Ausersehen
während meine Seele oder Essenz oder was auch immer über dem allem schwebte?“
„Ja, Mylady“, sagte sie traurig.
„Also …“, ich atmete ein paarmal tief durch, „… ist er tot?“
„Es tut mir sehr leid, Mylady.“
Die Teetasse schlug gegen das zarte Porzellan, als meine zitternde Hand sie auf die Untertasse stellte.
Ein plötzlicher Gedanke ließ mich den Atem anhalten.
„Meine Mutter. Was ist mit meiner Mutter?“ Ich spürte, wie meine Brust eng wurde. Bitte, nicht sie auch. „Ich habe sie nicht gesehen, aber wäre sie nicht bei ihm?“
„Mylady, Ihre Mutter ist kurz nach Ihrer Geburt gestorben.“ Ihre Stimme war sanft, und sie stellte die Teetasse auf den Unterteller und ergriff meine Hand.
„Oh …“ Gedankenverloren schaute ich vor mich hin. „Oh, das ist gut.“
Alanna sah mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Mylady?“
„Nein, ich meine nicht, dass ich froh bin über ihren Tod.“ Alanna sah erleichtert aus. „Ich bin nur froh, dass sie nicht von diesen Kreaturen getötet wurde. In meiner Welt hat sie sich von meinem Vater scheiden lassen, als ich noch ein Kind war.“ Nun wirkte Alanna schockiert. „Das war gut so, wirklich. Sie haben beide wieder geheiratet und sind sehr glücklich geworden.“
„Wenn Sie es sagen, Mylady.“ Sie klang nicht überzeugt.
„Gibt es hier keine Scheidungen?“ Oh, bitte.
„Doch, aber es wird als ehrenrührig angesehen.“
„Wie auch immer eure Sitten sind, ich bin froh, dass meine Mutter nicht das durchmachen musste, was ich heute Nacht mit angesehen habe.“ Irgendwie war es einfacher, zu denken, dass sie vor fünfunddreißig Jahren gestorben war, als sich vorzustellen, sie wäre heute Nacht umgebracht worden. Wie Dad. Ich atmete tief ein.
Immer noch etwas zittrig stellte ich Alanna die Frage, die mir sehr viel bedeutete: „Standen Rhiannon und ihr Vater sich nahe?“
„Ich glaube, er war der einzige Mensch, den sie jemals wirklich aufrichtig lieben konnte. Er hat nie wieder geheiratet und sie allein aufgezogen, anstatt sie fortzuschicken, wie viele Stammesführer es getan hätten.“ Sie lächelte mich traurig an. „MacCallan war so stolz auf sie. Er betete sie an. Ich glaube, er sah eine Seite an ihr, die sie niemand anderem zeigte. In seiner Gegenwart legte Rhiannon stets ihr bestes Verhalten an den Tag.“
Meine Kehle fühlte sich heiß und eng an. „Dann haben wir doch eine Gemeinsamkeit – die Liebe, die wir für unseren jeweiligen Vater empfinden.“
„Sie müssen ClanFintan erklären, was heute Nacht passiert ist. Er kann Ihnen helfen. Vertrauen Sie ihm, Mylady. Er könnte ein mächtiger Verbündeter sein.“ Sie nahm meine Hände und sprach mit ernster Miene weiter. „Außer für MacCallan hat Rhiannon sich nur für Dinge interessiert, die ihr Vergnügen bereitet haben, oder für Menschen, die sie manipulieren und zu ihrem Vorteil einsetzen konnte.“ Ihre braunen Augen suchten meinen Blick. „Sie sehen aus wie sie. Sie haben ihr Feuer, ihren Humor und ihre Leidenschaft, aber weil Sie aus einer anderen Welt kommen und weil Sie in Ihrem Leben dort andere Entscheidungen getroffen haben, sind Sie eine ganz andere Frau geworden. Ich glaube nicht, dass Sie so sind wie Rhiannon. Sie haben ein mitfühlendes Herz. Bitte, Mylady, seien Sie auch weiser. Erinnern Sie sich daran, dass Ihr Vater die Verbindung mit ihm gebilligt hat. ClanFintan ist stark und klug, er wird wissen, wie dieses horrende Unrecht wiedergutgemacht werden kann.“
„Schick nach ihm.“ Ich drückte ihre Hände kurz und aufmunternd. Sie lächelte mich an und berührte mich sanft an der Wange, bevor sie in die Hände klatschte und der daraufhin erscheinenden Nymphe mitteilte, dass Mylady ClanFintan zu sehen wünsche.
Mit einem Mal wurde mir bewusst, wie zerzaust ich aussehen musste. Schnell versuchte ich, mir das Haar mit den Fingern in eine einigermaßen ansehnliche Frisur zu zupfen. Alannas geschickte Hände geboten mir Einhalt. Sie nahm eine Bürste von meinem Nachttisch und flocht mir schnell einen eleganten französischen Zopf.
„Danke, Freundin.“
Ihr warmes Lächeln war mir Antwort genug.
ClanFintan betrat den Raum und schloss die Tür leise hinter sich. Ohne zu zögern, kam er auf meine Bettseite und streckte den Arm aus, um meine Hand zu ergreifen.
„Ich möchte Ihnen mein zutiefst empfundenes Mitgefühl aussprechen. MacCallan war ein großer Stammesführer und Freund.“ Sein Griff war warm und fest. „Alle in Partholon wissen um
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