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Aus reiner Notwehr

Aus reiner Notwehr

Titel: Aus reiner Notwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Young
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sah Amber flehend an. “Können wir nicht anderswo darüber reden?”
    “Ja, renn du nur zu Leo, damit er dich armes Kerlchen trösten kann, wie deine Stiefmutter hier”, höhnte Deke.
    “Russo, Sie prügeln auf die Falschen ein”, erklärte Nick. “Ich stehe dazu, den Schwarzen Peter habe ich. Es war mein Haus und meine Waffe, und es wäre meine Pflicht gewesen, sie unter Verschluss zu halten. Wenn Sie also jemanden fertigmachen wollen, müssen Sie mit mir vorliebnehmen.”
    Deke bleckte die Zähne. “Ich überlege mir gerade, wie ich Sie vor Gericht bringen kann, Santana. Und glauben Sie nur nicht, dass das ‘ne leere Drohung ist!”
    Bevor Nick darauf reagieren konnte, öffnete sich mit einem Mal die Tür zur Intensivstation, und Sam kam in seinem grünen Operationskittel auf die Anwesenden zu. Nick fing ihn ab, ehe er auch nur ein paar Schritte tun konnte.
    “Wir haben ihn gerade aus der Intensiv entlassen, Nick. Er kommt in ein normales Zimmer, fragen Sie in etwa einer halben Stunde die Schwester nach der Nummer. Und machen Sie sich keine Sorgen – wir kriegen ihn wieder hin.”
    Kate begab sich ohne Umschweife vom Krankenhaus zur Joggingstrecke. Nach den Ereignissen dieser Nacht würde ihr Albtraum sie keine Ruhe finden lassen, und aus Erfahrung wusste sie, dass sie sich nur mit Laufen abreagieren konnte, dass es sie befreien würde, ihren Körper bis zur Erschöpfung zu fordern. Sie sehnte sich geradezu nach dieser Erlösung.
    In der Ferne grummelte es wie bei einem aufziehenden Gewitter, doch sie nahm davon keine Notiz. Regen lag in der Luft. Per Autotelefon informierte sie ihre Mutter über Codys Zustand und teilte ihr mit, dass sie später kommen würde, verschwieg ihr aber ihr nächtliches Vorhaben.
    Nur zwei Autos standen auf dem Parkplatz am Ausgangspunkt der Strecke, und die Verlassenheit und Einsamkeit der Bahn beunruhigte sie fast mehr als das drohende Unwetter. Unter den Scheinwerfern auf der gegenüberliegenden Seite trabten zwei, drei weitere Jogger; wenn die aufhörten, musste auch sie Schluss machen.
    Nach kurzer Vorbereitung lief sie los, den Kopf voll mit den Geräuschen, den Gerüchen, der Hektik und der Unruhe des Krankenhauses, beschleunigte ihr Tempo allmählich, immer auf der Flucht vor den Schatten der vergangenen Stunden, jeder Schritt ein Versuch, die Angst zu verdrängen, die völlige Selbstauflösung noch eine Stunde hinauszuzögern.
    Zwanzig Minuten später musste sie auf dem hinteren Abschnitt des Kurses wegen unausbleiblicher Seitenstiche ihr Tempo drosseln, und als sie zum Parkplatz hinüberblickte, stand nur noch ein Wagen neben ihrem BMW. Erste Tropfen fielen; mit geschlossenen Augen hob sie ihr Gesicht dem reinigenden Nass entgegen – ein Fehler. Sofort erschien die Szene mit Cody vor ihrem geistigen Auge: der in einer Blutlache liegende Junge, der Revolver, ihre versagenden Hände, Sams scharfer, misstrauischer Blick.
    Um den Bildern zu entfliehen, setzte sie sich wieder in Bewegung. Mittlerweile hatte starker, steter Regen eingesetzt; in kürzester Zeit war sie bis auf die Haut durchnässt, das Haar klebte ihr am Schädel, ihre Füße landeten in Pfützen, ihre Schuhe sogen sich voll. Gefährlich nahe zuckte ein Blitz vom Himmel, sie konnte spüren und hören, wie die Spannung sich knisternd entlud, bemerkte, dass sie sich ausgerechnet an dem Punkt der Bahn befand, der am weitesten vom Parkplatz entfernt lag, beschleunigte ihr Tempo, rannte, was ihre Lungen hergaben. Wo war der nächstgelegene Unterstand?
    Urplötzlich tauchte neben ihr eine Gestalt aus dem strömendem Regen auf, und ein Arm ergriff sie, hielt sie an. Der Schock ließ ihr Herz bis zum Halse hämmern; um ein Haar wäre sie gestürzt.
    “Was, zum Teufel, läufst du bei diesem Wetter hier herum? Bist du übergeschnappt?”
    Sam! Völlig verwirrt blickte sie in sein Gesicht; ihn hätte sie an diesem Abend hier draußen am wenigsten erwartet. Schimpfend zerrte er sie in den Schutz eines Unterstandes; sie riss sich von ihm los und stolperte auf die Holzbank zu.
    “Soll dich erst ein Blitz treffen?”
    Sie wischte sich das klatschnasse Haar aus dem Gesicht, und ihre Zähne klapperten. “Was machst du hier?”
    “Ich habe dich gesucht. Was denn sonst?” Er zog seine Nylon-Windjacke aus und reichte sie ihr. “Zieh das an, du bist völlig durchnässt. Was hast du um diese Zeit allein hier draußen zu suchen? Und dazu noch bei einem Gewitter? Was ist eigentlich los mit dir, Kate?” Er war völlig

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