Aus versehen Prinzessin - Mary Janice Davidson4
Zeitverschwendung. Auch für Sie.“ „Ich bin ebenfalls erfreut, Sie kennenzulernen“, erwiderte Dr. Pohl. Sie war Ende fünfzig, hatte lockiges braunes Haar, stechende braune Augen und trug eine Brille, mit der sie wie eine nette Oma aussah und nicht wie eine der führenden Psychiaterinnen des Landes – mit einem dreistelligen IQ und einem messerscharfen Geist.
Ihr Büro war ganz in Modern Duck gehalten. Diese Biester tummelten sich überall – Enten-Drucke an den Wänden, Entenköder auf der Kredenz, sogar ein Enten-Bleistifthalter auf dem Schreibtisch. „Ich weiß es zu schätzen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mich aufzusuchen.“
„Hey, Doc, lassen wir doch die Höflichkeiten beiseite, okay? Wir beide wissen, dass es nicht meine Idee war. Dieser Pastor hat mich einfach auf dem Kieker.“ Wie nennt man bloß die Angst vor Enten? Entenphobie? Was macht sie, wenn sie einen Patienten hat, der darunter leidet? Ändert sie die Deko? Oder behandelt sie ihn zu Hause? „Er hasst mich, sozusagen.“
„Das möchte ich doch sehr bezweifeln, Mylady.“
„Okay, wenn ich hier schon fünfzig Minuten sitzen muss -wobei eine ganze Stunde berechnet wird, und glauben Sie nicht, dass ich nicht merke, wie verdächtig das ist –, dann müssen Sie aber auch sofort mit diesem Mylady-Scheiß aufhören. Sagen Sie bitte einfach Chris zu mir.“
„Na schön, Chris. Warum, glauben Sie denn, hat Pastor Cray Sie zu mir geschickt?“
„Weil er mich hasst und böse ist?“, vermutete Christina.
„So ungefähr, aber nicht ganz. Er macht sich Sorgen über Ihre Gründe zur Einwilligung in die Ehe mit Prinz David.“
„Dem König waren meine Gründe egal und dem Prinzen ebenfalls, aber vielleicht reicht das ja noch nicht? Jetzt muss ich mich also vor einer Seelenklempnerin rechtfertigen?“
„Glauben Sie denn, dass Sie Ihre Handlungen rechtfertigen müssen?“
„Ja, ja, genau so redet ihr Psychoheinis“, murrte Christina.
„Wollen Sie jetzt den verständnisvollen Doktor aus Good Will Hunting geben oder den nervigen aus Durchgeknallt?“
„Sie sprechen da einen interessanten Punkt an … ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass sich Robin Williams anscheinend gedrängt fühlt, brillante, aber unverstandene Männer zu spielen? Good Will Hunting, Patch Adams, Der Club der toten Dichter, Zeit des Erwachens? Ich frage mich, was er uns damit wohl sagen will.“
Zunächst etwas verblüfft – die Ärztin klang ja wie ein ganz normaler Mensch! –, erwiderte Christina: „Eigentlich ist es seine neue Masche, Psychos zu spielen. One-Hour Photo, Insomnia – Schlaflos. Solche Sachen. Er war übrigens ganz toll in Insomnia.“
„Dem stimme ich zu. Interessant sind diese Entscheidungen aber schon, die manche Menschen so treffen.“
„Aha, und damit sind wir wieder im Fahrwasser. Sie sind übrigens so subtil wie ein Ziegelstein, der einem an den Kopf geknallt wird.“
„Danke – ich habe ja auch viele Jahre studiert und weiß, wie man den Ziegelstein wirft. Aber wir sprachen gerade über Wahlmöglichkeiten –“
„Da wir gerade von Wahlmöglichkeiten reden“, unterbrach Christina. „Ich hab mich über Sie informiert.“
„Ich bin geschmeichelt, jedoch auch alarmiert.“
Christina fühlte, wie ihre Lippen zuckten, aber sie weigerte sich, der Ärztin ein Lächeln zu gönnen. „Ja, und da musste ich nämlich lesen, dass Sie Ihre Doktorarbeit über die königliche Familie geschrieben haben. Sie gelten als Expertin für die Roy-als. Wer von uns hat sich also für ein Leben entschieden, in dem er das Leben anderer untersucht?“
„Jemand, der kein eigenes Leben hat“, erwiderte die Ärztin heiter. „Sie können mich nicht ärgern, indem Sie mir Dinge vor die Füße werfen, die bloß wahr sind.“
„Ach ja? Ich will’s aber noch mal versuchen. Wie steht es denn mit …“
„Vermissen Sie Ihre Arbeit?"
„… der Art, wie Sie – hmmm?“
„Ihre Arbeit auf den Kreuzfahrtschiffen. Vermissen Sie die? Sie wohnen ja nun schon seit einigen Wochen im Sitka-Palast. Und soweit ich gehört habe, sollen Sie und der Prinz auch nach Ihrer Hochzeit dort wohnen bleiben.“
„Ach ja?“
„So wurde es mir gesagt, ja“, erwiderte Dr. Pohl behutsam.
„Also darum kümmern wir uns noch. Obwohl, es wird wahrscheinlich wesentlich Schlimmeres geben. Und was meinen Job angeht … den vermisse ich überhaupt nicht. Wenn man für so viele Menschen kochen muss, geht irgendwann die Kreativität flöten. Wissen Sie, wie viele
Weitere Kostenlose Bücher