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Ausersehen

Ausersehen

Titel: Ausersehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. C. Cast
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(die Tochter des Vermieters) einen „dunkelroten Liebesknoten in ihre langen schwarzen Haare“ flocht. Als ich zu der Stelle kam, an der der Highwaymann die Wellen ihres Haares küsste und ihr schwor, im Mondenschein zu ihr zurückzukommen, „und wenn die Hölle mir den Weg versperrt“, hatte ich unbemerkt wieder ClanFintans Nähe gesucht.
    Dann richtete ich mich noch einmal auf und hob das Kinn – und wurde zu Bess, als die Rotmäntel sie knebelten und an ihr Bett fesselten, um ihrem Geliebten eine Falle zu stellen. Ich ließ meine Augen sich mit Tränen füllen, als Bess sich tapfer ein Schwert durch die Brust stieß und eine Warnung rief (mein Ersatz für den Musketenschuss – aber ich denke, es würde Noyes nichts ausmachen, er war ja schon tot), damit ihr Highwaymann nicht gefangen genommen wurde.
    Die Augen der Zentauren weiteten sich, als der Highwaymann herausfand, dass seine Liebste bei dem Versuch, ihn zu warnen, umgekommen war.
    „Zurück ritt er wie ein Verrückter
    und schrie seinen Fluch in den Himmel,
    mit der gleißenden Straße
    rauchend hinter ihm und seinem Degen
    hoch erhoben!
    Blutrot waren die Sporen im goldenen Mittagslicht;
    Weinrot war sein samtener Mantel,
    Als sie ihn auf der Straße niedermähten wie einen Hund,
    Und er lag in seinem Blut auf der Straße,
    Die Schnüre an seiner Kehle.“
    Die letzte Strophe rezitierte ich aus dem Schatten zwischen den beiden Feuern und malte das Muster der Worte mit den Händen nach, wie ein Zauberer, der in der schemengefüllten Nachtluft eine Illusion vorführt.
    „Manchmal in einer Winternacht, sagt man,
    wenn der Wind in den Bäumen rauscht,
    Und der Mond aussieht wie eine geisterhafte Galeone,
    die auf die wolkige See geschleudert worden ist,
    Wenn der Mond ein Band aus Mondlicht
    über der purpurfarbenen Heide ist,
    Kommt der Highwaymann geritten –
    Geritten – geritten –
    Ein Highwaymann kommt an die Tür
    der alten Schenke geritten.“
    Ich beendete meinen Vortrag, indem ich meine Hände vor der Brust verschränkte und über meine Schulter in die Ferne schaute – als wäre ich sicher, dass der Geist des verdammten Highwaymannes auf uns zugeritten käme. Die Jungs schwiegen eine Sekunde, dann brachen sie (Gott sei Dank) in stürmischen Applaus aus und fingen sofort an, sich über die bösen Rotmäntel zu unterhalten und sich zu fragen, wo sie selber wohl eine Bess finden würden.
    Inmitten der Gratulationen von den Jungs ging ich zurück zu ClanFintan und setzte mich wieder auf meinen Baumstamm.
    „Mir hat deine Geschichte gefallen.“
    Er reichte mir den Weinschlauch, und ich nahm dankbar einen Schluck.
    „Danke. Sie ist eine meiner liebsten.“
    „Ich habe sie noch nie zuvor gehört.“
    Seine Stimme klang anders – eher nachdenklich als neugierig.
    „Das überrascht mich nicht. Ich habe sie mir ausgedacht.“ Hinter dem Rücken hielt ich die Finger gekreuzt. Ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken und schickte eine stille Entschuldigung an den toten Mr. Noyes.
    „Wer sind die Rotmäntel?“
    „Die schlimmen Jungs. Es ist eine Metapher für das Böse.“ Er sah nicht überzeugt aus, also musste ich den Lehrermodus anwerfen. „Rot steht für Blut. Blut hat einen negativen Beiklang. Daher wäre ein roter Mantel eine metaphorische Anspielung auf einen bösen Menschen oder ein böses Volk. Wie die an einem roten Himmel aufgehende Sonne ein Omen für eine drohende Gefahr ist.“
    „Und König Georg ist wer?“
    „Habe ich mir auch ausgedacht.“ Meine Finger verschränkten sich schon automatisch.
    „Und ein Highwaymann ist ein …“
    Er hielt inne und wartete darauf, dass ich die richtige Antwort einfügte.
    „… ein Dieb, der eine Straße benutzt, die sich wie ein Band die Berge hinaufzieht. Daher das ‚high‘ in dem Wort.“ Ich versuchte, ihm in die Augen zu schauen, aber ich war nicht sonderlich erfolgreich darin, meine Flunkereien zu verkaufen. Ich bin wirklich keine gute Lügnerin. Ich kann gut übertreiben, aber lügen? Nein.
    „Hmpf.“
    Ich übersetzte das mit zentaurisch für „Du spinnst doch“, tat aber so, als würde ich diese Sprache nicht verstehen.
    „Meine Güte, das war aber auch ein langer Tag.“ Großes Gähnen und Strecken meinerseits. „Ich denke, ich lege mich besser hin.“
    Einen Moment reagierte er nicht, sondern sah mich nur seltsam an. Er kam mir vor wie jemand, der versucht, die Teile eines Puzzles zusammenzufügen, und ich erinnerte mich daran, wie hartnäckig Alanna darauf

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