Aus versehen Prinzessin - Mary Janice Davidson4
einer Fremden geschminkt zu werden, während man in Unterwäsche dasaß. Nun, wenigstens wurde sie nicht von Edmund geschminkt. „Ich verstehe sowieso nicht, warum wir das machen müssen. Ich kann mich sehr gut selber schminken.“
„Weißt du denn überhaupt“, fragte Alex hämisch grinsend, „welches Ende der Maskarabürste an deine Wimpern gehört?“
„Ohoho, das ist ja so witzig, dass ich das Lachen glatt vergesse.“
„Wie alt bist du eigentlich?“, knurrte Alex.
„Der Pastor möchte dich sprechen“, schaltete sich Kathryn ein.
Christina wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen. Kathryn konnte sprechen! Ohne mit Lidschatten zu werfen! Das war ein historisches Ereignis! „Na schön, aber das geht jetzt nicht. Ich trage nur ein Bustier, einen Slip und lange Strümpfe. Er soll warten, bis ich ein bisschen mehr anhabe.“
„Er ist ein Mann Gottes“, betonte Kathryn. „Ihn würde es nicht mal stören, wenn du nur eine Rose zwischen den Zähnen hieltest.“
„Ein Mann Gottes schon, aber doch kein Eunuch. Außerdem macht David so etwas wahnsinnig. Gar nicht zu reden von deinem Vater/ Mann, erinner mich nicht daran. Und du meine Güte, was sind wir auf einmal redselig geworden! Was ist denn nur mit dir los?“
„Nun ja.“ Kathryn wägte ihre Worte sorgsam ab. „Es scheint ja so, als ob du eine ganze Weile bei uns bleiben wirst.“
„Ach so, und nun bin ich es also wert, dass man mit mir spricht, ja? Das ist doch einfach –“
„Schließen Sie bitte den Mund“, mahnte die Visagistin. Christina gehorchte und ließ die Frau Lipliner auftragen. Die Pause verschaffte ihr Gelegenheit, Kathryn genauer zu studieren. Von allen königlichen Geschwistern kannte sie Kathryn und ihren Bruder Alex am wenigsten. Das lag natürlich daran, dass sie wie David äußerst kühl und reserviert waren. Kathryn wirkte zwar ganz freundlich (wenn sie nicht gerade mit Pasteten warf), aber trotzdem distanziert.
Sie wirkte wie eine kleinere, dünnere Ausgabe ihrer Schwester Alexandria. Derzeit noch in der Pubertät, war Kathryn nur um Haaresbreite davon entfernt, sich zu einer atemberaubenden Schönheit zu entfalten. Sobald sie ihre Zahnspange los war, würde der König wohl anfangen, schussbereite Gewehre zu horten. Doch bis es so weit war, konnte es nicht sehr lustig sein, in Prinzessin Alex’ Schatten zu stehen. Vielleicht redet sie deswegen so wenig, sinnierte Chris. Wenn alle sowieso nur ihre ältere Schwester anstarren, wozu soll sie sich dann die Mühe machen?
„Und … fertig!“
„Dankeschön.“ Sie sprang förmlich vom Stuhl auf. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so lange still sitzen musste. Oh, Moment mal. Gestern erst. Auf der Probe.“
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und herein stolzierte Horrance, gefolgt von drei Assistenten, die eine flache schwarze Tasche trugen.
„Guten Morgen, Mylady! Hoheiten“, fügte er hinzu und verneigte sich vor Kathryn und Alex.
„Horrance, machen Sie, dass Sie rauskommen! Ich bin noch nicht angezogen.“
„Wie? Nein, natürlich nicht. Deshalb habe ich ja Ihr Kleid mitgebracht.“
„Das sieht doch wie ein Leichensack aus“, sagte Christina argwöhnisch.
„Ich kann Ihnen aber versichern, dass dies keineswegs ein Leichensack ist.“ Horrance wieselte hinter Alex’ Rücken – er war gute zehn Zentimeter kleiner als sie – und richtete irgendetwas an ihrem Kleid. Sogleich saß der Ausschnitt straffer. „Ah … viel besser, Hoheit.“
Die Kleider waren wirklich zauberhaft, dachte Christina wieder einmal. Das tiefe Blau brachte die Augen der Prinzessinnen zur Geltung (obwohl es unglücklicherweise auch Jennys Blässe unterstrich), und die eckigen Ausschnitte waren äußerst schmeichelhaft.
„Nette Klunker“, bemerkte sie. Die drei Brautjungfern trugen viereckige blaue Topase an derart dünnen Goldkettchen, dass es aussah, als schwebten die großen Halbedelsteine in ihren Halsgrübchen. Die Ohrringe waren aus kleineren Topasen gefertigt.
„David hat ihn entworfen“, verriet Kathryn zerstreut.
„Hat er das? Tatsächlich?“
„Hm-hm. Er hat auch etwas für dich – aua!“
„Sony“, sagte Alex. „Bin mit dem Ellbogen ausgerutscht.“
„Genau in meine Rippen, vielen Dank.“ Kathryn funkelte ihre ältere Schwester wütend an.
„Hört auf, ihr Hühner“, befahl Chris. „Eine Zicke pro Hochzeit ist wirklich genug. Und die bin in diesem Fall ich, falls ihr das Memo nicht mitbekommen haben
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