Aus versehen Prinzessin - Mary Janice Davidson4
dumme Nuss.“
„Äh – ja. Mylady – Christina – ich wollte Ihnen nur – ahm -damit wollte ich sagen – es …“
„Jetzt spucken Sie’s schon aus, Sie machen mich ja ganz nervös.“
„Tut mir leid. Ich wollte Ihnen … nur noch einmal danken, dass ich zu Ihrem Brautgefolge gehören darf. Meine Mutter -meine Mutter freut sich so sehr darüber. Und sie fühlt sich durch die Einladung besonders geehrt“, schloss Jenny.
„Jenn, jetzt mal ernsthaft. Das haben wir doch schon alles besprochen. Ist doch keine große Sache.“
„Doch, es ist eine große Sache“, widersprach die junge Frau heftig. Chris hatte gar nicht gewusst, dass Jenny so heftig werden konnte. „Mein Vater ist vor zwei Jahren gestorben, und seitdem hat sich meine Mutter von allem … jedenfalls redet sie seit Monaten nur noch von dieser Hochzeit. Es ist schön zu sehen, dass sie wieder so lebhaften Anteil an etwas nimmt.“
„Na ja, sie hat doch auch einen guten Platz, oder?“
„O ja! Sie sitzt in der dritten Reihe, auf der linken Seite. Sie trägt einen violetten Hut, den sie sich extra für diesen Anlass gekauft hat.“
„Irre.“
Es war so schön, draußen zu sein, nicht nur, weil es ein wunderschöner Tag war, sondern auch, weil sie an einem geschichtlichen Ereignis teilnahm. Mrs Smythe, Jennys Mutter, hatte nur einen einzigen Wunsch: dass ihr geliebter Mann das noch hätte erleben dürfen.
Binnen Jahresfrist heiratete auch ihre Tochter Jenny, und schon bald darauf sollte Mrs Smythe durch Enkelkinder von jeglichem Kummer abgelenkt werden. Und bis ans Ende ihres Lebens sollte sie wieder und wieder DIE GROSSE GESCHICHTE erzählen. Jenny lauschte dann jedes Mal geduldig, ohne etwas einzuwenden, und Jennys Kinder – besonders die Zwillingsmädchen – pflegten in regelmäßigen Abständen immer wieder um DIE GROSSE GESCHICHTE zu betteln.
DIE GROSSE GESCHICHTE ging folgendermaßen: „Da saß ich also auf der Kirchenbank und wartete darauf, einen Blick auf die Königin zu erhaschen – nur war sie damals noch gar nicht Königin, stellt euch das vor! Und als sie den Gang entlangschritt, war sie fast so hübsch wie eure Mutter an ihrem großen Tag.“
(An diesem Punkt pflegte Jenny dann doch einzuhaken: „Ach, Mutter! Du weißt doch, dass das nicht stimmt. Selbst an meinen besten Tagen könnte ich nie so schön aussehen wie die Königin.“ Worauf Mrs Smythe stets sagte: „Ruhig, Mädchen. Es redet doch niemand mit dir“)
„Also: Sie trug ein wunderschönes eisblaues Kleid mit passendem Cape, auch in Eisblau, dazu eine prächtige blaue Halskette und eine kleine Diamantenkrone. Und sie lächelte. Sie war zwar blass, aber sie lächelte ganz reizend. Und dann sah sie mich! Sie blickte in das Seitenschiff und suchte nach meinem Hut, und dann hatte sie mich endlich gefunden und zwinkerte mir zu. Die Königin hat mir am Trauungstag zugezwinkert! Warum hat sie das wohl getan, was glaubt ihr?“
Und dann pflegte eines der Enkelkinder zu sagen: „Weil Mama ihr gesagt hatte, dass du zur Hochzeit kommen würdest und dass du dir dafür extra einen violetten Hut gekauft hättest.“
„So ist es“, sagte Mrs Smythe. „Genau so ist es.“
Kathryn und Alex waren vor dem großen Moment zu einer letzten Pinkelpause verschwunden. Jenny war gerufen worden, um zu klären, ob Prinz Charles neben der spanischen Prinzessin oder neben Königin Noor von Jordanien sitzen sollte.
Also war Christina tatsächlich für einen Augenblick – zum ersten Mal, seit Kurt und Edmund sie geweckt hatten – allein.
Allein mit ihren Gedanken. Allein, um nun doch Muffensausen zu bekommen. Allein auch, um zu erkennen, dass sie der Situation nie gewachsen sein würde. Allein, um …
„Glaubst du das?“, hörte sie die entrüstete Stimme des Königs. „Elizabeth kommt nicht selber, sondern hat stattdessen ihren Sohn geschickt. Naja, dann reden wir eben über die Jagd. Zu schade, dass er die Kleinen nicht dabeihat.“
„Die Kleinen“, entgegnete Christina mit schwacher Stimme, „das sind ausgewachsene Männer und über eins achtzig groß.“
„Ach, es sind Strolche. ’Nette Strolche, aber trotzdem Nichtsnutze. Na, wie sieht’s aus? Bereit, dem Feind entgegenzutreten?“ Grienend schlenderte er auf sie zu. „Verdammt! Mädchen, du siehst hübsch genug aus, um – was ist denn?“
„Ach, AI!“
„Meine Güte, was ist denn los? Bist du krank?“ Unbeholfen tätschelte er ihre Schulter. Obwohl sie soeben von Traurigkeit übermannt worden war,
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