Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
Vom Netzwerk:
und betrachtete die vor dem Tor versammelte Menge.
    “Deke war offensichtlich sehr beliebt”, antwortete Kate.
    “Bei einer ganz bestimmten Person wohl nicht.” Er nickte und wies auf die Bank. “Was dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?”
    Sie rutschte zur Seite und schlug die Beine übereinander, doch Escavez schien ihre Körpersprache zu ignorieren. Kate kam ohne Umschweife direkt zum Thema. “Sie gehen jetzt also fest von Mord aus?”
    “Ich dachte, ich hätte mich gestern Abend klar ausgedrückt.”
    Sie sah ihn an. “Haben Sie schon einen Verdacht?”
    “Jede Menge”, erwiderte er, und sein Blick schweifte von der Menge hinüber zu den Trauergästen am offenen Grabe. “Zu viele. Deke Russo gehörte zu denen, die Menschen und Meinungen polarisieren. Ein solcher Mann hat viele Freunde, aber genauso viele Feinde, und das macht die Sache kompliziert.” Er lachte leise in sich hinein, winkelte das rechte Bein an und legte es über das linke, sodass der Stiefel auf dem Knie ruhte. “Sie und Amber sind doch Freundinnen seit Kindesbeinen, wie ich höre. Sie können mir doch gewiss einiges über die Ehe der Russos erzählen.”
    “Wenig. Wir haben uns die letzten drei Jahre nur zwei Mal getroffen, und augenblicklich bin ich stark in der Praxis engagiert. Bleibt nicht viel Zeit zum Reden.”
    Er strich sich über seinen buschigen Schnauzbart. “Das soll ich Ihnen glauben, Dr. Madison? Zwei Damen, fast wie Schwestern aufgewachsen, und die wollen sich nicht unterhalten haben? Über die Männer, den Beruf, die Familie, das Liebesleben und so? Na, Sie wissen schon, wie Mädels halt so reden!”
    Sie streifte ihn mit einem eisigen Blick. “Wollten Sie auf etwas Spezielles hinaus, Chief?”
    Er ließ einen Finger über den Rand seiner Hutkrempe gleiten. “Gab es Probleme in der Ehe der Russos, Dr. Madison? Wusste seine Frau, dass er es mit der ehelichen Treue nicht so genau nahm?”
    Kates Gesicht verdunkelte sich. “Deke ging fremd? Davon hatte Amber sicher keine Ahnung. Zumindest hat sie es mir gegenüber nie erwähnt.”
Jedenfalls nicht so ausführlich.
    “Drogen?”
    Was hatte Amber gesagt? Wenn er sich mit diesem Zeug vollpumpt?
Sie hörte Ambers Worte klar und deutlich. “Was meinen Sie mit Drogen, Chief?”
    “Kokain. Mir liegt der Obduktionsbericht vor.”
    Sie schüttelte den Kopf. “Chief, ich habe Deke Russo kaum gekannt. Viel kann ich Ihnen nicht sagen … Er … Er schien ihr nie die Anerkennung angedeihen zu lassen, die sie verdiente. Aufbau und Erfolg ihres Unternehmens erforderten Talent, Intelligenz und Energie. Ihr Mann hat sie nie so recht ernst genommen. Natürlich hat es sie getroffen, das wäre bei jedem so. Aber wenn Sie glauben, Chief, dass das als Motiv für einen Mord reicht, dann schießen Sie doch ein bisschen übers Ziel hinaus. Jedenfalls meiner Ansicht nach.”
    “Deshalb suche ich ja das Gespräch mit Ihnen, Doc. Ich möchte Ihre Ansicht hören.”
    Kate erhob sich ganz plötzlich. “Derartige Gespräche sind mir äußerst unangenehm, Chief. Ich spreche nicht gern auf diese Weise über Freunde.”
    Er stand ebenfalls auf. “Dafür habe ich Verständnis, und ich bewundere Sie für Ihre Loyalität. Aber lieber ein Gespräch hier als in meinem Büro, nicht wahr? Hier ist es doch viel … gemütlicher.” Sein Blick umfasste das Gräberfeld und die Trauergäste, und ein anzügliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
    “Entschuldigen Sie mich. Wir wollen fahren.” Kate musste sich zusammennehmen, um nicht im Laufschritt zu Sam zu eilen, der ihr bereits entgegenkam. Sie hatte weiß Gott nichts zu verbergen, aber es war die Art, wie Escavez seine Fragen stellte, die bei ihr sämtliche Alarmglocken schrillen ließ. Der Chief hielt Amber Russo ohne jeden Zweifel für die Hauptverdächtige.
    Sam musste ihr die ungute Gemütsverfassung vom Gesicht abgelesen haben, denn er warf Escavez einen mehr als vorwurfsvollen Blick zu. Wirklich ihretwegen? Kate war sich nicht sicher, auch nicht, als er ihre Hand nahm und sie aufmunternd drückte. Vielmehr verlieh diese Geste ihr das unbestimmte Gefühl, dass Sam sich für eine Art Beschützer halten könnte. “Man wartet schon auf uns, Kate”, sagte er und begrüßte Escavez kurz. “Wie sieht’s aus, Chief?”
    “Warm, Sam, sehr warm. Ich und Dr. Madison hier, wir haben uns aber ein wenig in den Schatten gesetzt.”
    Sam fasste Kates Ellbogen und geleitete sie den Friedhofsweg entlang. “Hatten Sie nicht vor, die Befragung der

Weitere Kostenlose Bücher