Aus reiner Notwehr
Bühnenarbeitern, Sicherheitskräften und Putzfrauen gesprochen, und die sagten aus, dass es nach der Aufführung gewaltig Krach gab zwischen Deke und Amber. In dem Container auf dem Tieflader, den sie als Garderobe benutzten.”
“Über Prominente wird immer gern gelästert.”
Pamela hatte ihr Notizbuch aufgeschlagen, konnte aber bei den schlechten Lichtverhältnissen nur mit Mühe lesen. “Nach meinen Aufzeichnungen haben Sie ausgesagt, dass Amber nach der Show mit Ihnen nach Hause fuhr und das Haus ihres Vaters nicht aufsuchte.”
“Stimmt.”
“Ihr Haus, beziehungsweise das Ihrer Mutter, ist zweigeschossig. Liegt Ihr Schlafzimmer im Obergeschoss? Ja? Gut. Diese Fragen sind notwendig, Kate, besser ich stelle Sie Ihnen als der Chief, oder? Und das Gästezimmer, welches Mrs. Russo benutzte, befindet sich auch oben, direkt neben Ihrem?”
“Richtig.”
“Und wann genau sind Sie alle zu Bett gegangen?”
“Nach Mitternacht; die exakte Uhrzeit kann ich nicht sagen; wir hatten etwas Wein getrunken und uns unterhalten, denn Amber war ziemlich aufgekratzt nach der Show. Aber betrunken war sie nicht.”
“Aber Deke Russo stand unter Alkohol, als Sie ihn das letzte Mal sahen?”
Kate seufzte. “Das müsste bei der Show gewesen sein, und da hatte er schon einiges intus. Der Auftritt dauerte zwar noch an, doch Sam und ich wollten noch ein wenig bummeln. Etwa eine Stunde später bat mich Amber dann, sie mit nach Hause zu nehmen. Zu dem Zeitpunkt sah ich Deke nicht mehr.”
“Ihre Mutter?”
“Sie war noch auf und schlug Amber vor, ihren Vater zu unterrichten, damit er gegebenenfalls Deke informieren konnte.”
“Und Sie, Kate, haben Amber nicht mehr gesehen, nachdem Sie zu Bett gegangen waren? Nein? Dann können Sie aber nicht mit letzter Sicherheit sagen, dass sie zwischen, sagen wir, Mitternacht und drei Uhr morgens nicht doch das Haus verlassen hat?”
“Doch! Ich bin mir vollkommen sicher.”
“Irgendjemand schlief in jener Nacht nicht, Kate.” Pamela ließ ihr Notizbuch in die Brusttasche gleiten. “Irgendjemand schlich zum Haus der Castilles hinüber, fand Deke Russo volltrunken in seinem Wagen, wo er möglicherweise gerade seinen Rausch ausschlief, legte Dekes Hand um die Waffe, hielt sie an seinen Kopf und drückte ab.”
“Aber nicht Amber. Auf keinen Fall!”
Pamela stand auf. “Hoffentlich haben Sie recht.”
28. KAPITEL
“D er Gerichtsmediziner geht davon aus, Mrs. Russo, dass der Tod in den frühen Morgenstunden des Sonntags eingetreten sein muss.” Escavez streichelte nachdenklich seinen Schnauzbart. “Wo waren Sie in der Zeit zwischen null und drei Uhr?”
“Im Bett, und zwar im Gästezimmer von Victoria Madison. Das wird sie Ihnen bestätigen; Kate ebenfalls.”
“Aha.” Der Chief zückte einen Kugelschreiber und studierte eingehend einen gelben Notizblock. “Seit wann wussten Sie, dass Ihr Mann Sie betrog?”
Kate blickte Hilfe suchend zu Nick, dann auf ihre Hände. “Das kann ich nicht mehr genau sagen. Seit etwa zwei Jahren machte er kein Hehl daraus, dass unsere Ehe nicht die glücklichste war. Doch mit einer anderen habe ich ihn nie gesehen, und Namen nannte er nicht. Allerdings merkte ich bald, dass es noch weitere Frauen außer mir gab.”
“War sicher gar nicht so leicht für ihn”, bemerkte Escavez und beobachtete sie scharf.
“Eher riskant, würde ich sagen. Meiner Ansicht nach ging er ein beträchtliches Risiko ein. Immerhin beruhte sein Renommee auf der Tatsache, dass er stets als Verfechter konservativer, traditioneller Werte auftrat, als Anwalt der Familie und so.”
“Aber es warf auch kein gutes Bild auf Sie, Mrs. Russo, nicht wahr?”
“Ich verhehle nicht, es ist alles andere als angenehm, wenn man von seinem Mann hintergangen wird.”
“Ich meinte da etwas anderes. Sie verkörpern die starke Frau hinter ‘Amber Lifestyles’, Sie gelten in New Orleans als
die
Expertin für gehobenes, stilvolles Wohnen, für eine Lebensart mit – wie heißt das bei Ihnen? – Niveau und Geschmack. Und wenn dann die eigene Ehe als Farce entlarvt wird, macht das nicht den allerbesten Eindruck, wie? Da steht doch ihre Karriere auf dem Spiel, ihre Zukunft! Ganz zu schweigen vom finanziellen Schaden!”
“Es gab häufig Streit deswegen”, musste Amber eingestehen. Sie stand auf, trat ans Fenster und schaute hinaus in die hereinbrechende Dämmerung. “Mein Mann trank zu viel. Ich glaube, ein Mensch mit einem Alkoholproblem verhält sich anders, als man
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