Aus purer Liebe?
Essen war Raina im Moment am allerwenigsten zu Mute. Gelangweilt griff sie wieder zu ihrer Haarbürste. "Du bist wohl entschlossen, mich zu mästen, solange ich hier bin, Badya."
"Ich habe doch immer für dein leibliches Wohl gesorgt und für alles, was du sonst noch brauchst, mein Liebes. Lass mich noch schnell die Bettwäsche wechseln, dann bin ich aus dem Weg."
Noch ehe Raina widersprechen konnte, machte sich ihre Nanny am Bett zu schaffen. Gleich darauf hörte sie sie entsetzt aufschreien. "Raina, was hast du getan!"
Raina schloss verzweifelt die Augen. Badya musste auf dem Laken die Spuren ihrer ersten Liebesnacht entdeckt haben. "Zieh bitte keine falschen Schlüsse, ich bekomme nur meine Tage."
"Halt mich nicht zum Narren. Dich hat vergangene Nacht wohl eher Sheikh Halim besucht."
Als Badya dann auch noch das Päckchen mit den Kondomen auf dem Nachttisch entdeckte, blieb Raina nichts anderes übrig, als ihr alles zu beichten. Ihre alte Nanny war außer sich. "Es ist doch eigentlich nichts passiert", versuchte Raina sie zu beruhigen.
"Nichts passiert?" Badya musste sich hinsetzen. "Als ob deine Mutter und ich dir keinen Anstand beigebracht hätten!"
"Aber das hat doch nichts mit Anstand zu tun. Ich habe es so gewollt."
"Zu meiner Zeit hättet ihr beide sofort heiraten müssen."
"Aber die Zeiten haben sich geändert, Badya. Wir denken gar nicht ans Heiraten."
"Sheikh Halim hat mich sehr enttäuscht." Badya schüttelte immer wieder den Kopf. "Wie konnte er nur ein unschuldiges junges Mädchen wie dich verführen?"
Raina lachte. "Ich hoffe, du bist nicht zu entsetzt, wenn ich dir sage, dass es meine Idee war. Ich bin nämlich kein kleines Mädchen mehr." Sie legte den Arm liebevoll um ihre alte Nanny. "Für dich bleibe ich natürlich immer deine Kleine, Badya. Du wirst mich doch nicht verraten?"
"Niemals würde ich so etwas tun", beteuerte Badya. "Obwohl ich große Lust hätte, dem Sheikh ins Gewissen zu reden."
"Das ist nicht nötig. Er hatte sowieso ein schlechtes Gewissen."
Raina bereute nichts. Diese wunderbare Nacht mit Dharr, ihr erstes Mal, würde ihr unvergesslich bleiben.
Badya wandte sich zum Gehen. "Ich habe leider heute Morgen eine Menge zu tun. Du musst allein frühstücken. Später komme ich wieder, um das Laken zu wechseln." Sie musterte Raina von oben bis unten. "Oder brauchst du sonst noch etwas? Vielleicht gute Ratschläge, wie man ein tugendhaftes Mädchen bleibt?"
"Zu spät!" rief Raina unbekümmert. "Was letzte Nacht passiert ist, kann niemand mehr rückgängig machen."
"Leider, mein Kind, ich kann nur hoffen, dass du es nicht eines Tages bereust."
Das wird ganz bestimmt nicht passieren, dachte Raina und schüttelte heftig den Kopf.
"Übrigens, der Sheikh möchte dich sprechen."
"Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?" rief Raina vorwurfsvoll. "Wann soll ich zu ihm kommen?"
"Am besten jetzt gleich. Aber natürlich musst du dich vorher ankleiden, auch wenn er schon mehr nackte Haut von dir gesehen hat."
"Ja, ja", erwiderte Raina ungeduldig. "Hat er angedeutet, warum er mich sprechen will?"
Badya schnalzte mit der Zunge. "Gesagt hat er nichts. Aber ich kann es mir schon denken."
Raina rutschte das Herz in die Hose. "War er irgendwie ärgerlich?"
"Oh ja. Er hat allen Grund dazu."
Badya nahm die Zeitung vom Frühstückstablett und hielt sie Raina hin. "Meinen Glückwunsch, Prinzessin Kahlil. Es sieht ganz so aus, als ob Sie die nächste Königin von Azzril werden."
8. Kapitel
Löst der Scheich endlich sein Eheversprechen ein? So lautete die Schlagzeile in der Zeitung. Darunter war ein Foto abgebildet. Dharr hatte seinen Arm um Raina gelegt, ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Es musste am vergangenen Abend aufgenommen worden sein, als Raina schwindelig geworden war.
Dharr schaute von seinem Schreibtisch auf und sah Raina jetzt mit der Zeitung in der Tür stehen. Das lange Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden, ihre bernsteinfarbenen Augen funkelten. Er musste einfach lächeln, obwohl die Situation so ernst war, denn in diesem Moment erinnerte sie ihn an das kleine wilde Mädchen von früher.
"Schließ die Tür", bat er, stand auf und ging ihr entgegen.
"Diese Schlagzeile wird uns verdammt viel Ärger machen!" rief Raina wütend.
Um sie zu beruhigen, spielte Dharr die Sache herunter. "Halb so schlimm." Aber es funktionierte nicht.
"Das glaubst du doch selber nicht", widersprach sie und hielt ihm die Zeitung vors Gesicht.
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