Aus reiner Notwehr
ein beruhigendes Lächeln zustande und schob sich rückwärts auf die Küchentür zu.
“Amber, was ist das hier für ein Bockmist? Ich bin an einer dicken Sache dran, und wenn die in die Hose geht, weil ich wegen meinem Herrn Sohn in der Nachbarschaft herumtelefonieren musste, dann werde ich verdammt stinkig!”
“Du kannst ihn nicht fahren lassen, Deke! Stell dir vor, er baut einen Unfall oder gerät in eine Polizeikontrolle! Hat das denn nicht Zeit bis morgen?”
Sie zuckte vor Schmerz zusammen, als er ihren Oberarm packte. “Hast du etwas an den Ohren?” Er zerrte sie dicht an sich heran und zog sie hoch, bis nur noch ihre Zehenspitzen den Fußboden berührten. “Wenn ich sage, mein Junge muss über die Causeway Bridge fahren, dann redest du mir nicht dazwischen, verdammt noch mal! Und wenn es bis rauf nach Kanada ist, Amber!”
Sie schloss die Augen und biss sich vor Schmerz und Wut auf die Lippen. Wie konnte er es wagen! Das Haus war voller Gäste! Morgen, morgen würde sie …
“Kapier endlich, dass ich das Sagen habe, auch im Haus von deinem Alten! Und jetzt sieh gefälligst zu, dass du ihn findest!”, schrie er sie an und schüttelte sie.
Wie aus dem Boden gewachsen stand plötzlich Stephen am Tor. “Lass sie los!”, brüllte er und hantierte am Riegel. Deke stand stocksteif, lächelte und hielt seinen Blick weiter auf Amber gerichtet. “Ja, schau einer an! Da kommt der Märchenprinz und rettet dich, Schnuckelchen!”
Stephen bekam endlich die Tür auf, stürzte sich auf Deke und fasste seinen Arm. “Du sollst sie loslassen, habe ich gesagt. Du tust ihr weh!”
Deke starrte ihn erstaunt an. “Sieh einer an! Der Bengel zeigt allmählich Mumm!”
“Stimmt. Wurde auch Zeit, dass einer Mumm zeigt in der Familie!”
Nick Santana! Sam und Amber schauten mit offenen Mündern zu, als er sich durch das Tor drückte, ohne dabei Deke aus den Augen zu lassen. “Törnt Sie das an, Russo, wenn Sie sich an Frauen austoben können?”
Deke wirkte in seiner totalen Überraschung fast komisch, und er ließ Amber los. “Wie zum Teufel kommen Sie denn hierher, Santana?”
“Ich habe ‘ne Einladung.”
Deke schaute zu Amber, die verzweifelt den Kopf schüttelte. “Du hast gesagt, du hättest nicht mit ihm gesprochen.”
“Das habe ich auch nicht! Ich schwör’s. Er ist bei Sam und Daddy in Behandlung. Daddy muss …”
“Völlig egal, wieso ich hier bin.” Nicks Stimme war voller Abscheu. “Offensichtlich bin ich gerade noch rechtzeitig gekommen, um Ihnen einen gewaltigen öffentlichen Skandal zu ersparen. Prügeln ist ungesetzlich, Russo. Dafür könnte ich Sie festnehmen.”
“Jetzt aber mal langsam!” Deke plusterte sich vor Nick auf. “Wollen Sie mir etwa drohen, Santana?”
“Nennen Sie’s, wie Sie wollen, Russo. Ich habe gesehen, wie brutal Sie mit Ihrer Frau umgesprungen sind. Das war Tätlichkeit!”
Deke starrte ihn gereizt und feindselig an; dann machte er, ohne sich zu ihm umzudrehen, eine knappe Kopfbewegung in Richtung seines Sohnes. “Stephen, verschwinde!”
Der Junge guckte erstaunt. “Ich dachte, du brauchst mich für irgendwas.”
“Ich hab ’s mir anders überlegt.” Dekes Blick war immer noch auf Nick gerichtet. “Aber geh nicht zu weit weg!”
Stephen zog sich zögernd zurück. “Amber, willst du dir den Arm nicht besser kühlen?”
Sie schloss die Augen und stellte sich das Aufsehen vor, das sie damit erregen würde. “Geh schon, Stephen. Bitte!”
Mit geballten Fäusten machte Deke einen Schritt auf seinen Sohn zu. “Hast du Bohnen in den Ohren?”
Stephen hob beschwichtigend die Hände. “Ich geh ja schon!”
Als das Tor sich hinter Stephen geschlossen hatte, wandte sich Deke an Amber. “So. Wo waren wir stehen geblieben? Amber, war ich eben grob zu dir?”, fragte er sanft. “Habe ich dir wehgetan?”
Sie schüttelte kaum merklich den Kopf. “Nein.”
“Mitgehört, Santana? Meine Frau und ich hatten eine kleine Privatunterhaltung.”
“Leuchtet mir ein, dass Sie eine solche Unterhaltung nicht an die große Glocke hängen wollen, Russo”, knurrte Nick und sah Amber voll ins Gesicht. Sie senkte den Kopf. “Da fragt man sich, was sonst noch so in der Familie Russo hinter geschlossenen Türen passiert.”
“Was Sie denken, interessiert mich einen feuchten Fliegenschiss!”, fauchte Deke.
“Donnerwetter! Höre ich richtig? Kennt der aufrechte und gottesfürchtige Guru der braven Amerikaner plötzlich auch schmutzige Ausdrücke?”
Weitere Kostenlose Bücher