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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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eintreffen. Sie nimmt ihn mir bestimmt weg.”
    “Warte ab, was Cody sagt. Ich bin sicher, er wird bis Ende der Ferien bei dir bleiben wollen.”
    Sie spürte, wie ihn ein Zittern durchlief. “Hauptsache, er wird gesund.”

17. KAPITEL
    K ate stand vor einem dunklen Fenster im Flur der Chirurgie, ein gutes Stück von Cody Santanas Familienangehörigen und Freunden entfernt. Ihre Hände umfassten einen Plastikbecher mit heißem Kaffee, aber den kalten Hauch tief in ihr konnte nichts erwärmen. Nicks Sohn würde zwar überleben, jedoch nicht dank ihres Einsatzes.
    Die Operation hatte über zwei Stunden in Anspruch genommen. Kate, die sich im Hintergrund hielt, war Sams Blick ausgewichen, als er anschließend der Gruppe kurz Bericht erstattete. Das Geschoss war knapp unterhalb des Schlüsselbeins eingedrungen, hatte es durchschlagen, sich seinen Weg nach oben gebahnt, dabei Codys Halsschlagader um Haaresbreite gestreift und war dann seitlich ausgetreten. Zwei Einheiten Spenderblut von seinem Vater waren nötig, um den erheblichen Blutverlust einigermaßen auszugleichen. Unter normalen Umständen verheilte ein Schlüsselbeinbruch bei Jugendlichen schnell, und in drei Tagen würde Cody das Krankenhaus wieder verlassen können. Die Erleichterung aller war geradezu mit Händen zu greifen, und vor versammelter Mannschaft lobte Sam die schnelle, umsichtige Reaktion seiner Tochter. Zu Kate sagte er kein einziges Wort.
    Sie war am Boden zerstört. Sam hätte sagen können, was er wollte – im Vergleich zu ihren eigenen Gedanken und Selbstvorwürfen bedeutete das absolut nichts. Der Plagegeist, der sie seit Boston heimsuchte, peinigte sie immer noch, trotz ihres Hoffens und Betens, und mit ihrem beruflichen Versagen ging nun eine totale emotionale Auflösung einher. Sie hatte gehofft, Bayou Blanc mit seiner vertrauten, heimeligen Atmosphäre würde Wunder wirken, aber schon die Spiegelepisode im Beisein der jungen Polizistin hätte sie als Warnzeichen erkennen müssen.
    “Dr. Madison?”
    Sie kehrte aus der dunklen Leere in die Wirklichkeit zurück, drehte sich um, und ein Augenpaar sah sie bang an: Sams Tochter. “Dr. Madison, ich wollte mich bei Ihnen bedanken.”
    “Bedanken? Wofür?”
    Mallory machte eine unschlüssige Handbewegung. “Ich hatte eine solche Angst da mit Cody. Aber Sie, Sie wussten sofort, was zu tun war. Ich meine, bevor Daddy eintraf. Und Ihre Ruhe! Ich war noch nie in meinem Leben so erleichtert. Das wollte ich Ihnen sagen.”
    Kate schüttelte den Kopf. “Mallory, du brauchst dich nicht zu bedanken.”
    “Ich habe gehört, Sie praktizieren jetzt zusammen mit Dad?”
    “Stimmt.”
Aber jetzt hat er etwas in der Hand, womit er mich loswerden kann.
    Kate stellte ihre Tasse auf ein Tischchen. “Mallory, die eigentliche Heldin heute Nacht warst du. Du hast die Nerven behalten und Codys Blutung so lange abgedrückt, bis wir kamen. Das war genau richtig, und Cody wird dir sicher seine Dankbarkeit beweisen, sobald er kann.”
    Mallory schien wenig beeindruckt. “Als Arzttochter bekommt man einiges mit. Stark blutende Verletzungen muss man abdrücken, das wusste ich.” Sie sah eine Zeit lang aus dem Fenster und kaute auf den Lippen. “Wie lange kennen Sie meinen Vater eigentlich?”
    “Als ich Assistenzärztin in New Orleans war, gehörte er zum Stamm des Krankenhauses”, erwiderte Kate, wobei sie sorgfältig jedes Wort abwog.
    “Waren Sie mit ihm befreundet?”
    Kate fand, dass dies nicht der Zeitpunkt für rückhaltlose Offenheit war, und hoffte, ihr Mienenspiel würde sie nicht verraten. “Falls du selbst einmal in die Medizin gehen solltest, Mallory, wirst du ziemlich schnell feststellen, dass der Begriff ‘Freundschaft’ sich wenig zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen dem Stammpersonal und den anderen eignet. Assistenten oder Ärzte im Praktikum sind in den untersten Rängen der Hierarchie angesiedelt. Ich war eine von vielen, mit denen dein Vater zu tun hatte.” Bevor Mallory das kommentieren konnte, fragte Kate: “Trägst du dich mit dem Gedanken, Medizin zu studieren? Dein Vater ist ein erstklassiges Vorbild, das brauche ich dir wohl nicht zu sagen.”
    Mallory strahlte. “War er nicht echt cool? Ich hatte ihn ja vorher noch nie in Aktion gesehen!”
    “Ja, Mallory, cool ist der richtige Ausdruck.”
Gott sei Dank, dass wenigstens einer von uns einen kühlen Kopf behielt.
    “Weißt du was, Mallory? Sag es ihm! Auch Väter hören Komplimente gern – besonders von ihren

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