Aus versehen Prinzessin - Mary Janice Davidson4
zurückstarrte.
„Deswegen gibt es noch ein … aber ein kleineres Problem“, begann Edmund behutsam.
„Was für ein Problem?“, fragte David in scharfem Ton. „Sie hat ihren König und ihren Prinzen verteidigt. Ich sollte ihr zum Lohn ungefähr eintausend Orden verleihen.“
„Vergiss es“, sagte Alexandria kauend. „Die bringen nur die Metalldetektoren zum Klingeln, wenn ich shoppen gehe.“
„Ja, aber … Ihrer Hoheit Beweggrund muss in Frage gestellt werden.“
„Beweggrund?“, fragte Christina. „Ich verstehe nicht – was? Was ist denn los? Was wissen alle anderen hier und ich nicht?"
„Ich habe ein Diplom in Physik“, erklärte Alex. „Ich wusste, dass der Stuhl nicht zerbrechen würde.“ Nach einem Blick in Christinas und Nicky's verständnislose Gesichter fuhr sie fort: „Stühle zersplittern nie so spektakulär wie im Fernsehen. Die meisten – und besonders unsere hier – sind aus hartem Holz gefertigt. Das hält einiges aus. Es ist so, als würde man mit einem Anker auf einen Menschen einschlagen. Man weiß, dass der Anker nicht zerbrechen wird, und man weiß verdammt genau, welchen Schaden er anrichten kann. Ich hab’s gewusst. Und getan.“
„Jedenfalls“, fuhr Edmund fort, „könnte die Anklage –“
„Auf keinen Fall“, sagte David entschlossen und machte zum ersten Mal den Eindruck, den Stuhl seines Vaters auszufüllen. „Meine Schwester hat die königliche Familie und damit, im weiteren Sinne, auch ihr Land verteidigt. Der Umstand, dass eine griffbereite Waffe zufälligerweise eine tödliche Wirkung hatte und dass sie dies wusste, ist für den König – und somit für seine Familie – irrelevant. Davon abgesehen bin ich froh, dass dieser Verräter tot ist, und wenn Alex sich nicht darum gekümmert hätte, dann hätte ich es getan. Eine Anklage wird nicht erhoben.“
Edmund neigte seinen Kopf. „Wie Sie wünschen, Majestät.“
Boah, dachte Christina.
„Danke“, sagte Prinzessin Alex leise.
„Nein – ich danke dir. Gibst du mir jetzt das letzte Stück Pie, Christina?“
Wortlos reichte diese ihrem Ehemann das letzte Stück Pie.
„Und was kommt jetzt?“, fragte er mit vollem Mund. „Parlament“, sagte Edmund, und Chris unterdrückte einen Schauder.
29
Aus Die Königin vom Ende der Welt von Edmund Dante III., © 2089, Harper Zebra and Schuster Publications.
Anders als die meisten europäischen Königshäuser, besaßen Alaskas Könige ein beträchtliches Machtpotenzial. Der König oder die Königin konnte den Krieg erklären oder beenden, Truppen ausheben, den Notstand ausrufen, Amnestie gewähren, Todesurteile unterzeichnen (dies war zum letzten Mal allerdings im Jahre 1897 geschehen, als Jonas Wyers II. geköpft wurde, weil er den Prinzen Sergei Baranov, einen Säugling, erstickt hatte), Hilfsorganisationen und Einzelpersonen große Summen stiften und, nicht zuletzt, Gesetze erlassen. Das Parlament hatte die gleichen Befugnisse, doch die Entscheidungsgewalt lag in letzter Instanz beim Herrscher selbst, wenn auch nur aus Gründen der Höflichkeit.
Es hatte unter Alaskas Königen und Königinnen sowohl staatspolitisch völlig Desinteressierte als auch solche Herrscher gegeben, die einen sehr detailorientierten Führungsstil pflegten.
Der Stil König Alexanders II. war oberflächlich betrachtet eher leger, doch er achtete sorgfältig darauf, jedes Gesetz, jeden Gesetzesentwurf, jede Bewilligung und auch jede Bekanntmachung sorgfältig zu lesen. Niemals hätte er sein königliches Siegel unter ein Schriftstück gesetzt, das er zuvor nicht genau verstanden hatte. Daran war das Parlament gewöhnt.
Da König Alexander (medizinisch gesehen) noch am Leben war, konnten sein Sohn David und seine Schwiegertochter Christina lediglich Mitregenten sein – mit sämtlicher Macht, die ihre Titel beinhalteten.
Und niemand konnte voraussagen, wie der Regierungsstil der neuen Regenten aussehen würde.
Zum zweiten Mal trug Christina ihr Brautkleid. „Es passt perfekt“, hatte Jenny ihr versichert, als sie das Cape in gefällige Falten legte. „Die Parlamentseröffnung ist ja ein besonderer Anlass. Und außerdem – ein bedeutender. Zumal dieses Kleid ja nicht wie ein traditionelles Brautkleid aussieht, es ist vielmehr ein Kleid für förmliche Anlässe, zeigt es doch, dass Sie Respekt vor dem Parlament haben, andererseits werden aber den Abgeordneten die Augen aus dem Kopf treten, denn das Kleid zeigt vollkommen deutlich, dass Sie die Königin
Weitere Kostenlose Bücher