Auschwitz - Taeter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon
der niederländischen Armee, danach Rechtsanwalt.
Venezia, Baruch
Jüdisches Sonderkommando
* Saloniki. Grieche, Beruf: Schneider. Ankunft Auschwitz nach neuntägiger Fahrt im abgeriegelten Güterwaggon am 11.4.1944 aus Athen. Von 2500 Deportierten werden 1872 sofort in der Gaskammer ermordet. Shlomo Venezia: »Er stammte nicht aus meiner Familie. Es war ein sehr großer Mann mit Habichtsnase und einem für südländische Juden typischen Gesicht. Ich hörte, wie ein Deutscher einen anderen aufforderte, diesen Mann zu fotografieren, weil er das perfekte jüdische Profil hatte.«
Venezia, Hugo
Jüdisches Sonderkommando
* Etwa 1926 in Griechenland. Ankunft Auschwitz wie Baruch Venezia am 11.4.1944 aus Athen. Laut Shlomo Venezia September 1944 beteiligt am Fluchtversuch von Alex Errera, als sie Asche in den Fluß Sola kippen sollten. Verhaftet und ermordet.
Venezia, Isaac
Jüdisches Sonderkommando
* Unbekannt. Ankunft Auschwitz nach neun Tagen Fahrt im Güterwaggon – wie Baruch und Hugo Venezia am 11.4.1944 aus Athen. Am 7.10.1944 beim Häftlingsaufstand getötet. Andere Version: 1945 auf dem Evakuierungsmarsch erschossen.
Venezia, Leon
Ein Vetter des Vaters der Venezia-Brüder Maurice und Shlomo
* Unbekannt. Ankunft Auschwitz wie die Brüder am 11.4.1944 aus Athen. Zum Tod in der Gaskammer selektiert, erkennt er im Auskleideraum vor der Gaskammer Shlomo. Dieser bringt ihm ein Stück Brot und Sardinen: »Er nahm sich nicht einmal die Zeit zum Kauen, sondern schluckte alles hinunter, als wäre es Wasser, so ausgehungert war er. Dann kam er an die Reihe und mußte in die Gaskammer gehen. Ich nahm ihn in den Arm, und er stellte mir Fragen, die mich tief erschütterten: ›Wie lange dauert es, bis man stirbt? Muß man viel leiden?‹ Ich wußte nicht, was ich antworten sollte, also habe ich gelogen und ihm gesagt, daß es nicht lange dauere und daß man nicht leiden mußte. In Wirklichkeit rangen sie zehn bis zwölf Minuten nach Luft.«
Venezia, Maurice
Jüdisches Sonderkommando, Nr. 182728
* 25.2.1921 Saloniki. Italienischer Staatsbürger. Bruder von Shlomo. Friseur. Ankunft Auschwitz am 11.4.1944 aus Athen. Leichenschlepper und Heizer. Laut seinem Bruder Shlomo fällt er bei der Befreiung ins Koma und wacht erst drei Monate später in einem Krankenhaus wieder auf: »Er wußte weder, was passiert war, noch, wo er sich befand.« Emigration in den USA.
Venezia, Shlomo
Jüdisches Sonderkommando, Nr. 182729
* 29.12.1923 Saloniki. Italienischer Staatsbürger. Ankunft Auschwitz am 11.4.1944 aus Athen. Von 2500 Deportierten werden 1872 sofort in der Gaskammer ermordet, darunter seine Mutter Doudoun und seine Schwestern Marica und Marta. Zunächst »Knochenstampfer«, dann »Leichenfriseur« (ab August 1942 wird das »anfallende Menschenschnitthaar« zu Haargarnfüßlingen für U-Boot-Besatzungen oder Haarfilzstrümpfen verarbeitet). Wohnsitz nach 1945 in Italien, Israel und erneut in Italien. 2008 deutsche Ausgabe seiner Erinnerungen Meine Arbeit im Sonderkommando Auschwitz . Venezia berichtet dort, was andere überlebende Kollegen nicht berichten: »Endlich kam der Deutsche mit dem Gas. Er nahm zwei Häftlinge des Sonderkommandos mit, um den Deckel draußen hochzuheben, damit er das Zyklon B durch die Luke hineinwerfen konnte. Der Deckel war aus sehr schwerem Zement. Der Deutsche hätte sich nie die Mühe gemacht, ihn selbst hochzuheben. Wir schafften es kaum zu zweit.« Nach der Befreiung sieben Jahre in Krankenhäusern. Venezia zur Situation, daß niemand von seinen Erlebnissen in Auschwitz wissen wollte: »Als ich aus dem Krankenhaus kam, traf ich einen Juden, und ich fing an, ihm von Auschwitz zu erzählen. Plötzlich bemerkte ich, daß er nicht mich ansah, sondern jemanden, der hinter mir stand und ihm Zeichen machte. Ich drehte mich um und überraschte einen seiner Freunde, der ihm gestenreich zu verstehen gab, daß ich völlig verrückt wäre.«
Verbrüggen, Alfons
SS -Obersturmführer
* 21.10.1902 München. Stellv. Leiter der Zentralstelle SS und Polizei zur Bekämpfung tierischer Schädlinge in Auschwitz, Abteilung Schädlingsbekämpfung. † 4.4.1946 Burgau.
Verschuer, Otmar Freiherr von
Rassenhygieniker, Zwillingsforscher
* 16.7.1896 Richelsdorfer Hütte b. Kassel. 1928 Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik. 1935 Direktor des Instituts für Erbbiologie und Rassenhygiene in Frankfurt am Main sowie Richter am Erbgesundheitsobergericht.
Weitere Kostenlose Bücher