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Auschwitz

Auschwitz

Titel: Auschwitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Rees
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die Slowaken den Vorschlag, die Deutschen für die »Ausgaben« zu entschädigen, die für sie anfallen würden, wenn die jüdischen Zwangsarbeiter auch ihre Frauen und Kinder »mitbrächten«.
    Die Angelegenheit wurde in Berlin bereinigt. Die slowakische Regierung erklärte sich bereit, den Deutschen für jeden deportierten Juden 500 Reichsmark zu bezahlen, unter der Bedingung, daß keiner von ihnen in die Slowakei zurückgeschickt würde und daß die Deutschen keine Ansprüche auf Grundeigentum und andere Vermögenswerte stellten, die von den Juden zurückgelassen würden. Die Slowaken, deren Staatsoberhaupt ein katholischer Priester war, bezahlten somit die Deutschen dafür, daß diese ihnen ihre Juden abnahmen.
    Die Zwangsdeportation der slowakischen Juden fing noch im März 1942 an. Für die meisten von ihnen begann die Reise mit der Inhaftierung in einem Zwischenlager in der Slowakei. Silvia Veselá war eine von denen, die damals in einem solchen Übergangslager in der Stadt Poprad festgehalten wurden. 34 »Einige dieser slowakischen Soldaten benahmen sich wirklich wie die Verrückten«, erinnert sie sich. »Sie kackten zum Beispiel mit Absicht auf den Boden, und wir mußten ihre Exkremente mit der Hand beseitigen. Sie nannten uns ›Judenhuren‹ und traten uns mit Füßen. Sie benahmen sich wirklich schlecht. Sie sagten zu uns auch: ›Wir bringen euch Juden schon das Arbeiten bei.‹ Aber wir waren alle arme Frauen, die das Arbeiten gewöhnt waren … Es ist wirklich ein demütigendes Gefühl, wenn einem die persönliche Würde genommen wird. Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen können. Sie sind plötzlich völlig bedeutungslos. Wir wurden wie Tiere behandelt.«
    Es gab reiche Beute für die Hlinka-Gardisten, die in den Auffanglagern arbeiteten. »Wenn die Juden in die Lager kamen«, sagt Michal Kabáč, »nahmen wir ihnen ihre Habseligkeiten und ihre Kleider weg. Der stellvertretende Kommandant hat uns immer aufgefordert, uns die Kleider zu nehmen, die wir brauchten. Jeder nahm sich mit, was er tragen konnte. Ich nahm mir ein Paar Schuhe. Ich wickelte einen Bindfaden darum und trug sie nach Hause. Den Gardisten ging es prima.«
    Und es waren nicht nur die Slowaken, von denen die Juden beraubt wurden, bevor man sie deportierte. »Eines Tages kam ein stämmiger SS-Führer«, sagt Silvia Veselá, »und begann uns anzubrüllen. Wir hatten keine Ahnung, warum er so brüllte. Dann sahen wir große Körbe – drei große Körbe –, in die wir all unser Gold, Silber, Bargeld und alle unsere Wertsachen legen mußten. Man sagte uns, wir würden zur Arbeit geschickt und bräuchten diese Wertsachen nicht. Ich war sehr arm. Ich hatte nur eine Uhr, die meine Tante mir geschenkt hatte, und die habe ich ihnen dann gegeben.«
    In den Zwischenlagern wurden die Juden nicht nur beraubt, sondern gelegentlich auch brutal mißhandelt. »Unsere Gardisten haben sie [die Juden] verprügelt«, sagt Michal Kabáč. »Es gab eine Sondereinheit, deren Aufgabe es war, die Schuldigen zu bestrafen. Sie führten sie in ein besonderes Zimmer und bestraften sie, indem sie sie mit einem Holzstock auf die Fußsohlen schlugen.« Es waren natürlich die Hlinka-Garden selbst, die darüber entschieden, wer zu den »Schuldigen« gehörte und wer nicht.
    Der Aufenthalt im Zwischenlager konnte von mehreren Tagen bis zu einigen Wochen dauern, doch schließlich wurden die slowakischen Juden zu einem nahe gelegenen Bahnhof transportiert, um außer Landes gebracht zu werden. Silvia Veselá erinnert sich noch deutlich an den Weg zum Bahnhof und ihre letzten Stunden in der Slowakei: »Sie spuckten uns an und riefen: ›Ihr Judenhuren, das geschieht euch recht! Jetzt werdet Ihr endlich arbeiten!‹ Sie warfen auch mit Steinen nach uns. Sie nutzten jede Gelegenheit, uns zu demütigen. Es gab auch einige Menschen, die ruhig dastanden und die Demütigungen einfach nur beobachteten. Einige dieser Menschen weinten. Doch die Mehrzahl, die Älteren wie die Jüngeren, demütigte uns. Ich möchte diese Erfahrung niemandem wünschen. Es ist ein entsetzliches Gefühl.«
    Auf dem Weg zum Bahnhof wurden die slowakischen Juden von Hlinka-Garden eskortiert. »Ich hatte den Befehl, die jüdischen Frauen in die Waggons zu schaffen und sie zu beaufsichtigen«, sagt Michal Kabáč. »Ich habe mir gesagt: ›Du wolltest nicht arbeiten, du Judensau!‹« Nach wenigen Monaten erfuhren die Mitglieder der Hlinka-Garden wie Kabáč, daß die slowakischen Juden in den Tod

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