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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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Leute, die schon ihr ganzes Leben lang zu uns kommen.”
    “Ich bin zwar Fachärztin für Unfallchirurgie”, erwiderte Kate steif, “aber ich bin auch als Allgemeinmedizinerin qualifiziert.”
Das weißt du sehr gut!
Zu der Zeit, als sie Sam Delacourts Geliebte war, hatte sie ihre Zulassung erhalten.
    Er richtete den Oberkörper auf. “Bei uns in Bayou Blanc gibt es nicht so viele Schussverletzungen.”
    Ihr Kinn hob sich eine Spur. “Dann habt ihr Glück.”
    Sams Blick wanderte von ihr zu Leo. “Ich wusste gar nicht, dass du in Pension gehen willst, Leo.”
    Leo beäugte seine Zigarre. “Na ja, vielleicht tu ich’s, vielleicht auch nicht. Ich will’s mal probieren und schauen, wie’s mir gefällt. Bisschen Golf spielen, ausschlafen, in aller Ruhe Zeitung lesen und frühstücken.”
    “Es ist noch nichts fest”, sagte Kate kühl, aber innerlich war sie verärgert über Sams Abwehrhaltung. Es lag nicht an fehlender oder unzureichender Qualifizierung, dass er sie nicht haben wollte. Sie schaute ihn mit unverhüllter Abneigung an. Nein, sie hatte eher den Verdacht, dass sie ihn auf unangenehme Weise an eine Phase in seinem Leben erinnerte, die er lieber verdrängt hätte.
    Das gereizte Wortgeplänkel war Leo entgangen, und er klemmte sich die Zigarre zwischen die Zähne. “Ich habe dauernd gehofft, Kate würde eines Tages kommen und hier praktizieren, aber ich habe die Chance immer für sehr gering gehalten. Mit ihren Prädikatsexamina hätte man sie überall mit Kusshand genommen.” Er grinste noch immer und schüttelte den Kopf. “Kein Wunder, dass sie sich das St. Luke in Boston ausgesucht hat.”
    “Leo …” Peinlich berührt wich Kate einer vorbeikommenden Krankenschwester aus. “Ich habe nicht gesagt, dass ich endgültig von St. Luke weggehe. Ich … ziehe es nur in Erwägung.”
Du lügst! Du lügst!
    “Ward Lincoln arbeitet doch auch da, oder?”, fragte Sam plötzlich.
    Oh Gott! “
Ja, stimmt.”
    Sam sah sie weiter an und fügte hinzu: “Und Cliff Matthews. Er ist jetzt ärztlicher Leiter, nicht wahr?”
    Kannte der Mann denn jeden? “Ja. Kennst du die beiden näher?”
    “Ein bisschen. Wir sehen uns hin und wieder bei Tagungen und dergleichen.”
    Kate war bei der Erwähnung von Dr. Matthews Namen innerlich zusammengezuckt. Nach dem Gespräch mit Winslow hatte sie ihn in der Hoffnung aufgesucht, er könnte ihr einen Hinweis geben bezüglich einer etwaigen Rückkehr, aber er hatte sich geweigert, ihren Antrag auf zeitliche Befristung ihrer Suspendierung zu unterstützen. Sollte Sam jetzt Matthews oder Lincoln anrufen und alles erfahren, war sie mausetot.
    Mit gezwungenem Lächeln zupfte sie Leo am Ärmel. “Wir sehen uns später, ja?”
    Er nickte und legte seine Hand auf ihre. “Bleib ruhig einige Zeit zu Hause, Mädchen. Lass dir das nicht ausreden.”
    “Mach ich.” Sie wartete etwas und wandte sich dann Sam zu. “Hast du einen Augenblick Zeit?”
    Er gab Leo das Krankenblatt. “Rede mal mit der Frau, ja? Ihre Röntgenaufnahmen gefallen mir nicht. Schwere Abnutzungserscheinungen der Knochensubstanz; ich habe künstliche Hüftgelenke empfohlen, aber sie lehnt das glattweg ab.”
    Leo schlurfte davon, den Kopf über das Krankenblatt gesenkt, und Sam wies auf eine Tür weiter hinten im Korridor. Kate marschierte an ihm vorbei; dabei wehte sie ein Hauch seines Aftershaves an, und ein heftiges Gefühl überkam sie, das sie für längst vergessen gehalten hatte. Als sie seinem Blick begegnete, wusste sie, dass sie beide in diesem Moment ihre gemeinsame Vergangenheit gleichzeitig bejahten und verdrängten. Ihre Affäre hatte voller Leidenschaft und Hoffnung begonnen. Für Kate blieben am Ende Bitterkeit, Leid und ein gebrochenes Herz. Sie war in eine neue Umgebung geflüchtet, weit weg, und hatte kurz darauf geheiratet. Robert hatte sich allerdings nicht als der erhoffte Traumpartner erwiesen. Sam war indessen in den Schoß seiner Familie zurückgekehrt, von deren Existenz Kate nicht die geringste Ahnung gehabt hatte. Einerseits hätte sie liebend gern ihm allein die Schuld an diesem Desaster und ihrem verpfuschten Privatleben gegeben, aber insgeheim fragte sie sich allmählich, ob nicht auch andere Kräfte am Werk waren.
    Er ließ sie eintreten, doch bevor er die Tür schließen konnte, unterbrach ihn eine Sprechstundenhilfe, die aus einem Sprechzimmer trat. “Sam, kannst du dir mal den Patienten in 4A ansehen?”
    “Ich komme sofort, Diane.”
    Kate erkannte plötzlich die junge

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