohl ich
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