Aus reiner Mordlust: Der Serienmordexperte über Thrill-Killer (German Edition)
dazu.
Gewaltneigung
Es überkommt ihn einfach, wie ein Kick, Adrenalin, das ihm hochsteigt. Er gibt zu Protokoll, dass es bei Johanna Brauer besonders stark gewesen sei. Wenn es zu einer Tat kommt, ist er »unheimlich aufgeregt und nervös, am ganzen Körper angespannt«. Er sagt auch: »Irgendwie ist der Drang in mir, es zu tun. Erst die Aktion, das Überwältigen, dann vergewaltigen, zum Schluss der Tod.« Es habe sich aber nicht um genau geplante Aktionen gehandelt. »Das ist nach und nach passiert, bis zur Tötung.« Manchmal sei der Drang stärker gewesen, manchmal schwächer.
Es überkommt mich, ein Gefühl kommt auf, ich glaube, ich denke da nicht mehr viel, ich weiß nicht, es kommt einfach hoch, ich schaue nicht nach einer günstigen Gelegenheit. Mit Sicherheit ist da bei mir irgendwas, nur kann ich nicht sagen, was es ist. Ich kann nicht sagen, was der Auslöser ist. Vielleicht die Stimmung. Es hätte viel häufiger passieren können. Ich bin sogar mit Frauen in der Sauna gewesen. Denen hätte ich nur hinterherfahren müssen. Passiert ist aber nichts.
Manchmal habe ich dieses Gefühl nicht, da sage ich mir dann, lass es bleiben, und denke dabei an meine Arbeit am nächsten Tag. Dann wieder ist mein Gefühl so stark, dass ich es tun muss, ich kann nicht anders. Und dann fahre ich in der Nacht herum, ziellos, irgendwo, und wenn ein Mädchen kommt und mein Gefühl ist zu stark, dann hat es Pech gehabt, dann wird ein Versuch gestartet. Das Gefühl unmittelbar vor der Tat ist schon ein halber Orgasmus.
Tötungsmotive
Johanna Brauer tötete er mit der Absicht, er musste die vorherige Vergewaltigung verdecken. Allerdings sei da noch ein anderes Bedürfnis gewesen: »Ich war eigentlich immer ein leicht feiger Mensch, und wahrscheinlich wollte ich bei Johanna mal ausprobieren, ob ich das kann. Ich wollte sehen, wie das ist, wenn ein Mensch stirbt.«
Bei Jutta Klöppel sei die Motivation eine andere gewesen. »Da habe ich gewusst, ich kann’s, da war ich eiskalt. Das war reine Kaltschnäuzigkeit, damit meine ich mein Gefühl, das ich im Moment der Tötung Jutta gegenüber gehabt habe. Ich habe ja gewusst, dass ich es kann.« Es sei ihm ausschließlich darum gegangen, die Frau als mögliche Zeugin auszuschalten, »und zwar für immer«. »Vergewaltigung und Tötung, das war für mich eine Sache. Mal hat’s geklappt, mal nicht.« Ob er je Mitleid für die Frauen empfunden habe? »Nein, die waren mir egal.«
Resümierend stellt der Sachverständige fest, bei Udo Gassen handele es sich um einen gemütsarmen, an seinen Mitmenschen wenig interessierten Mann, der auch keine emotionalen Bindungen einzugehen scheine und sich Normen nicht verpflichtet sehe. Er sei kühl, affektiv und emotional distanziert, misstrauisch und berechenbar. Bedeutsam sei auch die Unfähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen, konstante Beziehungen habe er weder im privaten noch beruflichen Umfeld aufrechterhalten können. Darüber hinaus seien Dominanz- und Geltungsstreben, aber auch die fehlende Bereitschaft, sich anzupassen, erkennbar geworden. Ursächlich für dieses Verhalten sei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ausgeprägte Selbstwertproblematik, Udo Gassen leide unter erheblichen Minderwertigkeitsgefühlen.
Ein besonderes Risiko gehe von solchen abnormen Persönlichkeiten wie Udo Gassen dann aus, wenn ihr kriminelles Verhalten auch den Bereich der Sexualität betreffe, weil sexuelle Dinge von der eigenen Gefühlswelt gänzlich getrennt blieben. Sexualität diene Udo Gassen ausschließlich der eigenen Bedürfnisbefriedigung, die Sexualpartner würden lediglich für experimentelle Zwecke benutzt. Die damit verbundene starke Erregung, die noch gesteigert werde durch die Befriedigung narzisstischer Bedürfnisse wie Macht und Omnipotenz, kennzeichne das sexuell aggressive Verhalten und ziehe häufig Wiederholungen nach sich. Dabei werde die ohnehin schon niedrige Hemmschwelle, Grenzverletzungen zu begehen, nochmals gesenkt, falls sie mit ihrem kriminellen Tun erfolgreich seien.
Um dieser für die Allgemeinheit dauerhaft bestehenden Gefahr vorzubeugen, wird das Gericht vier Monate später nach einem ungewöhnlich kurzen Prozess die in Deutschland höchstmögliche Strafe aussprechen: lebenslange Haft, besondere Schwere der Schuld und anschließende Sicherungsverwahrung.
Udo Gassen zu seiner Motivation beim ersten Mord: »Ich wollte mal sehen, wie das ist, wenn ein Mensch stirbt.« Bei der Tötung von Johanna Brauer ist die Lust am Morden
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