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Auschwitz

Auschwitz

Titel: Auschwitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Rees
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in den Büros der politischen Abteilung unmittelbar neben dem Krematorium arbeitete, erlebte die Ankunft einer Gruppe von männlichen Juden, die man in das Lager deportiert hatte, um sie dort umzubringen. 25 Er stieg auf den Dachboden des Gebäudes, hob einen Dachziegel hoch und hatte einen freien Blick auf die Szenerie vor dem Krematorium. »Sie [die SS-Männer] waren sehr höflich gegenüber den Angekommenen«, sagt Paczyński. »›Bitte legen Sie Ihre Kleidung ab, packen Sie Ihre Sachen zusammen.‹« Und diese Leute zogen sich aus, und dann sagten sie ihnen, sie sollten in das Krematorium gehen, und hinter ihnen wurden die Türen geschlossen. Dann stieg ein SS-Mann auf das flache Dach des Gebäudes. Er setzte eine Gasmaske auf, öffnete eine Luke [im Dach], warf das Zeug hinein und machte die Luke wieder zu. Während er damit beschäftigt war, konnte man trotz der dicken Mauern ein großes Geschrei hören.« Da er bereits seit zwei Jahren selbst in dem Lager gelitten hatte, empfand Paczyński kein Mitgefühl, als er sah, wie diese Männer in ihren Tod gingen. »Man wird gleichgültig. Heute du, morgen ich. Man wird gleichgültig. Ein Mensch kann sich an alles gewöhnen.«
    Entscheidend für diese neue Methode des Tötens war die Beschwichtigung der Juden, indem man ihnen falsche Tatsachen vortäuschte. Bisher waren die Juden mit Tritten und Schlägen ins Gas getrieben worden, doch jetzt bemühten sich die SS-Führer und die Männer der Sonderkommandos, die Neuankömmlinge davon zu überzeugen, daß man sie erst desinfizieren müsse, bevor sie das Lager beziehen könnten, und daß sie zu diesem Zweck geduscht werden müßten. Das stellte in den Augen der Massenmörder einen wesentlichen Fortschritt dar, die damit auf einen Schlag mehrere Probleme lösten, vor denen die Mordkommandos bisher gestanden hatten. Nicht nur, daß die Opfer jetzt bereitwilliger in die Gaskammern gingen und kaum noch Gewalt angewandt werden mußte, auch für die Mörder selbst war es weniger belastend. Überdies war auch die Verwertung der Habseligkeiten der Opfer vereinfacht worden. In der Anfangszeit wurden die Opfer noch in voller Kleidung in die Gaskammern geschickt, und es hatte sich als schwierig erwiesen, ihnen die Kleider auszuziehen, als sie tot waren. Nunmehr zogen sich die Neuankömmlinge die Kleider selbst aus, legten sie sogar sorgfältig zusammen und verknoteten die Schnürsenkel ihrer Schuhe miteinander.
    Perry Broad, ein SS-Mann in Auschwitz, schilderte ausführlich, mit welchen Mitteln die SS die freiwillige Mitwirkung der für die Gaskammern bestimmten Juden erreichte. 26 Er berichtet, wie Maximilian Grabner auf dem Dach des Krematoriums stand und zu den Neuankömmlingen sagte: »Sie werden gebadet und desinfiziert. Wir wollen keine ansteckenden Krankheiten hier im Lager. Danach werden Sie zu Ihren Baracken gebracht, dort gibt es warme Suppe. Sie werden in ihren Berufen arbeiten. Jetzt ziehen Sie sich aus und legen Ihre Kleider vor sich auf den Boden.« 27 Danach redeten die SS-Männer den Neuankömmlingen freundlich zu, in das Krematorium zu gehen, »sie machten Witze und plauderten«. Nach der Aussage von Broad rief einer der SS-Männer durch die Tür, nachdem er sie geschlossen hatte: »Verbrennt euch nicht im Bad.« 28
    Trotz der Vorteile, die mit dieser düsteren Komödie für sie verbunden waren, merkten Höß und seine Mitarbeiter bald, daß die Nutzung des Lagerkrematoriums als Mordstätte für sie neue Probleme aufwarf. Das größte war der starke Lärm, den die Todgeweihten machten. »Um die Schreie zu übertönen«, erinnerte sich Paczyński, »ließen sie Motoren laufen. Zwei Motorräder liefen mit aufgedrehten Motoren, damit man die Schreie nicht hören sollte. Die Menschen schrien, und die Schreie wurden immer schwächer. Sie hatten diese Motorräder laufen lassen, aber es funktionierte nicht.« Der Lärm aus dem Innern der improvisierten Gaskammern wurde durch die beiden Motorräder nie stark genug übertönt, und die Lage des Krematoriums in der Nähe der übrigen Lagergebäude bedeutete, daß man die Morde unmöglich vor den Lagerinsassen verbergen konnte. Deshalb machten sich Höß und andere hohe SS-Chargen im Frühjahr 1942 Gedanken darüber, ob es nicht noch eine wirksamere Tötungsmethode gab. Und auch hier warteten sie nicht einfach auf Befehle ihrer Vorgesetzten, sondern ergriffen selbst die Initiative.
    Das Lager Auschwitz begann, sich zu einer einzigartigen Institution des NS-Staats zu

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