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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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Hinsicht war sie sogar Mutter. Schließlich, als Sahnehäubchen, der Großauftrag von Maison Belle: der brachte ihr ein hübsches Sümmchen ein. Ja, entgegen allen Erwartungen hatte sie sich durchgesetzt. Ganz in Gedanken rieb sie ihre Oberarme unter der dünnen Seidenbluse. Wenn sie nur wüssten!
    Und doch hatte Deke um ein Haar alles ruiniert! Wenn sie darüber nachdachte – sie hätte ihn glatt erwürgen können! Nach der Szene an der Garage hatte er sich natürlich klammheimlich verdrückt, zu feige, um für den Blödsinn einzustehen, den er anrichtete, und wie immer würde er am nächsten Morgen kleinlaut angekrochen kommen; und sie sollte stets alles vergessen und vergeben und einmal mehr zu allem Ja und Amen sagen.
    Die Sauferei machte ihn kaputt. Er geriet zu schnell außer Kontrolle, wenn er trank, und wahrscheinlich hatte er auch deshalb all den Ärger am Hals. Aber bei Nick war er an den Falschen geraten. Ausgerechnet Nick, der bei seinen Vorgesetzten und Kollegen als zäh, intelligent und durchsetzungsfähig galt. Offensichtlich hatte er sich gegenüber früher nicht sehr verändert, und nur ein Schwachkopf wie Deke machte sich einen solchen Mann zum Gegner. Wenn Deke sich nicht langsam zusammennahm, konnte alles, was sie sich aufgebaut hatte, den Bach hinuntergehen. Sowohl ihre als auch seine Karriere, im Grunde ihre gesamte Lebensführung beruhte auf der traditionellen Vorstellung von Ehe und Familie: Der Mann war Beschützer und Bewahrer des Heims, Kinder hatten gehorsam und höflich zu sein, die Frau fungierte als “Helferin und Gefährtin” – Herrgott, wie sie diesen Ausdruck verabscheute! Wenn jemand zu genau hinsah – Nick zum Beispiel – konnte alles in Gefahr geraten.
    Jawohl, ein Schwachkopf war er, und sie fragte sich, wieso sie ihn nicht von Anfang an durchschaut hatte. Aber Nick, dem konnte er nichts vormachen … Dass Nick Zeuge der peinlichen Situation im Durchgang geworden war, behagte ihr ganz und gar nicht. Nur Stephen kannte bis zu dem Zeitpunkt die Realität, aber nun war Nick über ihr schmutziges Geheimnis im Bilde. Sie zündete sich eine Zigarette an.
    “Darf denn tatsächlich die Gastgeberin einfach eine Pause einlegen?”
    Ambers Herz machte einen Satz. “Nick! Mein Gott! Ich dachte, du wärst schon gegangen.”
    “Du hofftest, ich wäre gegangen, wolltest du sagen.”
    Aus dem Lichtschein der Fenster trat er neben sie in den Schatten des Philodendrons; sofort erkannte sie den Duft seines Aftershave, und blitzartig erinnerte sie sich an den Abend, als sie zum ersten Mal aufs Ganze gegangen waren. Kate hatte bei ihr übernachtet, auf sie gewartet und gleich kapiert, dass etwas passiert sein musste. Amber hatte ihr ohne langes Federlesen die ganze Story brühwarm erzählt, ach was, geradezu damit angegeben, denn sie wusste, Kate würde alles für sich behalten. Sie war zu reserviert, zu prüde. Nur, Nick war so ein toller Liebhaber gewesen, sie musste es einfach loswerden.
    Der Abend damals war nur der Anfang; die folgenden zwei Jahre hatten sie nicht genug voneinander bekommen können … Jetzt schaute sie in Nicks schattenhafte Gesichtszüge und stellte sich vor, wie ein Kind von ihm ausgesehen haben mochte. Nach zwei Abtreibungen würde sie es nie erfahren. Ihn hatte sie damit nie behelligt, er hätte nicht anders reagiert als Kate, und die hatte herumgejammert, dass es für alle drei reichte.
    “Wenn ich eine Party gebe, freue ich mich über jeden Gast, der nicht geht, sondern bleibt”, sagte sie, und seine Gegenwart verursachte noch immer ein angenehmes Gefühl. Ihr Herz begann zu klopfen; es war wunderbar, etwas, das sie schon lange nicht mehr verspürt hatte. Deke lag möglicherweise nicht falsch, wenn er in ihm eine Bedrohung sah.
    “Dann ist’s ja gut. Ich machte mir schon Sorgen.”
    “Sorgen?” Eine Wolke aus Zigarettenqualm verschleierte ihr Gesicht.
    “Zeig mir deinen Arm, Amber. Er tat dir weh, du warst leichenblass, den Tränen nahe. Ich hab’s doch gesehen!”
    “Es war meine Schuld. Er hat sich über etwas aufgeregt, halb so schlimm.”
    Er wandte sich angewidert ab. “Erzähl mir doch nichts! Das hören wir Polizisten dauernd von misshandelten Ehefrauen, dass es eure eigene Schuld war, dass er sich aufgeregt hat, dass ihr es hättet besser wissen müssen … Ach!” Er winkte resigniert ab. “Wie bei einem Fragebogen, Amber. Ihr Frauen könnt mehrere Varianten von sogenannten Provokationen in die leeren Felder eintragen, wenn er euch

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