Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)
portablen Kosmetiktäschchen. Man wusste ja nie, wer einem so über den Weg laufen konnte. Aber nie hätte ich gedacht, dass ich es tatsächlich einmal brauchen würde. Während ich Daron zurückküsste, begann ich sein Hemd zu öffnen, als er meine Hände ergriff und sie behutsam, aber bestimmt festhielt.
„Willst du das auch wirklich tun?“, fragte er mich. Erneut zeigte sich die Sorgenfalte auf seiner Stirn. Ich war verblüfft.
„Du etwa nicht?“
Er lachte tief aus voller Kehle und schickte mir dadurch kleine Schauer über meinen Rücken.
„Und ob ich will, Aline. Ich will es, will dich mehr, als du dir vorstellen kannst. Ich möchte nur nicht, dass du dich zu etwas hinreißen lässt, was du unter normalen Umständen nicht tun würdest. Auch wenn es mir verdammt schwer fallen würde, aber ich würde warten, bis du so weit bist.“
Tief in meinem Inneren spürte ich die Aufrichtigkeit seiner Worte, und das war für mich umso mehr ein Grund, meine Absicht in die Tat umzusetzen. Ich löste meine Hände aus seinem sanften Griff und streichelte sein Gesicht, seine Haare und seine Brust.
„Daron, du bist für mich ein ganz großes Fragezeichen. Du bist so ganz anders als alle Männer, die ich bisher kennengelernt habe. Ich weiß fast nichts über dich und auch, wenn ich wirklich unglaublich neugierig bin und so viel wie möglich über dich erfahren will, so spüre ich, dass du nichts tun würdest, was mir schadet. Egal, was du gerade vor mir verbirgst oder wovor du mich schützen willst – ich kann mir nicht vorstellen, dass es so furchtbar wäre, dass ich mich deshalb von dir abwenden würde.“
Zärtlich nahm Daron meine Hände und hauchte kleine Küsse auf meine Handflächen.
„Aline, so einfach ist das nicht.“ Und bei diesen Worten legte sich erneut dieser mir schon bekannte Schatten über seine Augen, ein Schatten von Schwermut und Trauer, der ihn beinahe zu erdrücken schien.
„Du hast viele Fragen und du hast ein Recht auf Antworten. Viele davon werden dir nicht gefallen, und ich befürchte, das ist noch zu milde formuliert. Ich möchte nicht, dass du aus einer Laune heraus etwas tust, was du im Nachhinein bereuen könntest. Du hast keine Ahnung, wer ich bin oder was ich mache. Ich fürchte, wenn du es irgendwann erfährst, dann wirst du mich … verabscheuen.“
Weiter konnte Daron nicht sprechen, denn ich legte ihm einen Finger auf den Mund.
„Auch wenn sich das jetzt furchtbar kitschig anhört – es ist mir nicht wichtig. Ich weiß, dass du ein guter Mensch bist. Ein Mensch mit jeder Menge Geheimnisse. Und wer hat die nicht? Es ist mir egal, ob du bei der Müllabfuhr arbeitest oder in einem luxuriösen Penthouse wohnst, was zufälligerweise auch noch deiner Familie gehört. Wobei ich das als Zuschlag natürlich gerne akzeptiere, bevor ich mich schlagen lasse“, grinste ich ihn an und schaffte es tatsächlich, ihm ein Lächeln zu entlocken. „Ich lege keinen Wert auf viel Prestige oder dicke Autos. Davon wusste ich schließlich rein gar nichts, als ich dich vor knapp drei Tagen im Park unter meinem Lieblingsbaum stehen sah. Ich sah dich, und mir war klar: Egal, wer dieser Kerl ist, er ist unheimlich interessant. Nur das zählt jetzt für mich Daron, nichts anderes. Und ganz egal, wie viele komische Träume ich deinetwegen noch haben werde – das ist für mich kein Grund, dich nicht weiter kennenlernen zu wollen …“ Eigentlich hatte ich noch mehr anführen wollen, doch Daron unterbrach mich abrupt.
„Erzähl mir von dem Traum.“
Dabei warf er mir einen Blick zu, der mir eine Gänsehaut verpasste. Neben Vorsicht und Neugier erkannte ich noch etwas anderes darin, dass ich bisher noch nicht gesehen hatte – Ruhe. Tödliche Ruhe. Wie der Blick einer Raubkatze, die sich gerade ihr Opfer fürs Mittagessen ausgesucht hatte. Ich geriet ins Stocken. Hatte ich vielleicht doch zu vorschnell geurteilt, als ich behauptete, dass nichts meine frisch auflodernden Gefühle für Daron würde trüben können? In diesem Moment spürte ich wieder diesen eiskalten Luftzug, der mir durch die Lungen schnitt, als wollte er mir den Atem rauben. Ich keuchte, schüttelte mich kurz und sah Daron erneut in die Augen. Seine Raubkatze war noch immer da und schlich hinter seinen Pupillen umher wie ein im Käfig gefangener Tiger. Ich rieb mir die Arme und wusste, die Gänsehaut rührte nicht nur von der plötzlichen Kälte im Zimmer her. Langsam, aber sicher bekam ich ein klein wenig Angst. Auch wenn ich
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