Aus purer Liebe?
Gedanken, dass ich mich in Azzril aufhalte, ganz zu schweigen davon, dass ich in die königliche Familie einheiraten könnte. Ich stehe wie immer zwischen meinen Eltern, und das bin ich absolut leid."
Dharr entging nicht, wie sehr Raina litt, und er nahm tröstend ihre Hand. "Du bist also nie darüber hinweggekommen, dass deine Eltern sich getrennt haben und du Azzril verlassen musstest, nicht wahr?"
Sie nickte seufzend. "Ich weiß immer noch nicht, wo ich hingehöre."
"Hast du mit deiner Mutter jemals darüber gesprochen, weshalb ihr Azzril damals so überstürzt verlassen habt?"
"Doch, das schon, besonders in meinen wilden Jahren als Teenie. Es hat nicht viel gebracht. Aber ich gebe nicht nur ihr die Schuld, dass sie sich getrennt haben, sondern auch meinem Vater."
"Soviel ich weiß, hat sie ihn verlassen, ohne es vorher anzukündigen."
"Richtig, aber er hat sie einfach gehen lassen und nie versucht, sie zurückzuholen. Ich frage mich, warum er nicht um sie und seine Tochter gekämpft hat. Das tut man doch, wenn man jemanden liebt, nicht wahr?"
Dharr zuckte die Schultern, weil er Idris auch verstehen konnte. Ihm war es selbst so gegangen, dass die Frau, die er liebte, ihn ohne ein Wort verlassen hatte. Alles, was ihm damals blieb, war ein Abschiedsbrief und diese fruchtbare Leere. Es gab sicher Männer, die einen solchen Schock nicht verwinden konnten. "Vielleicht hatte er die Hoffnung aufgegeben, sie halten zu können."
"Meiner Meinung nach hätte er es wenigstens versuchen müssen. Jetzt ist sowohl sein Leben als auch das meiner Mutter ruiniert. Sie scheinen beide sehr einsam zu sein."
"Und dein Leben wäre auch glücklicher verlaufen."
Raina straffte sich. "Ich habe nicht zugelassen, dass der Konflikt meiner Eltern mein Leben beeinträchtigt."
Es hörte sich jedoch nicht sehr überzeugend an. Wenn die Trennung ihrer Eltern ihr Leben auch nicht ruiniert hatte, so bereitet sie Raina doch großen Kummer, das wusste Dharr. Er wäre gern noch bei ihr geblieben, hatte jedoch dringende Termine. "Ich muss leider wieder an den Schreibtisch. In zwei Tagen geben wir einen großen Empfang für eine Gruppe europäischer Diplomaten, und ich habe die Planung selbst übernommen."
"Aha, woher kommen die Leute?"
"Aus Doriana. Es ist ein sehr kleines Land. Hast du den Namen schon mal gehört?"
"Ja, aber ich habe keine Vorstellung, wo das liegt. Geographie war nie meine starke Seite."
"Doriana ist ein Zwergstaat mitten in den Pyrenäen, zwischen Spanien und Frankreich gelegen. Der Herrscher ist ein guter Freund von mir, ein ehemaliger Kommilitone aus Harvard."
Rainas Augen leuchteten. "Werde ich ihn kennen lernen?"
"Er wird nicht persönlich herkommen, weil er erst vor ein paar Tagen Vater geworden ist. Aber du wirst mein Ehrengast bei dem Empfang sein."
Sie lächelte geschmeichelt. "Das finde ich sehr nett von dir, Dharr. Ich fürchte allerdings, dass es unser Problem noch komplizierter macht. Dann denken doch alle erst recht, dass wir verlobt sind."
Er küsste sie zärtlich auf die Wange. "Sollen die Leute denken, was sie wollen. Du hast keinen Grund, dich zurückzuziehen."
"Apropos zurückziehen, ich hoffe, dass wir uns heute Abend treffen können."
Er hätte ihr nichts lieber versprochen, aber es stand zu viel auf dem Spiel. "Ich weiß nicht, deine Eltern schlafen beide ganz in der Nähe."
"Ja, warum hast du das nicht anders eingerichtet?"
"Weil nun mal der Rest unserer Gästezimmer gerade renoviert wird."
Sie fingerte an seinem Kragenknopf. "Das ist jammerschade. Aber vielleicht gibt es ja irgendwo sonst ein verschwiegenes Plätzchen für uns, auf dem Speicher oder so."
Dharr merkte, dass er sich nach ihr sehnte, und er verabschiedete sich rasch. "Leider muss ich zurück an die Arbeit."
"Okay, und ich werde nachsehen, ob meine Eltern sich schon gegenseitig umgebracht haben."
Dharr konnte der Versuchung nicht widerstehen, Raina einen langen heißen Kuss zu geben. Danach standen sie noch einen Moment eng umschlungen da.
"Danke, dass du mich so lieb getröstet hast", flüsterte Raina.
"Es war mir ein Vergnügen. Wir sehen uns heute Abend beim Dinner."
"Und was machen wir danach?"
Er strich ihr liebevoll eine Locke aus der Stirn. "Raina, die anderen warten nur darauf, dass sie uns etwas beweisen können. Jetzt, wo deine Mutter da ist, sollten wir besser nicht miteinander schlafen."
Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen. "Du hast wahrscheinlich Recht. Es war trotzdem sehr schön mit uns."
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