Ausersehen
Ihre Liebe zu ihm.“ Er drückte kurz meine Hand und ließ sie dann los.
„D…danke Ihnen.“ Ohne seine warme Berührung fühlte sich meine Hand plötzlich kühl an.
„Sind Sie bereit, mir zu berichten, wessen Sie Zeuge wurden?“ Besorgnis schwang in seiner tiefen Stimme.
„Ja.“ Ich richtete mich auf. „Mein Traum begann hier. Ich stieg durch die Decke hinauf und besuchte die schöne Stute.“ Alanna und ClanFintan lächelten beide wissend, sodass ich annahm, das Pferd war ebenfalls echt. „Dann flog ich weiter hinauf, genoss den glänzenden Mond und die Nacht.“
„Ja, der Mond ruft einen.“ Er klang wehmütig.
„Ja. Nun …“ Seine Augen waren so warm und freundlich, als er mich anschaute. Meine Güte, jetzt war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, sich von einem hübschen Gesicht verwirren zu lassen. „Nun ja, ich spürte, wie ich vom Meer angezogen wurde. Und da war die Burg auf den Klippen über der Küste.“ Er nickte verstehend. „Beinahe von Anfang an wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Nein, nicht nur nicht stimmte. Ich wusste, dass das Böse anwesend war. Ich konnte es nicht sehen, ich spürte es nur.“ Er nickte wieder und ermunterte mich, weiterzusprechen. „Als ich versuchte, die Quelle meiner Vorahnung zu finden, schaute ich hinüber zum Wald. Und das war auch die Richtung, aus der sie gekommen sind.“ Ich schüttelte mich. Alanna, die neben mir stand, legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Sie waren fürchterlich. Auf den ersten Blick dachte ich, der Wald lebt und sei irgendeine Kreatur aus einem Albtraum, aber dann sah ich, dass es nicht der Wald war, sondern schreckliche Gestalten, die in seinem Schutz vorwärtsschlichen. Dann sah ich sie. Sie hatten Flügel, aber sie sahen menschlich aus.“
„Fomorianer“, stieß ClanFintan ungläubig aus.
Bevor ich ihn fragen konnte, verstärkte Alanna warnend den Druck auf meine Schulter. Ich schaute sie an und sah, dass sie ClanFintans Bezeichnung der Gräuel zustimmte.
„Als ich verstand, was passierte, habe ich meinem Vater eine Warnung zugerufen. Er hat mich gehört, aber es war zu spät. Sie haben die Burg überrannt. Sie haben alle Wachen getötet und alle Bewohner.“ Ich bedeckte mein Gesicht mit den Händen. „Ich habe zugesehen, wie sie meinen Vater umbrachten.“
„Lady Rhiannon.“ ClanFintans Stimme brachte mich in die Gegenwart zurück. „Konnten Sie erkennen, wie viele es waren?“
„Viele. Sie waren wie ein ausgehungerter Insektenschwarm. Sie haben sich alles einverleibt, was sie finden konnten.“
„Es tut mir leid, dass ich das fragen muss, Lady Rhiannon, aber ich muss Sie bitten, sie mir zu beschreiben – so detailliert wie möglich.“
Seine gütigen Augen schauten mich um Entschuldigung bittend an.
Ich räusperte mich und nahm noch einen Schluck Tee, bevor ich begann. „Sie schienen größer als die Männer auf der Burg.“ Ich hielt inne und versuchte, die Bilder von geflügelten Dämonen zu vertreiben, die sich auf die mutigen Wachen stürzten. „Sie haben unglaublich große Flügel, die ihnen aus dem Rücken wachsen. Sie sind damit nicht geflogen, aber die Schwingen haben ihnen geholfen, sich in einer Art gleitendem Lauf vorwärtszubewegen. Sie waren unglaublich schnell, schneller, als ein Mensch sein kann. Ihre Arme und Beine schienen mir sehr lang zu sein, ihre Haut ist milchig weiß, ihre Haare lang und überwiegend sehr hell.“ Ich hielt erneut inne und erinnerte mich. „Das Schlimmste an ihnen war, dass sie aussahen wie Menschen. Ohne Flügel und in normaler Kleidung könnten sie als menschliche Männer durchgehen.“ Ich zitterte.
„Haben Sie Waffen benutzt?“, wollte ClanFintan wissen.
„Nur Zähne und Klauen.“ Ich zwang mich, hinzuzufügen: „Sie haben innegehalten, um die Wachen zu essen, bevor sie die Burg komplett eingenommen haben – obwohl die Männer nicht mal richtig tot waren.“ Meine flache, leer klingende Stimme konnte nicht mal ansatzweise den Horror wiedergeben, den ich beim Anblick der Grausamkeiten gefühlt hatte.
„Ich habe es bis jetzt nicht geglaubt.“ ClanFintan ging vor dem Bett auf und ab und strich dabei durch sein dickes, offenes Haar. „Ich dachte, die Geschichten aus unserer Vergangenheit über die Fomorianer wären Mythen, Märchen, um unsere Kinder zu verängstigen und sie dazu zu veranlassen, sich gut zu benehmen.“
„Ich verstehe das nicht.“ Sehr wahrscheinlich war es etwas, das ich bereits wissen sollte, oder besser
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