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Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition)

Titel: Auserwählt – Die Linie der Ewigen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Byron
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absehbarer Zeit abgelöst zu werden. Andere dagegen sind so fasziniert von dem, was sie tun, dass sie unter allen Umständen ihre Abdankung verhindern wollen und somit auch die Geburt der neuen Generation. Sie würden mit allen Mitteln versuchen, dem Jüngsten seine Braut abspenstig zu machen. Also mit dir zu schlafen, Aline, und dich somit für Daron gemäß unserer Statuten unwürdig zu machen.“
    Das war mir dann doch zu viel, und ich spürte, wie sich mir der Whisky nach oben drückte. Mael hatte Daron und mich bereits auseinanderbringen wollen, bevor unsere Beziehung überhaupt richtig begonnen hatte, weil er seinen Platz nicht räumen wollte.
    Dafür war ihm offenbar jedes Mittel recht.
    Jedes.
    „Aber … wieso ausgerechnet ich?“, presste ich noch mühsam hervor, als ich merkte, dass sich mir der Magen umdrehte. Ich sprang vom Stuhl, rannte zum Waschbecken und übergab mich in die silberne Spüle. Ich erbrach meinen kompletten Mageninhalt und die Galle noch dazu und würgte so sehr, dass ich keine Luft mehr bekam und mir Tränen der Anstrengung über die Wangen liefen. In dem Moment ließ ich los.
    Ich weinte so stark und befreite mich dadurch von all dem, was zwar meine Augen gesehen und meine Ohren vernommen hatten, mein Hirn aber doch nicht hatte verarbeiten können, so wie ich es mir hatte weismachen wollen. Da war er, der geplatzte Knoten, auf den ich schon so lange gewartet hatte.
    Irgendwann hing ich nur noch weinend über dem Waschbecken, als jemand den Wasserhahn anstellte und sanfte Hände mich von der Spüle wegzogen. Während Daron mich in seine Arme nahm und beruhigend auf mich einredete, wischte Alan mir voller Geduld wie einem kleinen Kind den Mund ab und reichte mir ein Glas Wasser. Meine Knie gaben nach, sodass ich Richtung Boden sank und Daron mit mir zog. Meine Hände zitterten zu sehr, als dass ich auch nur annähernd fähig gewesen wäre, das Glas zu halten. Alan musste es mir an den Mund heben, damit ich trinken konnte.
    „Ist schon gut, Aline, ich bin da und passe auf dich auf“, hörte ich Daron sanft in mein Ohr flüstern. „Ich werde nicht zulassen, dass dir jemals irgendwer was tut. Das war alles doch zu viel für einen einzigen Abend. Lass es einfach raus.“
    Das tat ich dann auch.
    Ich weinte und schrie.
    Ich weinte und schrie so sehr, dass ich dachte, meine Brust müsste mir zerspringen. Und die ganze Zeit über hielt mich Daron in seinen starken Armen und wiegte mich wie ein kleines Kind sanft hin und her, während Alan einfach nur neben uns kniete und beruhigend über meinen Kopf streichelte.
    Ich weinte, bis ich irgendwann keine Kraft mehr hatte, mich zu bewegen, und kraftlos in Darons Armen lag. Dann hob er mich hoch und trug mich in sein Schlafzimmer. Ich bekam noch mit, wie er mich wimmerndes Häuflein Elend sanft mit einer weichen Satinbettdecke zudeckte, sich von Alan verabschiedete und sich anschließend neben mich legte. Seine starken Arme drückten mich beschützend an ihn, und die bloße Nähe seines warmen Körpers beruhigte mich so sehr, dass ich innerhalb weniger Sekunden einschlief.

21
    Neben dem Haus, in dem meine Eltern wohnten, gab es einen Spielplatz. Als kleines Kind war mein Vater so oft wie möglich mit mir dorthin gegangen und hatte sich mit mir auf die Wippe gesetzt. Eine kleine Wippe aus Holz, deren rote Lackierung über die Jahre allmählich Stück für Stück abblätterte. Selbst bei Regen oder Schnee hatten wir uns dick eingepackt und uns auf unsere Vater-Tochter-Stunden auf dem Spielplatz gefreut, während uns meine Mutter nur lächelnd in der Haustür nachwinkte und anschließend in der Küche Vanillepudding für unsere Rückkehr kochte. Das waren als Kind für mich die schönsten Momente mit meinem Vater.
    Ich saß auf meiner Wippe. Alleine. Der ganze Spielplatz wirkte verwaist, nur eine Schaukel schwang leise im Wind. Suchend blickte ich mich um, doch nirgends eine Spur von anderen Kindern. Als ich mich wieder umdrehte, stand plötzlich mein Vater am Rand des Spielplatzes, dort, wo Rasen und Sandkasten aufeinander trafen. Sein Gesicht und seine Kleidung glänzten vom Rot des Blutes, das sich unaufhörlich aus seinen Poren zu pressen schien. Eiskalte Angst schnürte mir meine Lungen zusammen. Ich wollte aufstehen und zu ihm laufen, doch meine Beine widersetzten sich meinem Befehl. Ich streckte meine kleine Hand nach ihm aus und schrie, er solle zu mir kommen, doch er stand nur reglos im Gras und lächelte mich an. Keinen Millimeter bewegte

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