Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
weiteres Schicksal entschieden wird, drängen alle danach, doch mitmachen zu dürfen, selbst die Mädchen wollen es sich nicht nehmen lassen, das ausgeguckte Opfer möglichst eigenhändig niederzumachen. Vier Jungen im Alter von 15 bis 17 Jahren werden nach kurzer Diskussion für die Tat nominiert, wobei Thomas Basler und Peter Brückmann die Führungsrolle zugesprochen wird. Sie gelten als besonders brutal und kaltblütig. Insbesondere den Mädchen traut man eine solche Tat nicht zu, »weil die später vielleicht quatschen«.
Vorbereitungsphase
In der Mehrzahl der Fälle erfolgt keine minutiöse Tatplanung, es wird vielmehr ein grober Rahmen abgesteckt, in welchem Zeitraum (Wochentag oder Wochenende) die Tat zu welcher Tageszeit (Tageslicht oder Dunkelheit) stattfinden und wie (Auswahl der Tatmittel) sie durchgeführt werden soll. An den Vorbereitungshandlungen beteiligen sich meistens nur die als Täter in Frage kommenden Gruppenmitglieder.
Während Thomas Basler sich gar nicht auf die Tat vorbereitet, beschafft sich Peter Brückmann zwei Messer: eins aus dem Bestand seiner Großmutter, das andere stiehlt er im Supermarkt. Dann präpariert er noch seine Kleidung, um die Messer ungesehen transportieren zu können. Schließlich trainiert er, die Messer blitzschnell hervorzuziehen und zuzustechen. Dann ist er so weit. Dann ist es so weit.
Umsetzungsphase
Die Tat wird regelmäßig geprägt von erschreckender Grausamkeit, Mitleidlosigkeit und Kaltblütigkeit der Täter und erstreckt sich über einen vergleichsweise längeren Zeitraum. Nach dem ersten Kontakt mit dem Opfer muss erst noch nach einer geeigneten Örtlichkeit gesucht werden. Die Tötungshandlung ist nahezu ausnahmslos gekennzeichnet durch überbordende Gewalt, die auch einen folterähnlichen Charakter haben kann. Alle Täter üben Gewalt, teils in unterschiedlicher Form, unmittelbar aus. Selten werden dabei Distanzwaffen eingesetzt. Die Leiche wird nicht versteckt, sondern liegengelassen – entweder als Symbol der vermeintlichen eigenen Großartigkeit und Stärke oder aus purer Gleichgültigkeit.
Für Thomas Basler und Peter Brückmann besteht von vornherein kein Zweifel daran, dass Joachim Grauert die Fahrt zum Baggersee nicht überleben darf. Der Tötungsakt wird – wenn auch im Wesentlichen bedingt durch die äußeren Umstände (Spaziergänger) – über quälend lange 30 Minuten hinweg vollzogen. Joachim Grauert erleidet eine Vielzahl von Verletzungen: immer wieder Stiche, Schläge, Stiche, Tritte, Stiche, verteilt auf Kopf und Oberkörper. Peter Brückmann wird es dabei »warm«, er spürt ein »Kribbeln«. Thomas Basler hat sich zur inneren Tatseite nicht geäußert. Aber auch sein Verhalten, insbesondere die dem Opfer beigebrachten Stichverletzungen, lassen auf große Entschlossenheit und eine hohe Emotionalität schließen. Nachdem der Sterbende mehrfach mit dem Pkw überrollt worden ist, wird der Leichnam in einem Waldstück abgelegt. Es ist vollbracht.
Reflexionsphase
Die Täter kehren nicht selten schon kurz nach der Tötung zur Gruppe zurück und berichten detailliert über den Tathergang. Sie ernten dabei nicht nur Zustimmung, sondern auch Bewunderung. Durch die positive Rückmeldung fühlen sich die Täter abermals bestätigt, eine gerechtfertigte Tat ausgeführt und letztlich den Gruppenwillen vollstreckt zu haben. Gefühle der Reue oder Skrupel kommen deshalb gar nicht erst auf.
Thomas Basler und Peter Brückmann werden nicht nur am König-Heinrich-Platz für ihre vermeintliche Großtat gefeiert, sie fühlen sich auch durch die Berichterstattung in den Medien in ihrer besonderen Rolle als Täter vollauf bestätigt. Nicht nur das Gruppenziel ist erreicht worden, auch die Täter glauben ernsthaft, man müsse ihnen Respekt zollen. Gleichzeitig wird der Taterfolg durch einzelne Mitglieder der Gruppe auch als Herausforderung verstanden, es ihren Vorbildern gleichzutun. Es ist sicher kein Zufall, dass sechs Monate später wieder jemand aus der Gruppe am König-Heinrich-Platz einen Mord an einem Homosexuellen begeht: Täter ist diesmal Bernd Fischer, der bereits bei Joachim Grauerts Tötung »liebend gerne« mitgemacht hätte, nur eben an diesem Abend »leider« verhindert war.
Maximalphantasie
Jonas Klingbeil hat schon reichlich getrunken, wie viele Gläser Bier es waren, weiß er nicht, vielleicht sieben oder acht. Der 23-Jährige ist allein unterwegs, wie immer, und beobachtet verstohlen die Gäste, auch wie immer, vor allem die
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