Ausersehen
„Lasst uns hoffen, dass die Fomorianer eine Pause machen, um ihren Sieg zu feiern, und nicht sofort wieder angreifen. Das sollte uns Zeit geben, Verstärkung von der Herde zu holen, die Dörfler zu sammeln und Partholon zu warnen.“
„Warten Sie …“
„Vergeben Sie mir, Lady Rhiannon. Ich wollte nicht Ihre Aufgaben an mich reißen. Als Ihr Partner möchte ich Ihnen jedoch beistehen in den Vorbereitungen auf das, wovor Epona Sie gewarnt hat.“
Seine Stimme klang ernst, aber er war ein Mann, und damit war ihm das Wesentliche natürlich entgangen.
„Was ist mit meinem Dad?“
„Es tut mir leid, Lady Rhiannon, aber er ist tot.“
Wieder war seine Stimme gütig, seine ernsthafte Sorge offensichtlich, aber er verstand es immer noch nicht.
„Ich erinnere mich an das, was ich gesehen habe.“ Meine Stimme fühlte sich angestrengt an, und ich trank schnell einen Schluck Tee. „Aber ich habe nicht wirklich gesehen, dass er gestorben ist.“ ClanFintan und Alanna tauschten besorgte Blicke. „Was, wenn er noch am Leben ist? Leidet …“ Ich trank noch einen Schluck. Ich wollte nicht schon wieder weinen.
„Rhiannon“, sagte er mit beruhigend klingender Stimme. „Sie müssen einsehen, dass er nicht hat überleben können.“
„Ich … ich verstehe das. Ich weiß, dass er tot sein muss, aber ich kann ihn und seine Männer nicht einfach da draußen liegen lassen.“ Ich schaute ihm in die Augen und flehte ihn mit meinem Blick an. „Sie haben nicht gesehen, wie tapfer sie waren.“
„Natürlich, Lady Rhiannon. Sie waren mannhafte Krieger.“
Er klang verwirrt. Gott, er war so ein … Mann.
„Ja, und ich muss sie begraben.“ Es war ganz einfach. Mein Dad und seine Männer würden nicht zu Krähenfutter werden.
Alanna drückte meine Schulter. „Mylady, Sie können nicht zur MacCallan-Burg gehen.“
„Natürlich kann ich das. Er hat gerade gesagt, dass sie nur einen Zweitagesritt entfernt ist, und …“, hier brach ich ab. Sie wusste, dass ich nur im Geist dort gewesen war. „Na ja, ich bin doch schon mal da gewesen.“ Ich klang wie ein totaler Idiot.
Alanna und ClanFintan tauschten erneut besorgte Blicke.
„Lady Rhiannon, Sie können sich nicht in solche Gefahr begeben.“ ClanFintan hob eine Hand, um meinen Protest zu unterdrücken. „Das Volk braucht Ihre Führung. Sie sind die Auserwählte der Epona. Gerade jetzt darf Ihnen kein Leid geschehen. In einer Zeit, wo das Böse auf die Welt losgelassen wurde, werden die Menschen auf der Suche nach Stabilität und Sicherheit zu Epona schauen.“
„Und die Krieger, Mylady, Menschen ebenso wie Zentauren, werden auf Sie blicken“, unterbrach Alanna besorgt ClanFintan. „Sie sind auch die Göttliche Inkarnation der Krieger. Es wird ein harter Schlag für sie sein, wenn sie erfahren, dass MacCallan tot ist. Wenn dann noch die Auserwählte der Epona in Gefahr schwebt, wird das den Kampfgeist der Krieger ernsthaft schädigen.“
Wundervoll. Ich hatte die Verantwortung für den Korpsgeist, und ich war noch nicht mal Marilyn Monroe. Irgendwie schien mir das nicht gerecht zu sein.
„Stellen Sie sich nur mal vor, was es für Ihr Volk bedeuten würde, wenn Sie verletzt oder gefangen genommen würden.“ ClanFintan nahm meine Hand.
Seine Finger waren warm, der Griff fest.
Er war aber auch ein großer Mann/ein großes Pferd. Auf dem Footballfeld wäre er sicher unschlagbar.
Dad würde ihn mögen. Bei dem Gedanken musste ich beinahe lächeln.
„Hören Sie auf ihn, Mylady. Was, wenn die Fomorianer immer noch auf der Burg sind? Ihr Vater würde nicht wollen, dass Sie sich in Gefahr begeben, nicht einmal für ihn.“
„Aber ich kann ihn nicht einfach da draußen lassen.“ Ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, als die Frustration in mir hochkochte.
„Lady Rhiannon …“
ClanFintans tiefe Stimme drang durch meine sich überschlagenden Gedanken.
„Fragen Sie sich, was MacCallan getan hätte.“
Ich schloss die Augen. Natürlich würde Dad nicht wollen, dass ich verletzt werde. Wenn es nur so einfach wäre.
Mein Kopf konnte mir noch so oft sagen, dass der Mann, den ich hatte sterben sehen, nicht mein Vater war. Er war nicht Richard Parker, Biologielehrer an der Highschool von Broken Arrow, Oklahoma, Football-Coach, Pferdetrainer, Amateurmaler, ausgezeichneter Koch und ziemlich guter Handwerker.
Er war nicht nur mein Vater. Er war mir der liebste Mensch auf der Welt. Ja, meiner Welt. Rational wusste ich, dass meine alte Welt
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